24. November 2024

Münchner Sicherheitskonferenz instrumentalisiert das Leid der Ukrainer*innen

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW kritisiert eine in der Ukraine durchgeführte Umfrage der Münchner Sicherheitskonferenz als gezielte Auftragsforschung. Die Ergebnisse würden genutzt, um vermehrte Aufrüstung zu legitimieren und eigene Ziele voranzutreiben, so die Mediziner*innen. In der Umfrage sprechen sich die befragten Ukrainer*innen mehrheitlich für eine Fortsetzung des Kampfes gegen Russland aus – selbst im Falle des russischen Einsatzes einer “taktischen Atomwaffe”.

Die IPPNW-Vorsitzende Dr. med. Angelika Claußen, Expertin in der psychotherapeutischen Behandlung von Kriegstraumatisierten, urteilt: „Die befragten Ukrainer*innen befinden sich seit fast einem Jahr im Überlebensmodus. Da müssen sich alle entscheiden, entweder Kampf ums
tägliche Überleben bzw. Kampf an der Front oder Flucht. Aus psychotraumatologischer Sicht ist es für betroffene Kämpfer bzw. die Zivilbevölkerung im Krieg unerlässlich, jegliche Gefahren für Leib und Leben systematisch und möglichst komplett auszublenden, um überleben zu können. So reagieren Menschen überall auf der Welt in Kriegsgebieten. Diejenigen Menschen, die das nicht können, brechen psychisch zusammen und erleiden posttraumatische Belastungsstörungen. Wenn es ums Überleben geht, dann haben die Menschen nicht die inneren Reserven, sich mit den Unterschieden zwischen andauerndem schwersten Flächenbombardierungen oder der Wirkung von taktischen Atombomben auseinanderzusetzen“.

Gefühle von Real-Angst als Warnung für die drohende Gefahr sind dann besonders schädlich. Sie müssen abgespalten werden. Schaffen die Betroffenen das nicht, entstehen zersplitterte Persönlichkeiten, oder gelähmte, von Angst überwältigte Persönlichkeiten. Durch diese Art der Befragung in der Umfrage der Münchner Sicherheitskonferenz werden die betroffene Menschen aus der Ukraine zum Propagandainstrument gemacht.

„Für mich ist das eine sehr sorgfältig und intelligent vorbereitete Kriegspropaganda im Dienste von Kriegsbefürwortern und der Waffenindustrie, die suggerieren will, dass weitere Waffenlieferungen und weitere Eskalation des Ukrainekrieges alternativlos sind“, so Dr. med. Angelika Claußen.

Die Umfrage wurde von der Lobbyorganisation Kekst CNC durchgeführt, die Sponsor der Münchner Sicherheitskonferenz ist. Im Global Advisory Board von Kekst CNC sitzt der frühere Leiter der Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger. Die Münchner Sicherheitskonferenz ist eine internationale Tagung, auf der Interessensvertreter*innen aus Politik, Militär und Wirtschaft zusammenkommen. Nach welchem “repräsentativen” Muster die Ukrainer*innen in der Umfrage befragt wurden, ist unklar. Auch ist ungewiss, welches Wissen die Befragten über die humanitären Konsequenzen eines Atombombenabwurfes besitzen. Die Umfrage instrumentalisiert die vom
Krieg geschundene ukrainische Bevölkerung. Die Münchner Sicherheitskonferenz benutzt die Gefühle von Angst und Hilflosigkeit, um gezielt den Krieg zu verlängern und die Rüstungsindustrie zu stärken.

Jeglicher Einsatz von Atomwaffen verursacht katastrophales humanitäres Leid. Atombomben haben ein kaum vorstellbares Zerstörungspotential: Sie setzen riesige Mengen an Energie in Form von Druckwelle, Hitze und radioaktiver Strahlung frei. Temperaturen doppelt so heiß wie die Sonne lassen in der Nähe des Epizentrums alles verdampfen. Die zusätzlich freigesetzte radioaktive Strahlung führt entweder zum raschen Tod durch akute Strahlenkrankheit oder durch den radioaktiven Fallout zu Krebserkrankungen, Fehlgeburten, Missbildungen oder genetischen Schäden. Auch eine taktische Atombombe hat diese Wirkung.

Weitere Informationen:
https://www.icanw.de/wp-content/uploads/2017/11/cch-booklet_2017_deutsch_web2.pdf

FriedensbewegungUkraine