1. April 2025
ÖsterreichZeitung der Arbeit

Österreich in der Krise: Die Arbeiterklasse soll bluten

Übernommen von Zeitung der Arbeit:

Wien. Während in Österreich die dritte Rezession in Folge anrollt, schlagen die Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS Alarm. Sie plädieren für „mutige Strukturreformen“ und das Eingestehen, dass „wir ärmer werden“. Doch was wirklich dahintersteht, ist die nächste Welle an Belastungen für Lohnabhängige und Pensionistinnen und Pensionisten. Dass die hausgemachten Probleme des Kapitalismus – stets in Symbiose mit Krisen, Kriegen und „importierter Inflation“ – nun von der arbeitenden Bevölkerung ausgebadet werden sollen, zeigt einmal mehr, dass dieses Wirtschaftssystem nicht die Lösung, sondern das Problem ist.

Während mancher Konzernchef oder Investor in Ruhe seine Renditen abkassiert, sollen die Arbeiterinnen und Arbeiter gefälligst auf „Strukturmaßnahmen“ vorbereitet werden, die ihnen noch mehr Spielräume entziehen. Der neue Schlachtruf: „Wir brauchen ein Jahrzehnt des Verzichts!“ Natürlich nicht für die Aktionäre, sondern für alle anderen. Was beim WIFO und IHS zynisch als „Weckruf“ oder „Tabubruch“ propagiert wird, bedeutet für die Lohnabhängigen schlicht: Weitere Eingriffe bei Pensionen, eine stringente Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters, das Zurückfahren sozialer Errungenschaften und womöglich weitere soziale Einschnitte. Das Budget sollen all diejenigen sanieren, die sich ohnehin kaum wehren können. All das, während Konzerne munter ihre Bilanzen maximieren, Dividenden fließen lassen und die Inflation für Mehrprofite nutzen. Die arbeitende Klasse, die bereits mit explodierenden Preisen kämpft, gerät noch mehr unter Druck.

Dass wir uns seit Jahren in einer wirtschaftlichen Talfahrt bewegen, wundert indes kaum: Der Kapitalismus – ob mit oder ohne Auswüchse wie Pandemie, Energiekrise oder Krieg – produziert Krisen am Fließband. Nur das Fehlen von echtem Klassenwiderstand ermöglicht, dass immer wieder die gleiche Platte abgespielt wird: Kürzungen hier, höhere Abgaben da, Löhne zu hoch, Pensionen zu üppig.

Schon das angekündigte Sparpaket der Regierung – über 6,3 Milliarden Euro für 2025 und 8,7 Milliarden für 2026 – schlägt eindeutig in Richtung Kürzungen und Gebührenerhöhungen bei den Massen: Klimabonus und Bildungskarenz gestrichen, Förderungen gekürzt, Ministerienausgaben beschnitten. Dass die Steuereinnahmen durch die Konjunkturflaute sinken, dient als Rechtfertigung für ihre Angriffe. Hauptsache die „Anpassung“ trifft nicht die Lobby jener Konzerne, denen wir vermeintlich unsere Wettbewerbsfähigkeit zu verdanken haben. Drei Jahre in Serie gegen die Maastricht-Regeln zu verstoßen und im Zweifel ein EU-Defizitverfahren zu riskieren, müsste kein Drama sein, wenn man ernsthaft in Krisenbewältigung für die Menschen investieren wollte. Doch offenbar nutzt man jede Gelegenheit, um den Schulden- und Spardruck einseitig weiterzugeben.

Besonders pikant, dass WIFO-Chef Felbermayr – in altbekannter Manier – betont, es gebe eine „hausgemachte“, strukturelle Krise. Man hört daraus: Die Arbeiterklasse soll sich nicht auf Corona, Ukrainekrieg oder andere äußere Faktoren berufen. Die Regierung, sagt er, müsse nun „mutige Reformen“ durchführen – was so viel heißt wie: Noch mehr Einschnitte für Rentnerinnen und Rentner, Kürzungen bei Leistungen, und bitte auch Löhne nicht zu hoch ansetzen, damit die Unternehmen sich ihre Profite weiter sichern. Die rigiden Sparmaßnahmen treffen nämlich gerade jene Familien und Beschäftigten, die ohnehin von Wohn‑, Energie- und Lebensmittelkosten erdrückt werden. Währenddessen bleiben die großen Konzerne in einer sicheren Nische, reißen sich Subventionen unter den Nagel oder profitieren von günstigen Abmachungen mit der Regierung.

IHS-Chef Bonin legt noch nach und verlangt, „ambitionierte Reformen“ zu schmieden. „Nationale Kraftanstrengung“ nennt er das. Wenn man übersetzt: Nationale Kraftanstrengung meint gewöhnlich, dass man den Beschäftigten verklickert, sie hätten sich in Verzicht zu üben. Und die Kapitalseite? Wird höchstens hofiert, damit das „Wachstum“ angekurbelt wird.

Eingetrichtert wird uns außerdem, dass wir uns auf einen „Arbeitsmarkt voller Hürden“ einstellen sollten, in dem Löhne umkämpft sind und Betriebe bei jedem kleinen Konjunktureinbruch Stellen streichen. Die Wirtschaftsinstitute benennen zwar eine „stabile“ Arbeitslosenquote von 7,3 oder 7,5 Prozent, aber vergessen darauf, dass jede dieser Prozentzahlen Schicksale von Menschen repräsentiert, die ohne Einnahmen dastehen oder in prekären Jobs enden. Ihnen dann auch noch den Sündenbock – angeblich zu hohe Lohnabschlüsse oder zu lange Korridorpensionen – zuzuweisen, ist blanker Zynismus.

Klar ist: Dieser Krisenkapitalismus verschlingt Ressourcen, torpediert die Lebensgrundlagen der Mehrheit und schreibt uns dauernd eine neue, bittere Agenda vor – stets im Interesse der oberen Zehntausend. Das wahre Problem ist nicht, dass die Arbeiterschaft sich zu hohe Gehälter erstreitet oder der Sozialstaat zu komfortabel wäre. Das Problem ist ein Produktions- und Verteilungssystem, das auf Konkurrenz, Profitakkumulation und Bankenmacht fußt und jede Einbuße beim Profit an die arbeitende und lohnabhängige Bevölkerung abwälzt.

Während WIFO und IHS von der Regierung fordern, „bitte macht endlich schmerzhafte Reformen“ – fragen wir: Wer soll sich diesen Schmerz eigentlich antun? Natürlich die unteren und mittleren Schichten, deren Lebensstandard Jahr für Jahr erodiert. Und das alles, um einen Krisenkapitalismus, der längst abgewirtschaftet hat, weiter auf künstlicher Beatmung zu halten. Wer glaubt, in den nächsten Monaten käme eine zündende Idee der Bundesregierung, wie das Kapital seine Gewinne teilt, ist wohl naiv. Das Mantra lautet: Wir sparen, sie kassieren. Und die Wirtschaftsforscher nennen das dann bedächtig „Lösung der strukturellen Probleme“. Übersetzt: Nichts gegen Profite, alles gegen die Klasse. So sieht das wahre Gesicht dieser „Rezessionspolitik“ aus – eine Politik, die uns kein bisschen aus der Misere holt, solange wir am System nicht grundsätzlich rütteln.

Die Antwort auf diese Krise kann nicht noch mehr Kürzung und Anpassung an „Wettbewerbslogik“ sein. Es braucht einen Bruch mit dem Kapitalismus, der seit Jahrzehnten bewiesen hat, dass er nur Krisen erzeugt und der arbeitenden Bevölkerung stets die Zeche präsentiert. Während Ökonomen uns erzählen, wir stünden vor einer „lost decade“, liegt es in Wahrheit am Fehlen einer gerechten, sozialistischen Alternative, die den Profitzwang aushebelt und die Früchte der Arbeit in die Hände jener legt, die sie erwirtschaften.

Dass „wir ärmer werden“, ist keine Notwendigkeit, sondern das Ergebnis politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen in einem ausbeuterischen System. Wer das ändern will, muss sich gemeinsam organisieren, sich wehren und den Kurs der Regierung nicht als Naturgewalt hinnehmen. Die Alternative ist klar: Entweder ein gesellschaftliches System, das immer neue Scheinlösungen liefert – oder eine Umwälzung, in der nicht die Masse für die Gewinne weniger bluten muss. Nur so kann eine Zukunft jenseits von Rezessionen, Kürzungen und steigender Armut aussehen.

Quelle: ORF

Quelle: Zeitung der Arbeit