23. November 2024

Brasilien der Generäle und Juristen

Am Donnerstag, den 5. April 2018, verfügte der Richter Sergio Moro die Inhaftierung des ehemaligen Regierungschefs Luiz Inacio Lula da Silva. Das Oberste Bundesgericht wies einen von der Verteidigung eingereichten Habeas corpus ab, mit dem die gegen Lula ausgesprochene Verhaftung verhindert werden sollte.

Lula wurde auf der Grundlage von Gerüchten, ohne Beweise, nach einem von Voreingenommenheit beherrschten regelwidrigen Prozess verurteilt. Das Urteil und der Haftbefehl gegen Lula stellen ein klares politisches Verbot für einen beliebten Kandidaten dar.

Und als ob das noch nicht ausgereicht hätte, drohte der Armeechef den Richtern des Obersten Gerichtshofs mit einem klassischen Staatsstreich, falls Lula in Freiheit verbliebe.

Im XX. Jahrhundert kam es immer dann in Lateinamerika zu „militärischen“ Putschen, wenn die in Diensten der ausländischen Monopole stehende Oligarchie und die Regierung der USA zu dem Schluss kamen, dass ihre enormen Privilegien und Reichtümer gefährdet sein könnten. Das XXI. Jahrhundert bedient sich der „zivilen“ Putsche – parlamentarische oder gerichtliche – (wenn auch mit latenten Drohungen einer militärischen Intervention) immer dann, wenn diese Privilegien durch Handlungen der Regierungen und beim Volk beliebter progressiver Führer bedroht oder eingeschränkt werden.

Die Einkerkerung Lulas stellt den zweiten Schritt des Putsches dar, der 2016 mit der Amtsenthebung der ehemaligen Präsidentin Dilma Rousseff begann.

Das US-Imperium, seine Alliierten, Komplizen und Diener müssen unter allen Umständen eine Rückkehr Lulas zur Macht verhindern, um Brasilien von der BRICS Gruppe zu entfernen, die Arbeitsreform zu vertiefen, die Rentenreform abzuschließen, die staatliche Erdölgesellschaft Petrobras zu liquidieren, Banken und Dienstleistungen zu privatisieren, der öffentlichen Politik eine Ende zu setzen, die Millionen von Brasilianern zugute kam und um die Kontrolle über die immensen Reichtümer des Landes zu vertiefen.

Den Widerstand aufzulösen und durch die Verurteilung und Inhaftierung prominenter Persönlichkeiten der Linken und durch andere nach den speziellen Eigenarten eines Landes ausgewählten Aktionen, und die Länder der Beherrschung des großen Kapitals zu unterwerfen, ist das, was die Agenda für Lateinamerika und die Karibik vorsieht. Dies können wir in Nicaragua und Venezuela beobachten, wo man den sogenannten gewaltlosen Krieg anwendet.

Lula war, gemeinsam mit Fidel, Chávez, Correa, Evo und Kirchner einer der maßgeblichen Architekten der regionalen Integration, woraus die Union der Südamerikanischen Nationen (Unasur), die Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) hervorging und der Gemeinsame Markt des Südens (Mercosur) erweitert wurde. Deswegen ist es ein elementarer Teil des imperialen Plan, diesen Prozess anzuhalten, die Region zu balkanisieren und zur Epoche der absoluten Kontrolle des Kontinents unter dem Schatten des kahlen Adlers zurückzukehren.

Ein gemeinsames Element, dass diese „zivilen“ Putsche aufweisen, unabhängig davon ob sie weich oder präventiv, parlamentarisch oder gerichtlich sind, ist die Rolle, die die großen Kommunikationsmedien einnehmen, wahrhaftige Putschparteien der Rechten. Das O Globo Netz spielte eine wichtige Rolle bei der Absetzung von Dilma Rousseff und der Kriminalisierung, juristischen Verfolgung und der Verhaftung Lula da Silvas. O Globo gilt nicht ohne Grund als mediale Putschinitiatorin, das Sprachrohr der rechten Kräfte.

Erinnern wir uns, dass während der Regierung von Salvador Allende die Massenmedien eine Hauptrolle in der Kampagne zur Diskreditierung der Regierung der Unidad Popular spielten. Presse, Radio und Fernsehen unterstützten vor, bei und nach dem Putsch, offen und direkt die faschistische Rechte.

Die chilenische Tageszeitung El Mercurio stellte sich gegen Bezahlung einer beachtlichen Menge an Dollar in den Dienst der CIA. Genau wie heute bei den privaten Medien in Venezuela erwachten die Chilenen jeden Tag mit Schlagzeilen wie: „alarmierende Versorgungsengpässe“, „Unsicherheit auf den Straßen“ „Rationierung und Hunger wachsen“. Zu den Aktionen der großen Medien kommt die von der kontinentalen Rechten gestaltete Nutzung der sozialen Netze hinzu, die mit diesen eine gemeinsame Front bilden.

Die Medienkorporationen „bombardieren“ die Länder, die Opfer von Putschen sind oder zukünftige Opfer mit falschen Nachrichten. In Brasilien fabriziert man Meldungen über angebliche in Verbindung mit der Regierungspartei stehende Korruptionsfälle – ähnlich wie man dies heute gegen den ehemaligen Präsidenten Ecuadors Rafael Correa und Teil seiner damaligen Regierung macht.

Dort hat die Richterin Daniela Camacho vor ein paar Tagen einen präventiven Haftbefehl gegen Correa ausgestellt. Der ehemalige Präsident wird der angeblichen Entführung des ehemaligen Parlamentsmitglieds Fernando Balda beschuldigt, obwohl der Anwalt des ehemailgen Regierungschefs Caupolicán Ochoa die Entführungsbeschuldigungen als eine politische Verfolgung und Correa selbst die Aktion als ein Komplott bezeichnet, ihn hinter Gitter zu bringen.

Wenn wir all dem noch den jüngsten Besuch des US- Vizepräsidenten Mike Pence hinzufügen, der bei seiner viertägigen Reise durch Lateinamerika mit dem Präsidenten Brasiliens Michel Temer und dem Ecuadors Lenin Moreno zusammengetroffen ist, lohnt es sich die Frage zu stellen: Ist dies ein neuer Versuch um Aktionen gegen Venezuela zu planen, ein Land, in dem schon alle Putschvarianten zerschlagen wurden, auch die, die in anderen Ländern funktioniert haben?

Im XX. Jahrhundert machten die Generäle die Putsche und jetzt möchten ihn die Gelehrten der sogenannten Gerechtigkeit, mit der sie nach Belieben spielen, durchsetzen.

Eins ist gewiss: Die neue lateinamerikanische Rechte hat nichts anzubieten, ihre Agenda ist die gleiche und simpel, ihre Politik ist klar, ihre Unterordung unter das Imperium ist größer und sie sind abhängiger als vor 15 oder 20 Jahren.

Die Wahrheit schafft sich inmitten des Nebels und der Verwirrung einen Raum und trotz allem, was in Brasilien geschieht, das uns sehr schmerzt, hat die Geschichte bewiesen, dass man das ganze Volk nicht die ganze Zeit täuschen kann.

Quelle:

Granma Internacional

Brasilien