SPD will IAA-kritische Stimmen zum Schweigen bringen
Die Münchner SPD plant, gezielt Fördermittel für zivilbürgerliche Projekte zu streichen, die ihre Verkehrspolitik hinterfragen. Stattdessen sollen ein Teil des Geldes in weitere Frauen-Nachttaxi-Gutscheine fließen. Einige der betroffenen Projekte befanden sich bereits in Gesprächen mit der Stadt und prüfen jetzt rechtliche Schritte.
Das Vorgehen der SPD sorgt für scharfe Kritik. „Dieses Verhalten ist unterirdisch. Hier spielt die SPD verschiedene Interessen der Ziviligesellschaft gegeneinander aus.“, so die Pressevertretung des Mobilitätswende-Camps Kim Probst. Das Mobilitätswende-Camp ist eines von vielen Projekten, welches sich während der IAA für eine Verkehrswende einsetzt.
Es ist ein Treffpunkt für Aktivist:innen aus der Region und darüber hinaus. Dort gibt es Veranstaltungen und Informationsangebote zu Mobilität, den zahlreichen Problemen der Autoindustrie und auch zu Themen wie Antifaschismus. Der autoindustrienahen Münchner SPD ist es offenbar ein Dorn im Auge.
Doppelmoral der SPD
„Als die CDU mit einer ‚kleinen‘ Anfrage versuchte, gemeinnützige Gruppen einzuschüchtern, war der Aufschrei bei der SPD groß. Doch jetzt legt die Münchner SPD selbst nach, um unliebsame Stimmen loszuwerden!“, kritisiert Probst.
Bereits bei der Ausschreibung des Programms gab es Anzeichen, dass die SPD es loswerden wollte: Die Stadt veröffentlichte die Ausschreibung ungewöhnlich früh, mit kurzer Frist und ohne übliche Vorankündigung. Offenbar war das nicht erfolgreich genug – jetzt folgt der direkte Angriff.
Gelder für IAA-Gegenentwurf gestrichen
Konkret geht es um bereits eingeplante Mittel für zivilbürgerliche Projekte während der Automesse vom 9. bis 14. September. Das Programm war als Ersatz für den gestrichenen Mobilitätskongress geplant. Dieser war wiederum der ursprüngliche Kompromiss, damit die IAA nach München kommen kann: Die Münchner:innen sollten eine Alternative haben zur Auto-Werbe-Show.
Nun fordert die SPD, diese 400.000 Euro als letzte Scheibe ihrer Salami-Taktik auch noch zu streichen und stattdessen 250.000 Euro in das Frauen-Nachttaxi-Programm zu stecken. Damit stellt sie Klimaschutz und soziale Themen bewusst gegeneinander.
Nachttaxis: Langfristige Lösung nötig
Das Frauentaxi ist ein nützlicher Lösungsansatz für ein wichtiges Problem. Das zeigt auch die hohe Nachfrage. Doch dass das Budget bereits jetzt aufgebraucht ist, offenbart auch die Schwachstellen des Konzepts: 250.000 Euro reichen nicht als langfristige Lösung und wirken somit eher wie eine kurzfristige PR-Maßnahme im kommenden Kommunalwahlkampf.
„Wenn der SPD das Frauen-Nachttaxi wirklich so wichtig ist, könnten sie stattdessen bei der von BMW-mitgesponsorten Tennisanlage sparen. Dort hatte der sonst gerade so sparsame Stadtrat zuletzt 8,6 Millionen Euro aufgetrieben. Oder bei den 13 Millionen Euro Planungsmitteln für einen milliardenschweren Autobahn-Tunnel, von dem nur BMW profitieren würde, der aber wohl nie gebaut wird“, so die Kritik von Probst.
Auch die niedrige Flächengebühr für die IAA steht in der Kritik: Der Verband der Automobilindustrie zahlt 30 Cent pro Quadratmeter, während er diese Flächen für 650 Euro pro Quadratmeter weitervermietet. „Da wird direkt der Autolobbyverband querfinanziert. Das Geld könnte die Stadt selbst verwenden.“
Das Mobilitätswendecamp findet dank zahlreicher politisch unabhängiger Spenden trotzdem wie geplant statt.