24. April 2025
Amnesty International

Todesstrafenbericht 2024: Höchste Zahl an Hinrichtungen seit 2015

Übernommen von Amnesty.de – Pressemeldungen:

Die Zahl der weltweiten Hinrichtungen ist so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr: 2024 wurden in 15 Ländern über 1.500 Menschen hingerichtet. Das dokumentiert Amnesty International im heute erscheinenden jährlichen Bericht über die weltweite Anwendung der Todesstrafe.

Der Amnesty-Bericht „Death Sentences and Executions 2024“ zeigt auf, dass im vergangenen Jahr weltweit so viele Hinrichtungen vollzogen wurden wie zuletzt 2015. Mindestens 1.518 Menschen wurden 2024 hingerichtet, ein Großteil davon im Nahen Osten. Die Zahl der Länder, die die Todesstrafe angewendet haben, blieb hingegen auf historisch niedrigem Niveau. Die vielen Hinrichtungen gehen auf eine massive Zunahme der Exekutionen in einigen wenigen Ländern zurück. Die fünf Länder mit den meisten Hinrichtungen 2024 waren China, Iran, Saudi-Arabien, Irak und Jemen.

Insbesondere Iran, Irak und Saudi-Arabien sind für den Anstieg der Hinrichtungen weltweit verantwortlich. Die drei Staaten haben 2024 mindestens 1.380 Todesurteile vollstreckt. Der Irak vervierfachte seine Exekutionen binnen Jahresfrist (von mindestens 16 auf mindestens 63), Saudi-Arabien verdoppelte die Hinrichtungen (von 172 auf mindestens 345) und auch der Iran richtete 119 Personen mehr hin als im Vorjahr (von mindestens 853 auf mindestens 972). Der Anteil Irans an allen bekannt gewordenen Exekutionen lag damit bei 64 Prozent. Mehr als 40 Prozent der Hinrichtungen weltweit erfolgten im Zusammenhang mit Drogendelikten.

Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagt: „Iran, Irak und Saudi-Arabien tragen die Verantwortung für den drastischen Anstieg der Hinrichtungen im vergangenen Jahr: Allein diese drei Länder haben mehr als 90 Prozent der uns bekannten Todesurteile weltweit vollstreckt. Insbesondere im Iran und in Saudi-Arabien wird die Todesstrafe eingesetzt, um all jene mundtot zu machen, die mutig genug sind, ihre Meinung zu sagen. Die Todesstrafe verstößt immer gegen die Menschenrechte. Wer Menschen aufgrund von Drogenvorwürfen rücksichtslos das Leben nimmt, verstößt gegen das Völkerrecht.

Die Todesstrafe ist eine abscheuliche Praxis, die in der heutigen Welt keinen Platz mehr haben sollte. Die Staaten, die noch an der Todesstrafe festhalten, sind eine isolierte Minderheit: im vergangenen Jahr haben nur noch 15 Länder Menschen hingerichtet. Wir begrüßen, dass immer mehr Staaten diese grausame und unmenschliche Praxis abschaffen.“

Behörden setzen Todesstrafe gezielt als Waffe ein

Staats- und Regierungschefs haben im vergangenen Jahr die Todesstrafe instrumentalisiert –, um vermeintlich die öffentliche Sicherheit zu erhöhen oder die Bevölkerung einzuschüchtern.

In den USA, die seit dem Ende der Corona-Pandemie jährlich mehr Todesurteile vollstrecken, wurden 25 Menschen hingerichtet (2023 waren es 24). Der neu gewählte US-Präsident Donald Trump bezeichnete die Todesstrafe wiederholt als Instrument, um Menschen vor „brutalen Vergewaltigern, Mördern und Monstern“ zu schützen.

Duchrow sagt: „Die entmenschlichenden Äußerungen Trumps stricken weiter an dem Märchen, dem zufolge die Todesstrafe Menschen besonders davon abschreckt, Straftaten zu begehen. Das ist falsch. Die Todesstrafe verhindert keine Verbrechen. Das ist wissenschaftlich gut belegt. Es gibt keine Argumente für die Todesstrafe – sie verstößt gegen das Menschenrecht auf Leben. Sie ist, unter allen Umständen und unabhängig von der Tat, menschenverachtend.“

In einigen Ländern des Nahen Ostens wurden Todesurteile erlassen, um Menschenrechtsverteidiger*innen, Dissident*innen, Protestierende, Oppositionelle und ethnische Minderheiten zum Schweigen zu bringen.

Die Behörden im Iran griffen auch 2024 auf die Todesstrafe zurück, um Personen hinzurichten, die das System der Islamischen Republik mit der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung in Frage gestellt haben. Im vergangenen Jahr wurden mindestens zwei Personen, darunter ein Jugendlicher mit einer psychischen Erkrankung, im Zusammenhang mit dem Aufstand nach äußerst unfairen Gerichtsverfahren und durch Folter erpressten Geständnissen hingerichtet. Zudem wurden 2024 zehn weitere Personen der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung zum Tode verurteilt, sie sind unmittelbar von der Hinrichtung bedroht.

Auch die saudischen Behörden setzten die Todesstrafe ein, um politisch Andersdenkende zum Schweigen zu bringen und Angehörige der schiitischen Minderheit des Landes zu bestrafen, weil sie zwischen 2011 und 2013 regierungskritische Proteste unterstützt hatten.

China ist Schätzungen nach unverändert das Land mit den meisten Hinrichtungen, das Land veröffentlicht jedoch keine Daten dazu. Die vollstreckten Todesurteile werden hier als Staatsgeheimnis eingestuft. In den Amnesty International vorliegenden Gesamtzahlen konnten daher weder die tausenden Menschen erfasst werden, die vermutlich in China jährlich hingerichtet werden, noch die Personen, die Nordkorea und Vietnam exekutierten. Auch hier wird mutmaßlich in großem Umfang auf die Todesstrafe zurückgegriffen, der Zugang zu Informationen ist jedoch ebenfalls stark eingeschränkt. Aufgrund der andauernden Krisen in Palästina und Syrien kann Amnesty International auch hier keine zuverlässigen Zahlen nennen.

Quelle: Amnesty International