Im Schatten des Zwölf-Stunden-Tages
Am 5. Juli wurde die zweite steirische AK-Vollversammlung des Jahres abgehalten. Mit Renate Anderl war die neue Bundesarbeiterkammer-Präsidentin als Gastrednerin gekommen. Zeitgleich mit der Vollversammlung stand in Wien die Einführung des 12-Stunden Arbeitstages auf der Tagesordnung des Nationalrates. Wenig verwunderlich fand das Thema daher auch Eingang in die Diskussionen, die lebhafter als sonst üblich geführt wurden. In ihrer Eingangsrede kritisierte Anderl die Maßnahmen der Regierung, den Angriff auf die AUVA, auf die Arbeiterkammern, die Verschlechterungen bei der Altersteilzeit, den 12-Stundentag usw. Sie stellte die Frage in den Raum, wo denn hier die Maßnahmen für die Beschäftigten seien und kritisierte die Regierung dafür, dass diese nicht nur für die Unternehmen da sein kann. Erwartungsgemäß verteidigt wurde der 12-Stunden-Arbeitstag von den FPÖ-Arbeitnehmern, die sich damit einmal mehr auf die falsche Seite gestellt haben.
Für den GLB stellte Kurt Luttenberger fest, dass die Sozialpartnerschaft tot ist und die jetzige Regierung auf Zuruf das macht was von Kapitalseite gefordert wird. Er erinnerte die SPÖ aber auch an ihr eigenes Abstimmungsverhalten. Zwei Tage vor der Vollversammlung hatte die SPÖ im Landtag (wo sie sich in einer Koalition mit der ÖVP befindet) einen KPÖ-Antrag gegen den 12-Stunden Tag abgelehnt. Luttenberger stellte fest, dass uns ein derartiges Abstimmungsverhalten in unseren Bemühungen schadet und forderte dazu auf, auch in der Steiermark aktiv zu werden und im Herbst auch eine Kundgebung in Graz zu organisieren.
Alle drei Anträge der GLB-KPÖ-Fraktion wurden angenommen. Antrag eins beschäftigte sich mit der Abschaffung des Kumulationsprinzips bei Verwaltungsstrafen. Durch die Pläne der Regierung droht Begrenzung der Strafen auf ein lächerliches Maß, wenn tausendfache Verstöße (beispielsweise gegen das Arbeitsrecht) in Zukunft gleich niedrig bestraft werden sollen, wie ein einfacher Verstoß. Gerade Konzerne, Großunternehmen und jene, die Gesetze systematisch verletzen, würden bei einer solchen Praxis enorm profitieren.
Um Lehrlinge besser über ihre Rechte zu informieren, forderte der zweite Antrag eine Aufnahme von arbeitsrechtlichen Lerninhalten in die Lehrpläne. Dieser wurde ebenso wie die Forderung nach einer ermäßigten SeniorInnen-Jahreskarte im steirischen Verkehrsverbund einstimmig angenommen.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Antrag 1: Nein zur Straffreiheit für Serientäter!
Das derzeit geltende Kumulationsprinzip besagt, dass bei Verwaltungsdelikten notwendigerweise jedes Vergehen einzeln bestraft wird. Nach einem Gesetzesentwurf des Justizministeriums soll nun dieses Kumulationsprinzip aufgehoben werden. Argumentiert wird dies etwa damit, dass das Kumulationsprinzip in Einzelfällen zu unangemessen hohen Verwaltungsstrafen führen kann.
Der Ministerialentwurf sieht eine Vorgangsweise in zwei Schritten vor. In einem ersten Schritt soll eine außerordentliche Milderung der Strafe möglich sein. Die neuen Regeln betreffend das Kumulationsprinzip sollen dann mit Ablauf des 31.12.2019 in Kraft treten. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die in den Verwaltungsvorschriften enthaltenen Verwaltungsstraftatbestände überprüft und eventuell besondere Regelungen betreffend Kumulation getroffen werden.
Die gewählte Vorgangsweise macht deutlich, dass das Justizministerium zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht einmal in der Lage ist, die finanziellen Folgen abzuschätzen bzw. nicht bereit ist, diese Planungen der Öffentlichkeit vor Beschluss des Gesetzes mitzuteilen, sofern es bereits Überlegungen gibt.
Die Gefahr, dass durch das Kumulationsprinzip im Bereich Lohn- und Sozialdumping unangemessen hohe Strafen verhängt werden, ist sehr gering. Nur in Konzernen und Großunternehmen kann es zur hundert- oder tausendfachen Verletzung einer einzelnen Vorschrift, etwa zur Entlohnung kommen, bei einem Kleinunternehmer ist dies aufgrund der geringen Zahl seiner Beschäftigten ohnehin nicht möglich. Wird das Kumulationsprinzip aber abgeschafft, so hat der genannte Kleinunternehmer, mit vielleicht einem Beschäftigten, in Zukunft eine Strafe in gleicher Höhe zu tragen, wie ein Konzern, der eine Vorschrift tausendfach verletzt hat. Wenn Strafen nicht mehr nach der Höhe des Schadens bemessen werden, wird ein Anreiz für unehrliches Verhalten gesetzt – je höher der Schaden, desto lukrativer für den Täter.
