Ärzte der Welt und PRO ASYL fordern: Schluss mit der Diskriminierung von Schutzsuchenden bei der Gesundheitsversorgung!
Die systematische Verletzung des Rechts geflüchteter Menschen auf Gesundheitsversorgung zu beenden: Das fordern Ärzte der Welt und PRO ASYL zum Weltgesundheitstag am 7. April. Die Organisationen rufen die Bundes- und Landesregierungen dazu auf, das Asylbewerberleistungsgesetz mit seinen diskriminierenden Leistungseinschränkungen abzuschaffen. Zudem appellieren sie an die Politik, dafür zu sorgen, dass Geflüchtete frühestmöglich in Wohnungen leben können. Denn in den Aufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften herrschen krankmachende Lebensbedingungen.
„Deutschland verletzt gegenüber asylsuchenden Menschen die völkerrechtlich verbindliche Pflicht, das Recht auf Gesundheit zu verwirklichen“, kritisiert die Leiterin Advocacy bei Ärzte der Welt Johanna Offe.
Die Bundesrepublik hat sich im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) dazu verpflichtet, das Recht auf das höchste erreichbare Maß an körperlicher und geistiger Gesundheit für alle Menschen in Deutschland zu gewährleisten. Das bedeutet, für einen diskriminierungsfreien Zugang zu medizinischer Versorgung und möglichst gesunde Lebensbedingungen zu sorgen – auch für Asylsuchende. So ist es in den Allgemeinen Bemerkungen zum Recht auf Gesundheit des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte explizit festgehalten.
Das Asylbewerberleistungsgesetz legt jedoch fest, dass Schutzsuchende in den ersten 18 Monaten nur Anspruch auf die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände, Leistungen rund um Schwangerschaft und Geburt sowie Impfungen haben. Alle anderen Behandlungen – zum Beispiel chronischer Erkrankungen sowie Psychotherapien – müssen in oft komplizierten und langwierigen Verfahren beantragt werden.
„Das Asylbewerberleistungsgesetz behindert seit Jahren die medizinische Versorgung von Geflüchteten. Aber die Menschenwürde kennt nicht zweierlei Maß, das diskriminierende Gesetz gehört endlich abgeschafft“, fordert PRO ASYL-Referentin Andrea Kothen.
Besonders in Sammelunterkünften kommen zusätzliche Faktoren hinzu, die es Menschen erschweren, ärztliche Versorgung in Anspruch zu nehmen – darunter der Zugang zu ärztlichem Fachpersonal, Sprachbarrieren und ein Mangel an Informationen. In solchen Unterkünften sind Ärzte der Welt und PRO ASYL Zeugen von für die körperliche und psychische Gesundheit schädlichen Lebensbedingungen geworden. Dazu gehören fehlender Schutz vor Gewalt, mangelhafte hygienische Bedingungen, kaum Privatsphäre und schlechtes Essen. Auch fehlende Möglichkeiten zu arbeiten sowie den eigenen Alltag selbstbestimmt zu gestalten, belasten viele Menschen massiv. Das führt dazu, dass sie psychisch krank werden oder bereits vorhandene Leiden sich verschlimmern.
Dabei können die pragmatischen Regelungen bei der freien Wohnortwahl, die sich für ukrainische Geflüchtete bewährt haben, auf alle Geflüchtete ausgeweitet werden. Jede Person, die eine Wohnmöglichkeit außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte und Erstaufnahmeeinrichtungen hat, sollte diese in Anspruch nehmen können, ohne dass bürokratische Hürden wie Wohnsitzauflagen oder die Wohnpflicht dies verhindern.
Ärzte der Welt und PRO ASYL fordern daher:
- das Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen und Geflüchtete in das reguläre Sozialleistungssystem einzugliedern sowie in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung abzusichern
- menschenrechtskonforme Unterbringungsstandards zu sichern und dafür zu sorgen, dass geflüchtete Menschen so früh wie möglich in Wohnungen leben können
- die Kosten für Sprachmittlung zu übernehmen und Anti-Diskriminierungsmaßnahmen zu treffen, um Zugangsbarrieren im Gesundheitswesen abzubauen
Weitere Informationen
Weitere Informationen zur mangelnden Gesundheitsversorgung von Geflüchteten finden Sie hier (heute ab 10 Uhr) und hier.
Aktuell fordern über 130 Organisationen die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Weitere Anregungen zu einer besseren Unterbringungspolitik finden Sie hier.
Quelle: Pro Asyl