25. April 2025
25. April 2025
Klassenkampfver.di

ver.di-Chef Werneke zum Koalitionsvertrag: Wichtige Fortschritte, aber auch deutliche Versäumnisse

Übernommen von ver.di:

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sieht im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD sowohl erfreuliche Festlegungen als auch klare Defizite: „Die Vereinbarung zwischen den Koalitionspartnern enthält wichtige Weichenstellungen für die Zukunft, etwa bei Investitionen und der Stabilisierung der gesetzlichen Rente, bleibt an wichtigen Stellen – insbesondere bei den Kommunalfinanzen – deutlich hinter den Erfordernissen zurück. Es ist auch notwendig, deutliche Kritik zu üben, etwa an der geplanten Verschlechterung des Arbeitszeitgesetzes“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke am Mittwoch in Berlin.

Erfreulich sei, dass die Entscheidung für ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro nun die Möglichkeit dafür schaffe, dringend erforderliche Investitionen in die zunehmend marode Infrastruktur vorzunehmen. „Dabei muss vor allem der kommunale Investitionsstau von 180 Mrd. Euro endlich aufgelöst werden“, forderte Werneke. Grundsätzlich positiv sei zudem die Verständigung auf die Stabilisierung des Niveaus der gesetzlichen Rente bei 48 Prozent und die Pläne für ein Bundestariftreuegesetz, erklärte der ver.di-Chef. Das gelte auch für die Verständigung auf ein digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften in die Betriebe – vorausgesetzt, es werde im Sinne der Beschäftigten ausgestaltet.

Deutlich zu wenig habe sich die Koalition im Bereich Gesundheit und Pflege vorgenommen. „Auch wenn unter anderem der bisher für die GKV vorgesehene Anteil für den Transformationsfonds für Krankenhäuser jetzt richtigerweise aus dem Sondervermögen Infrastruktur finanziert werden soll, fehlen die notwendigen Bundesmittel, um die GKV-Finanzen zu stabilisieren und drohende Beitragssatzsteigerungen tatsächlich zu stoppen. Das gilt auch für die Pflegeversicherung“, kritisierte Werneke. Die Koalitionspartner seien aufgefordert, die massiv steigenden Eigenanteile für Pflegebedürftige kurzfristig zu verhindern. Damit Entlastung beim Pflegepersonal in Krankenhäusern ankommt, müsse zudem eine bedarfsgerechte Personalbemessung PPR 2.0 konsequent umgesetzt werden.

Kritisch sind aus Sicht von ver.di die Steuerpläne der zukünftigen Koalition zu bewerten. Die Steuersenkungen für Unternehmen, insbesondere die Senkung der Körperschaftssteuer, reißen Löcher in die staatlichen Finanzen, Vermögende und große Erbschaften blieben unangetastet, Eine Einkommenssteuerreform ohne ausreichende Gegenfinanzierung belaste auch die Haushalte der Kommunen. Städte und Gemeinden in Deutschland und die öffentliche Daseinsvorsorge seien strukturell unterfinanziert, darauf gebe der Koalitionsvertrag keine verlässlichen Antworten. „Die Kommunen bleiben klamm – das ist eine schlechte Nachricht“, betonte Werneke. „Das geht zulasten aller Bürgerinnen und Bürger und sorgt für zunehmende Entfremdung von Staat.“ Zudem fehlten noch immer verbindliche und auf Dauer angelegte Vereinbarungen zum ÖPNV.

Falsch sei der geplante Vermittlungsvorrang bei der Bundesagentur für Arbeit. „Das erhöht den Druck auf Arbeitslose, jegliche Arbeit anzunehmen, wirkt sich negativ auf die Löhne aus und unterläuft die Bemühungen, über mehr Ausbildung und Qualifikation Einkommen zu stabilisieren und Arbeitsplätze langfristig aufzuwerten“, so Werneke.

Nicht akzeptabel seien die geplanten Änderungen im Arbeitszeitgesetz. Es sei absolut kontraproduktiv, nun eine wöchentliche anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit als Maßstab heranzuziehen. Dies öffne dem Missbrauch Tür und Tor: „Das Arbeitszeitgesetz schützt Menschen, die ohnehin unter prekären Bedingungen arbeiten müssen – deshalb darf es nicht ausgehöhlt werden“, erklärte Werneke.

Absolut kritikwürdig sei die angekündigte Abschaffung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Werneke: „Das ist ein fataler Rückschritt in Sachen Unternehmensverantwortung und Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.“

Quelle: ver.di