31. März 2025
KomInternÖsterreich

In memoriam Ernst Kirchweger: zum 60. Todestag

Übernommen von KOMintern:

Ernst Kirchweger war das erste Opfer neonazistischer Gewalt der Zweiten Republik. Anlässlich seines 60. Todestags erinnern wir an den unermüdlichen antifaschistischen Kämpfer, Gewerkschafter und Kommunisten.

Fr., 4. April

18:00 KRANZNIEDERLEGUNG

im Ernst-Kirchweger Hof, Sonnwendgasse 24

18:30 GEDENKEN

mit Vortrag & Musik, EKH, Wielandgasse 2-4

Ernst Kirchweger wurde am 12. Jänner 1898 als Kind einer Arbeiterfamilie in Wien geboren. Sein Vater war Gewerkschaftsfunktionär, Kirchweger selbst war Mitglied der Kinderfreunde, ab 1916 der SDAP.

Während des ersten Weltkrieges musste er als Soldat der Kriegsmarine beitreten, wo er den Matrosenaufstand von Cattaro miterlebte. Die Besatzungen der österreichisch-ungarischen Kriegsflotten hissten rote Fahnen und installierten Matrosenräte, um für Frieden und Demokratie zu revoltieren. Nach drei Tagen wurde der Aufstand niedergeschlagen, vier der Anführer wurden hingerichtet.

Nach italienischer Kriegsgefangenschaft kehrte er 1918 nach Wien zurück und wurde in der SDAP aktiv. Als im März 1919 in Budapest die Räterepublik ausgerufen wurde, ging Kirchweger unter der Führung Leo Rothziegels nach Ungarn und unterstütze die Revolution. Nach ihrem Scheitern kam er retour und stand in diesen Jahren durch seine beruflichen Tätigkeiten, aber auch aufgrund seiner politischen sowie genossenschaftlichen Funktion der Sozialdemokratie nahe.

Bis zum Verbot dieser im Zuge des Austrofaschismus ab 1934, war er Vertrauensmann und redaktioneller Mitarbeiter des Freien Gewerkschaftsverbandes der Handels- und Transportarbeiter, er gehörte dem Republikanischen Schutzbund an.

Von der Niederlage der österreichische Arbeiter:innenbewegung im Februar 1934 niedergeschlagen und enttäuscht von der sozialdemokratischen Parteiführung, trat Kirchweger der KPÖ bei. Bis zu seiner Ermordung 1965 blieb er dort Mitglied und Funktionär.

Während des Austrofaschismus war Ernst Kirchweger in der illegalen Gewerkschaftsbewegung aktiv und organisierte die Fachgruppe Straßenbahner. Außerdem fällt in diese Zeit seine redaktionelle Tätigkeit bei der illegalen Gewerkschaftszeitung der Gemeindebediensteten „Der freie Gemeindearbeiter“, sowie beim „Zeitrad“, dem Zentralorgan der freigewerkschaftlichen Handels-, Transport- und Verkehrsarbeit.

Ende November 1936 nahm er mit den führenden kommunistischen Funktionären Oscar Deubler und dem später von den Nazis hingerichteten Franz Mager in Prag am Einigungskongress der österreichischen Gewerkschaftsbewegung teil, wo die Bildung der Freien Gewerkschaften unter Leitung des sozialdemokratischen „Siebenerausschuss“ und der kommunistisch dominierten „Wiederaufbaukommission“ stattfand.

Unter dem Nationalsozialismus war Kirchweger in dem von seinem Schwager geleiteten Compass-Verlag tätig. Kirchweger stand in diesen Jahren unter Beobachtung der Gestapo und wurde als „politisch nicht einwandfrei“ eingestuft. Es gelang es ihm allerdings die kurz vor der Befreiung angeordnete Aktenvernichtung des Unternehmens bis zum Eintreffen der Roten Armee in Wien hinauszögern.

Kirchweger leistete während der nationalsozialistischen Diktatur Widerstand. In seiner Wohnung fanden konspirative Sitzungen statt, wo ausländischer Rundfunk abgehört und Hilfe für die Opfer des Faschismus, sowie deren Angehörige, organisiert wurde.

Nach der Befreiung wurde Kirchweger als verlässlicher Antifaschist und Kommunist wurde vom Kommunisten und Favoritner Bezirksvorsteher Klemens Friemel mit Verwaltungsaufgaben betraut und kümmerte sich in den ersten Monaten g um die Versorgung des Bezirks mit Lebensmitteln und die Organisation von Aufräumungsarbeiten.

Von August 1945 bis 1947 wurde er als öffentlicher Verwalter des Compass-Verlags bestellt, um in dieser Funktion den Betrieb, dessen Unternehmer Hanel NSDAP Mitglied war zu kontrollieren. Hanel war bereits seit 1937 NSDAP Mitglied, wurde angeklagt vorm Volksgericht, übernahm aber ab 1947 wieder die Geschäfte des Verlags. Kirchweger blieb bis zu seiner Pensionierung 1963 leitender Angestellter beim Verlag.

Ab den 1950er Jahren zeichnet Kirchweger sein ausgeprägtes kultur-politisches Engagement aus. So auch bei der Unterstützung des von Kommunist:innen gegründete Neue Theater in der Scala, wo er eine Publikumsorganisation ins Leben rief, die Theaterbesuche billig und für die breite Masse zugänglich zu machen wollte. Kirchweger war bis zur Schließung des Theater 1956 Vorstandsmitglied und zweiter Vizepräsident.

1965 wurden Stimmen gegen den nationalsozialistischen Universitätsprofessor Taras Borodajkewycz laut. Studierende organisierten Proteste, um auf dessen antisemitischen Vorlesungen aufmerksam zu machen und ihn von seiner Position zu entheben.

Kirchweger beteiligte sich als 63-jähriger an der Demonstration der Österreichischen Widerstandsbewegung. Im Zuge der Demonstrationen organisierten rechtsextreme Burschenschafter und Mitglieder des Ring Freiheitlicher Studenten Gegenkundgebungen. Bei einem Zusammenstoß wurde Ernst Kirchweger von dem Faschisten Gunter Kümel niedergeschlagen und verstarb einige Tage später am 2. April 1965.

25.000 Menschen nahmen am Trauerzug über die Ringstraße zum Schwarzenbergplatz teil. Seine Beisetzung wurde somit zur größten antifaschistischen Demonstration seit Bestehen der zweiten Republik. Sein Mörder, Gunther Kümel, wurde lediglich wegen Notwehrüberschreitung zu 10 Monaten Haft verurteilt. Borodajkewycz wurde im Mai 1966 vom Senat der Hochschule in den zwangsweisen Ruhestand versetzt.

Im November 1989 wurde der Gemeindebau in der Sonnwenndgasse 24, Favoriten als antifaschistisches Gedenken nach ihm in Ernst-Kirchweger-Hof benannt. 1990 wurde das EKH als Ernst-Kirchweger-Haus nach ihm benannt. Im März 2015 wurde am Ort seines Totschlags vor dem Hotel Sacher ein „Stein der Erinnerung“ gelegt.

Ernst Kirchweger war bis zu seinem Tod überzeugter Kommunist und wird von seinen Genoss:innen als „unbeugsamer Antifaschist“ beschrieben.

Im Schlusssatz seines Testaments schrieb er:

„Ich sterbe als überzeugter Sozialist mit der Hoffnung, daß auch in Österreich in absehbarer Zeit die kapitalistische Gesellschaftsordnung von der sozialistischen abgelöst sein wird.“

Quelle: KOMintern