Ukraine: UN-Bericht über willkürliche Verhaftungen und Verschleppungen
Seit Beginn des bewaffneten Konflikts in der Ukraine 2014 unterhält das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte eine Mission in Odessa. Die Aufgabe der Mission ist es, die Lage der Menschenrechte seit Beginn des bewaffneten Konfliktes im Land zu beurteilen. Mit Beginn des imperialistischen Krieges in der Ukraine durch die russische Invasion hat der Konflikt eine neue Eskalation erfahren, das wirkt sich auch auf die Menschenrechte aus. Die UNO-Mission teilte am Freitag mit, dass fast 500 Fälle von willkürlichen Verhaftungen; Verschleppungen und Entführungen gibt.
Das russische Militär und seine Verbündeten sind für mindestens 416 willkürliche Verhaftungen oder Entführungen in den von ihnen besetzten Gebieten der Ukraine verantwortlich. In 16 Fällen wurden die Personen später tot aufgefunden, 166 der Betroffenen wurden zu einem späteren Zeitpunkt wieder freigelassen.
Die ukrainische Armee soll für 51 willkürliche Verhaftungen und 30 Fälle von Verschwinden lassen verantwortlich sein, wie die UNO dokumentierte. Zu den rund 80 Fällen auf ukrainischer Seite wurden keine näheren Angaben gemacht.
Folter und Misshandlung von Kriegsgefangenen
Matilda Bogner, Leiterin der UNO-Mission vor Ort, teilte zudem mit, dass beide Seiten Kriegsgefangene Folter und Misshandlungen unterziehen würden. Auf ukrainischer Seite wurden „Fälle von Folter und Misshandlung von Kriegsgefangenen dokumentiert, in der Regel bei der Gefangennahme, bei ersten Verhören oder beim Transport in Internierungslager“ stattfinden, wie Bogner berichtet. Der UNO-Mission wurde es von ukrainischer Seite ermöglicht, ein Kriegsgefangenenlager zu besuchen. Sie stellten aber fest, dass die Mehrheit der Kriegsgefangenen nach wie vor in normalen Haftanstalten untergebracht werden, was ebenfalls gegen die Rechte von Kriegsgefangenen verstößt, da diese nicht auf so engem Raum festgehalten werden dürfen.
Von Russland und seinen Verbündeten wurde der UNO-Mission der Zugang zu Kriegsgefangenenlagern verweigert. Bogner verweist darauf, dass dies „umso besorgniserregender“, da man dokumentieren könne, dass es auch auf russischer Seite zu Misshandlung und Folter von Kriegsgefangenen komme. Bogner stellte außerdem fest, dass „es an einigen Haftorten an angemessener Nahrung, Wasser, medizinischer Versorgung und sanitären Einrichtungen fehlt“. Eine unabhängige Überprüfung solcher Berichte ist ohne einen Zugang der UNO-Mission zu diesen Lagern nicht möglich. Es liegen Informationen vor, dass sich unter den ukrainischen Kriegsgefangenen, die von Russland und seinen Verbündeten festgehalten werden, auch schwangere Frauen befinden sollen.
Die russische und die ukrainische Arbeiterklasse bezahlt diesen imperialistischen Krieg also nicht nur mit ihrem Blut, sondern auch mit einem weiteren Verlust politischer Rechte. Bogner dokumentiert ihrer Stellungnahme vor der Presse auch das repressive Vorgehen Russlands auf der Krim, um Kritik am Krieg und der russischen Besetzung zum Schweigen zu bringen. Auch für die Ukraine wurden mittlerweile zahlreiche Fälle von willkürlichen Verhaftungen und Repression bekannt und dokumentiert, auch wenn Bogner sie in ihrem Bericht nicht ansprach. Eines der bekanntesten Beispiele sind wahrscheinlich die Kononowitsch-Brüder. Die Beiden sind Mitglieder des Leninistischen Kommunistischen Jugendverbandes der Ukraine und sind in den ersten Kriegstagen vom Geheimdienst mit dem Vorwurf der Spionage für Russland entführt worden. Sie blieben für mehr als hundert Tage verschwunden, ohne Informationen über ihren Gesundheitszustand und Kontakt zu ihnen, bevor ein Anwalt vor gelassen wurde. Mittlerweile soll ihnen der Prozess gemacht werden.
Quelle: Zeitung der Arbeit