Die 13. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die österreichische Bundesregierung und insbesondere den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz dazu auf, von den Plänen zur Abschaffung des Kumulationsprinzips Abstand zu nehmen und weiterhin für eine angemessene Bestrafung von Lohn- und Sozialdumping, sowie aller anderen Verstöße gegen geltendes Arbeitsrecht Sorge zu tragen.
Antrag 2: Arbeitsrecht in den Lehrplänen verankern!
Immer wieder werden Forderungen laut, ein Pflichtfach Wirtschaft an den Schulen zu verankern. Beispielsweise hat die Wirtschaftskammer dieses im heurigen Frühjahr damit begründet, dass Schule die Kinder und Jugendlichen auf die Realitäten des Alltags vorbereiten muss und dieser bestehe zu einem wichtigen Teil aus Arbeit und Wirtschaft.
In der Tat sollte Schule auf das Leben vorbereiten, es kann jedoch nicht sein, dass dies einseitig und unzureichend erfolgt. Eine Vorbereitung auf das Arbeitsleben sollte daher daraus bestehen, den Kindern und Jugendlichen ihre Rechte zu vermitteln, sie über die Existenz von Gewerkschaften, Arbeiterkammern, Betriebsräten, Personalvertretungen aufzuklären und sie dazu befähigen, sich gegen Ungerechtigkeiten und Gesetzesbrüche zur Wehr zu setzen.
Bekannt aus der betrieblichen Praxis bei Lehrlingen sind beispielsweise Fälle, wo für die Nutzung von Arbeitskleidung, die im konkreten Fall seitens des Arbeitgebers zur Verfügung zu stellen gewesen wäre, dem Lehrling eine Nutzungsgebühr verrechnet wurde, oder wo Urlaubstage für einen Krankenstand abgezogen wurden.
Vor dem Hintergrund der Bestrebungen von FPÖ und ÖVP, die Rechte betrieblicher Mitbestimmung einzuschränken – etwa durch die Abschaffung des Jugendvertrauensrates – ist die Thematik arbeitsrechtliches Wissen zu vermitteln aktueller denn je.
Die 13. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf, die Einführung eines eigenständigen Unterrichtsfachs „Politische Bildung“ in der Sekundarstufe I und II zu prüfen, in dessen Rahmen auch arbeitsrechtliche Lehrinhalte vermittelt werden sollen.
Antrag 3: Ermäßigte SeniorInnen-Jahreskarte für den Verkehrsverbund Steiermark!
Senioren und Seniorinnen erhalten im Steirischen Verkehrsverbund eine Ermäßigung von 38 Prozent auf den Kauf von Einzeltickets (Stundenkarten und 24-Stunden-Karten). Dafür müssen sie allerdings die ÖBB-Vorteilskarte um 29 Euro kaufen und mit sich führen. Ein Lichtbildausweis, der das Alter (derzeit ab 63 Jahren) nachweist, ist ausdrücklich nicht ausreichend.
In anderen Bundesländern gibt es ein weitaus besseres Angebot für Seniorinnen und Senioren, nämlich eine ermäßigte Jahreskarte, die – ohne Verpflichtung zum Kauf der ÖBB-Vorteilskarte – zu einem vergünstigten Preis erworben werden kann. Es besteht nämlich eine Vereinbarung aller Verkehrsverbünde in Österreich, dass für den Kauf von Jahreskarten ab dem (derzeit) 63. Lebensjahr keine ÖBB-Vorteilkarte nötig ist. Es genügt die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises.
In Salzburg gibt es daher ein Jahresticket für Seniorinnen und Senioren zum Preis von 299 Euro. Diese SeniorInnen-Jahreskarte ist im ganzen Bundesland Salzburg in allen Bussen, Bahnen, Regionalexpress und Intercity gültig. Der Kauf einer ÖBB-Vorteilskarte ist nicht nötig.
Im Verkehrsverbund Vorarlberg erhalten SeniorInnen über 63 Jahren eine Jahreskarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel zum Preis von 260 Euro. PartnerInnen ab 63 Jahren erhalten ihre Jahreskarte, wenn sie im selben Haushalt leben, zum Preis von 195 Euro. Der Kauf einer ÖBB-Vorteilskarte ist nicht notwendig.
In Wien gibt es eine Jahresnetzkarte für Seniorinnen und Senioren für den Preis von 235 Euro. Für den Erwerb ist der Kauf der ÖBB-Vorteilskarte nicht nötig.
In Tirol können Seniorinnen und Senioren ab 63 Jahren eine Jahreskarte für den gesamten Verkehrsverbund um 250 Euro erwerben. Ab einem Alter von 75 Jahren kostet diese SeniorInnen-Jahresnetzkarte in Tirol überhaupt nur 125 Euro. Wohlgemerkt ohne, dass der Kauf einer ÖBB-Vorteilskarte nötig wäre.
In der Steiermark kostet eine Jahreskarte für das gesamte Bundesland 2.160,00 Euro. Eine Ermäßigung für Seniorinnen und Senioren gibt es in der Steiermark bei Kauf einer Jahreskarte nicht.
Die 13. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert daher die steirische Landesregierung dazu auf die notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit künftig auch in der Steiermark, nach dem Vorbild von Salzburg, Vorarlberg, Wien und Tirol, eine stark vergünstigte Jahreskarte für Seniorinnen und Senioren ab dem 63. Lebensjahr für den gesamten Verkehrsverbund Steiermark angeboten wird, für deren Erwerb der Kauf einer ÖBB-Vorteilskarte nicht notwendig ist.
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