Gäste mit dem »gleichen Ziel«?
Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:
Zum OGBL-Kongress, der gegenwärtig in der Luxexpo stattfindet, wurden keine Regierungsvertreter eingeladen. Die Gewerkschaft begründete diese Entscheidung damit, dass die CSV/DP-Koalition gegenwärtig einen Frontalangriff auf soziale und arbeitsrechtliche Errungenschaften und die Rechte der Gewerkschaften führt.
Dazu zählt, dass CSV und DP das Kollektivvertragsgesetz in seiner Reichweite eingrenzen wollen, etwa, indem die Frage der Arbeitszeiten daraus entfernt wird. Sie wollen das Alleinvertretungsrecht der Gewerkschaften bei der Verhandlung und der Unterzeichnung von Kollektivverträgen abschaffen, eine vollständige Liberalisierung der Öffnungszeiten im Einzelhandel und in der Lebensmittelproduktion erzwingen, und Verschlechterungen im öffentlichen Rentensystem durchboxen.
Es handelt sich hierbei um Maßnahmen, die direkt aus dem Forderungskatalog der Dachorganisation des Patronats stammen könnten, was wohl auch der Fall sein dürfte, denn sie dienen allein den Interessen der Unternehmer zu Lasten der Lohnabhängigen und Rentner.
Als Reaktion darauf kam es zur Bildung einer Gewerkschaftsfront von OGBL und LCGB, die für den 28. Juni eine nationale Manifestation gegen die Regierungspolitik der sozialen und arbeitsrechtlichen Verschlechterungen angekündigt hat.
Es sollte nicht extra darauf hingewiesen werden müssen, dass der OGBL, wie alle anderen Organisationen, das Recht hat zu entscheiden, welche Gäste zu seinem Kongress eingeladen werden und wer Redezeit erhält. Das hat die Gewerkschaft getan, indem sie den Fraktionspräsidenten von CSV und LSAP und dem früheren EU-Kommissar Nicolas Schmit von der LSAP, der ungestört mit Lügen operieren und gegen den »russischen Faschismus« wettern durfte, das Wort erteilte.
Manche Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen mit Langzeitgedächtnis dürften sich gewundert haben, da Marc Spautz (CSV) und Taina Bofferding (LSAP) Parteien angehören, die innerhalb von 20 Jahren gleich mehrmals den Index manipulierten. Das war auch im Juni 2022 der Fall, als der OGBL heftig gegen die Indexmanipulation kämpfte, während die LSAP-Ministerin Bofferding und der CSV-Fraktionspräsident Spautz der Indexmanipulation ausdrücklich zustimmten. Sind das die Politiker, denen gewerkschaftlich organisierte Lohnabhängige trauen sollten? Ist das die »Sozialpartnerschaft«, welche die Gewerkschaftsbewegung voranbringen soll?
Die vorangegangene DP/LSAP/Gréng-Koalition manipulierte bekanntlich nicht nur den Index, sondern weigerte sich auch hartnäckig, eine ganze Reihe von Gesetzen im Interesse der Schaffenden zu verbessern, wie das der OGBL gefordert hatte, darunter zu den Kollektivverträgen, Sozialplänen und Plänen zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung.
Mit der LSAP ist es ohnehin so, dass sie immer dann, wen sie in der Opposition ist, vorgibt, sich für die Forderungen der Gewerkschaft stark zu machen, während sie die gleichen Forderungen ganz schnell wieder vergisst, wenn sie wieder in der Regierung ist.
Kann man angesichts dieses eindeutigen Tatbestands behaupten, die LSAP und der OGBL hätten eigentlich »das gleiche Ziel«, wie das die Fraktionsvorsitzende der LSAP auf dem OGBL-Kongress tat?
»So fragst du. Erwarte keine andere Antwort als die deine!« (»An den Schwankenden«, Bert Brecht)
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek