RTÜK-Zensur: Strafen für Tele1, Halk TV, Sözcü TV und NOW TV
Übernommen von Yeni Hayat / Neues Leben:
Die türkische Rundfunk- und Fernsehaufsichtsbehörde RTÜK hat wegen der Berichterstattung über Ekrem İmamoğlu harte Strafen gegen mehrere Fernsehsender verhängt, darunter 10-tägige Sendepausen. Auf der Sitzung der RTÜK am 27. März wurden die härtesten Strafen gegen Sender verhängt, die über den politischen Prozess gegen den Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu berichtet hatten.
SZC TV: 10-tägige Sendepause
Wegen der Live-Übertragungen aus Istanbul, Ankara und Izmir mit Kommentaren, „die zur Anstiftung von Hass und Feindseligkeit beitrugen“ wurde für Sözcü TV (SZC TV) 10 Tagen Sendepause verhängt. Sollte der Sender erneut gegen § 8/1/b des Rundfunkgesetzes (Gesetz 6112) verstoßen, droht ihm der Lizenzentzug. SZC TV wird für 10 Tage schwarz geschaltet, auf dem Bildschirm wird nur der RTÜK-Beschluss eingeblendet. Eine zweite Strafe bekam SZC TV wegen Äußerungen des CHP-Politikers Ali Mahir Başarır über MHP-Chef Devlet Bahçeli. Zudem wurde die Live-Übertragung einer Rede von Özgür Özel als Verstoß gewertet.
Halk TV: 5-malige Programmunterbrechung
Wegen der Live-Übertragung einer CHP-Kundgebung in Saraçhane mit Kritik an Präsident Recep Tayyip Erdoğan muss das Format „Gündem Özel“ 5-mal aussetzen. Ausserdem muss der Sender 5 % des Senderumsatzes als Geldstrafe zahlen. Eine zusätzliche Geldstrafe in Höhe von 3% muss der Sender zahlen, weil CHP-Politiker Ali Mahir Başarır in einer Sendung zum Widerstand gegen „diese Putschisten mit der Waage in der Hand“ aufrief.
Tele1: Vorwurf der „Anstiftung zu Hass“
Auch Tele1 muss sein Programm 5-mal unterbrechen und 5 % der Einnahmen als Geldstrafe abtreten. Falls Tele1 innerhalb eines Jahres erneut gegen § 8/1/b verstößt, droht eine 10-tägige Sendepause. Bei einer dritten Strafe könnte die Sendelizenz entzogen werden. Eine zusätzliche Geldstrafe von 3 % muss der Sender ebenfalls zahlen, weil während der Sendung „Sabah Pusulası“ Kritik am RTÜK-Vorsitzenden geäußert wurde.
NOW TV: Geldstrafe trotz „demokratischer Haltung“
Weil in der Sendung „Orta Sayfa“ das Verfahren gegen İmamoğlu als „rechtswidrig“ und „politisch motiviert“ bezeichnet wurde, muss der Sender NOW TV 2 % seines Umsatzes zahlen, obwohl in der Sendung betont wurde, dass man sich für demokratische Proteste und Gewaltfreiheit ausspricht.
RTÜK geht auch gegen YouTube-Kanäle vor
Ebenfalls hat RTÜK hat den YouTube-Kanälen von Fatih Altaylı und Flu TV eine Frist von 72 Stunden gesetzt, um eine Sendelizenz zu beantragen. Falls sie dies nicht tun, könnte ihr Kanal gesperrt werden.
Reaktionen auf die RTÜK-Entscheidungen
RTÜK-Mitglied Necdet İpekyüz kritisierte die Maßnahmen scharf: „Wenn die Medien durch solche Strafen zum Schweigen gebracht werden sollen, wird die gesellschaftliche Spaltung nur noch größer. Es entsteht eine Atmosphäre der Angst. Gerade in solch schwierigen Zeiten ist eine unabhängige Presse entscheidend, damit die Bevölkerung Zugang zu korrekten Informationen hat. RTÜK muss seine Entscheidungen fair treffen. Wenn einige Sender bestraft werden und andere nicht, dann gibt es keine Pressefreiheit.“
Ebenfalls Mitglied des RTÜK-Beirates, Tuncay Keser, warf der RTÜK vor, politisch motiviert zu handeln: „Während RTÜK oppositionelle Sender wie Halk TV, Tele1, SZC TV und NOW TV bestraft, bleiben die regierungsnahen Kanäle TRT Haber und A Haber unberührt. Ich habe Beschwerden gegen deren tendenziöse Berichterstattung eingereicht – sie wurden nicht einmal diskutiert. RTÜK setzt bewusst die härtesten Sanktionen durch, um kritische Stimmen zu eliminieren. Die Verfassung und das RTÜK-Gesetz werden dabei mit Füßen getreten.“
Quelle: Yeni Hayat / Neues Leben