Jamshid Sharmahds Tod auch nach Autopsie ungeklärt
Übernommen von Amnesty.de – Pressemeldungen:
Nach den bekanntgewordenen Ergebnissen der Autopsie von Jamshid Sharmahd diesen Freitag in Berlin bleibt die Todesursache weiterhin ungeklärt. Amnesty International fordert die Bundesanwaltschaft dazu auf, umgehend strafrechtliche Ermittlungen gegen diejenigen iranischen Beamt*innen aufzunehmen, die verdächtigt werden, die Verantwortung für Sharmahds Tod sowie alle gegen ihn begangenen Verbrechen zu tragen.
Anlässlich der teilweisen Veröffentlichung der Autopiseergebnisse des verstorbenen deutschen Staatsbürgers Jamshid Sharmahd am heutigen Freitagvormittag in Berlin sagt Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland:
„Die erschreckende Erkenntnis der Autopsie ist, dass die Ursache von Jamshid Sharmahds Tod nicht ermittelt werden kann – auf Grund des Zustands des Leichnams.
Ob Jamshid Sharmahds Hinrichtung vollstreckt wurde, wie zunächst von den iranischen Behörden Ende Oktober 2024 bekannt gegeben, oder ob er vor der geplanten Hinrichtung in Haft gestorben ist, wie kurz danach Anfang behauptet, können die deutschen Behörden so schlicht nicht erkennen.
Die aktive Verweigerung der iranischen Behörden, der Familie von Jamshid Sharmahd Informationen über seine Todesursache und sogar über den Ort, an dem er zuletzt festgehalten wurde, zukommen zu lassen, zeugt von einer Missachtung der andauernden Qualen der Familie Sharmahd. Sie braucht endlich Antworten.
Die Ursachen und Umstände von Jamshid Sharmahds Tod in Haft müssen umfassend geklärt werden. Dass die iranischen Behörden erst von Hinrichtung, dann später von Tod in Haft sprechen, legt nahe, dass sie die tatsächlichen Todesumstände absichtlich verschleiern wollen. Zu jedem Zeitpunkt haben die iranischen Behörden die Rechte von Jamshid Sharmahd schamlos missachtet – von seiner Entführung im Jahr 2020 über die Folter und Misshandlung, die ihm in Haft angetan wurde, hin zu seiner Verurteilung zum Tode nach einem unfairen Prozess fernab rechtsstaatlicher Standards, und schließlich seinem Verschwindenlassen.
Wir fordern die Bundesanwaltschaft angesichts der Autopsieergebnisse auf, endlich Ermittlungsverfahren einzuleiten und, falls genügend zulässige Beweise vorliegen, Haftbefehle gegen diejenigen zu erlassen, die der strafrechtlichen Verantwortung für alle Verbrechen gegen Jamshid Sharmahd, einschließlich Verschwindenlassen und Folter, verdächtigt werden.
Die Ursachen und Umstände seines Todes müssen unabhängig, unparteiisch und effektiv untersucht werden, und die Personen, die der strafrechtlichen Verantwortung verdächtigt werden, müssen in fairen Prozessen vor Gericht gestellt werden. Ebenso müssen jegliche iranische Beamt*innen, die vorsätzlich Beweise manipuliert oder vernichtet haben, die die deutschen Behörden möglicherweise daran gehindert haben, Informationen über Jamshid Sharmahds Tod feststellen zu können, ermittelt werden. Sie alle müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Hintergrund
Jamshid Sharmahd wurde im Januar 2023 wegen „Verdorbenheit auf Erden“ zum Tode verurteilt – ein Tatbestand, den Amnesty International kritisiert, da dieser internationalen Standards widerspricht und regelmäßig politisch instrumentalisiert wird. Jamshid Sharmahd war Mitglied der oppositionellen Gruppierung „Kingdom Assembly of Iran“, die sich von außerhalb der iranischen Landesgrenzen dafür einsetzt, die Islamische Republik zu stürzen und die Menschenrechtsverletzungen im Iran zu veröffentlichen.
Im Juni 2023 hatte Jamshid Sharmahds Tochter Gazelle Sharmahd mit Unterstützung des ECCHR Strafanzeige beim Generalbundesanwalt gegen acht hochrangige Mitglieder der Justiz und des Geheimdienstes im Iran eingereicht.
Im Oktober 2024 gaben die iranischen Behörden zunächst bekannt, dass das Todesurteil gegen Sharmahd vollstreckt worden sei. Kurz darauf erklärten sie vage, dass Sharmahd „die Konsequenzen seines Handels tragen musste“.
Sharmahds Leiche ist laut Medienberichten im Februar 2025 von deutschen Behörden untersucht worden.
Die Gedenkfeier für Jamshid Sharmahd fand heute in Anwesenheit seiner Tochter Gazelle Sharmahd in Berlin statt. Auch Amnesty International hat daran teilgenommen.
Quelle: Amnesty International