Sondierungen von CDU und SPD unter der Lupe – wem nützen ihre Pläne?
Übernommen von Yeni Hayat / Neues Leben:
Dogus Birdal
Die Ergebnisse der Sondierungen von CDU, CSU und SPD wurden veröffentlicht und zeigen klar: Sozialabbau für die Menschen, Profitmaximierung für die Konzerne.
Migration – Weltoffen
„Deutschland ist ein weltoffenes Land und wird es auch bleiben“, heißt es zum Thema Migration. „Weltoffen“ heißt für Union und SPD allerdings: Die Liste der sicheren Herkunftsländer erweitern (auch wenn diese nicht sicher sind), die menschenverachtende Bezahlkarte deutschlandweit zum Einsatz bringen, die Zahl der „Rückführungen“ steigern, den verpflichtend beigestellten Rechtsbeistand vor der Durchsetzung der Abschiebung abschaffen und die Kapazitäten für die Abschiebehaft deutlich erhöhen.
Deutschland soll ein „einwanderungsfreundliches“ Land bleiben, wobei „qualifizierte Zuwanderung“ gefördert und irreguläre Migration reduziert werden soll.
Mindestlohn auf 15 Euro bis 2026 – Zu wenig, zu spät
Der Mindestlohn soll bis 2026 auf 15 Euro erhöht werden. Doch bis 2026 ist es noch lange hin– in dieser Zeit steigen Mieten, Lebensmittelpreise und Energiekosten weiter. Statt einer gestaffelten Erhöhung hätte eine sofortige Anhebung vielen Menschen mit geringem Einkommen geholfen. Aber das wäre schlecht für die Interessen der Großkonzerne, die weiterhin auf niedrige Löhne und steigende Profite setzen.
Reformen beim Bürgergeld – Bestrafung statt echter Hilfe
Das Bürgergeld wird durch eine neue Grundsicherung ersetzt, die strengere Sanktionen für Leistungsbezieher vorsieht, die „zumutbare Arbeit“ wiederholt ablehnen. Wer wiederholt Jobangebote ablehnt, soll seine Leistungen komplett verlieren. In der Praxis würde das Menschen treffen, die aus gesundheitlichen oder familiären Gründen nicht jede Arbeit annehmen können. Zudem gibt es in vielen Regionen schlicht nicht genug Jobs mit angemessener Bezahlung. Aber genau das ist der Plan: Druck auf Arbeitslose ausüben, damit sie sich mit noch schlechter bezahlten Jobs zufriedengeben – was wiederum die Löhne insgesamt drückt und Unternehmen in die Hände spielt.
Maßnahmen zur Schaffung von sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätzen finden jedoch keine Erwähnung. Auch die prekären Arbeitsverhältnisse wie Leiharbeit oder sachgrundlose Befristungen bleiben unangetastet – obwohl genau diese Arbeitsformen dafür sorgen, dass viele Menschen überhaupt erst auf Bürgergeld angewiesen sind.
Senkung der Stromsteuer – Ein Tropfen auf den heißen Stein
Zur Entlastung von Unternehmen und Haushalten wird die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gesenkt, was eine Reduktion des Strompreises um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde bewirken soll. Eine Entlastung bei den Stromkosten klingt gut – schließlich trifft die Energiekrise vor allem ärmere Haushalte. Doch während Unternehmen zusätzlich Subventionen bekommen, gibt es für Geringverdiener und Arbeitslose keine direkte Unterstützung. Strom ist für Haushalte nicht der einzige Kostenfaktor: Was ist mit Heizkosten, Mieten oder den Preisen für Grundnahrungsmittel? Hier fehlt eine wirklich umfassende Entlastung. Am Ende ist die Senkung der Stromsteuer nur ein Feigenblatt, das darüber hinwegtäuschen soll, dass die Politik in erster Linie Großkonzernen hilft, während es für Menschen mit wenig Einkommen kaum eine spürbare Verbesserung gibt.
500 Milliarden Euro Sondervermögen – Wohin fließt das Geld?
Zudem ist ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastrukturinvestitionen geplant, wobei Teile davon für den Zivil- und Bevölkerungsschutz genutzt werden sollen.
Investitionen in Straßen, Schulen und Digitalisierung sind wichtig – keine Frage. Doch wer profitiert am meisten davon? Große Baukonzerne und Technologiefirmen dürften sich freuen, während unklar bleibt, wie viel von dem Geld wirklich Bildung, Gesundheit und Infrastruktur gesteckt wird. Die Frage, wer das alles am Ende bezahlt, bleibt offen. Geht es am Ende wieder über Steuern, die besonders die Mittelschicht, Arbeiter, Angestellte und Geringverdiener belasten?
Hinzu kommt, dass Teile des Sondervermögens nicht nur in zivile Infrastruktur, sondern auch in militärische Ausgaben fließen werden. In den Verhandlungen wurde mehrfach betont, dass Deutschland seine „Verteidigungsfähigkeit“ stärken muss. Bereits innerhalb des ersten halben Jahres soll eine Beschaffungsliste für die Bundeswehr vorliegen, was eine beschleunigte Aufrüstung ermöglichen würde. Außerdem war im Sondierungspapier auch von weiterer Unterstützung für die Ukraine die Rede. Ob diese Gelder aus dem Sondervermögen oder aus anderen Haushaltsmitteln kommen, bleibt unklar.
Steuererleichterungen für die Gastronomie – Wer profitiert wirklich?
Dass die Umsatzsteuer für Restaurants dauerhaft bei sieben Prozent bleibt, hilft Gastronomen – aber bringt das wirklich Entlastung? Günstiger wird das Essen in Restaurants deshalb kaum, und wer mit knappen Löhnen oder Bürgergeld haushalten muss, kann sich ohnehin keine regelmäßigen Restaurantbesuche leisten. Stattdessen wären Maßnahmen wie eine Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel hilfreicher gewesen. Doch das würde vor allem den ärmeren Haushalten helfen – und nicht den großen Gastronomieketten, die mit der niedrigeren Umsatzsteuer ihre Gewinne maximieren können.
Wohnung bleibt Spekulationsobjekt
Wohnraum wird immer teurer, doch in den Sondierungsergebnissen gibt es kaum Maßnahmen, um dem entgegenzuwirken. Die Mietpreisbremse bleibt zahnlos, sozialer Wohnungsbau wird kaum ausgebaut, und große Immobilienkonzerne haben weiterhin freie Hand. Stattdessen setzt die Regierung auf „private Investitionen“ – also darauf, dass die Immobilienwirtschaft freiwillig für günstige Mieten sorgt. Ein absurdes Konzept, das schon in der Vergangenheit gescheitert ist.
Nötig wäre ein radikaler Kurswechsel in der Wohnungspolitik: schärfere Mietpreisregulierungen, eine stärkere Besteuerung von Immobilienspekulanten und massive Investitionen in sozialen Wohnungsbau – doch davon ist nichts zu lesen.
Politik für die Reichen, nicht für die Mehrheit
Die dringendsten Probleme von Arbeitern, Arbeitslosen und Geringverdienern – steigende Lebenshaltungskosten, unsichere Jobs und unzureichende soziale Sicherung – werden kaum angegangen. Typisch für CDU/CSU und SPD: Man gibt vor, etwas für die breite Bevölkerung zu tun, aber in Wahrheit profitieren vor allem die großen Unternehmen und die Reichen. Wer wenig hat, bekommt nur minimale Zugeständnisse, während Konzerne und Reiche weiter auf Kosten der Gesellschaft profitieren. Die soziale Spaltung vertieft sich – und die Politik handelt einmal mehr im Sinne der Wirtschaftseliten.
Quelle: Yeni Hayat / Neues Leben