Harry Belafonte 1927–2023
Mit Harry Belafonte starb am vergangenen Dienstag ein bedeutender Musiker und Schauspieler – doch er war auch ein entschiedener Kämpfer gegen Imperialismus und Kapitalismus, ein Befürworter des Sozialismus.
Harold George Bellanfanti Jr., wie er eigentlich hieß, wurde am 1. März 1927 in New York geboren. Seine Eltern stammten aus Jamaika, wohin man auch vorübergehend zurückzog, doch im Wesentlichen wuchs Harry im afroamerikanischen Ghetto Harlem im Norden Manhattans auf. Trotz schwieriger Voraussetzungen schaffte er den High-School-Abschluss und diente anschließend in der US Navy im Zweiten Weltkrieg.
Erst danach kam er mit dem Theater in Kontakt, für das er sich rasch begeistern konnte. Sein Vorbild und späterer Mentor wurde der große Paul Robeson, ein Freund aus jener Zeit war Sidney Poitier. Ende der 1940er Jahre besuchte er die New Yorker Schauspielschule von Erwin Piscator, was er mit Nebenjobs finanzieren musste. Zu seinen Kommilitonen zählten Marlon Brando und Tony Curtis.
Belafonte spielte Theater und erhielt erste Filmrollen, auch trat er bereits als Sänger auf. Der schließliche Durchbruch gelang ihm 1954: Otto Preminger besetzte ihn in seiner „Carmen“-Adaption, danach folgten Rollen in prominenten Produktionen, darunter Filme seines Freundes Poitier, aber wahrlich nicht zuletzt in jenen Robert Altmans. Seinen letzten Auftritt auf der großen Leinwand hatte er 2018 in Spike Lees „BlacKkKlansman“.
Eine vermutlich sogar größere Bekanntheit erlangte Belafonte als Sänger. Vom Folk kommend, wurde er um die Mitte der 1950er Jahre zum berühmtesten Interpreten des karibischen Calypsos. Aus dieser Zeit stammen Welthits wie der „Banana Boat“-Song oder „Island in the Sun“. Belafonte arbeitete mit internationalen Größen zusammen, darunter Miriam Makeba, Nana Mouskouri oder Bob Dylan. Die Zahl seiner TV-Auftritte ist kaum zu beziffern.
So viel ist weitgehend bekannt. In einigen Medien wurde im Zuge der nunmehrigen Nachrufe auch auf Belafontes Einsatz für Menschen- und Bürgerrechte hingewiesen. Natürlich gehörte er immer zu den Proponenten der Kämpfe gegen Rassismus und Krieg, er unterstützte Martin Luther King ebenso wie Nelson Mandela und den Widerstand gegen die Apartheid. Auch humanitäre Projekte, einige im Rahmen der UNO, zählten zu den großen Anliegen Belafontes.
Doch Harry Belafonte war mehr als nur ein „Bürgerrechtler“ oder „Menschenrechtsaktivist“. Er wusste, dass Kolonialismus, Rassismus, die Folgen der Sklaverei, Kriege, die Hungerkatastrophen in Afrika oder nicht zuletzt Armut in den USA keine zufälligen Erscheinungen, sondern Ergebnisse des Kapitalismus und Imperialismus waren. Gemeinsam mit und in der Nachfolge von Paul Robeson, des prominentesten kommunistischen afroamerikanischen Künstlers, setzte er sich für gewerkschaftliche und sozialistische Organisierungen ein, für den Antiimperialismus und gegen den Antikommunismus. Und auch eine Verbindung zu Österreich gibt es in dieser Hinsicht: Als der österreichische Kommunist Otto Langer während der McCarthy-Ära in den USA für die gewerkschaftliche Organisierung der Filmbranche kämpfte, fand er Belafontes politische und künstlerische Unterstützung – u.a. durch einen eigenen „Otto Langer-Calypso“.
Belafonte hatte richtig erkannt, was es brauchte – nämlich eine Revolution gegen das herrschende System. Und so gehörte er auch immer zu den Unterstützern Fidel Castros, den er aufrichtig bewunderte, und des Sozialismus in Kuba: Nur unter diesen Bedingungen könne sich die menschliche Kultur frei und umfassend entfalten. Später wandte er sich auch Hugo Chávez zu. Belafonte hätte sich, anders als Robeson, wohl nicht explizit als Kommunist bezeichnet – aber faktisch war er ein besserer Kommunist als manche, die sich heute so titulieren.
Nun ist Harry Belafonte am 25. April 2023 im Alter von 96 Jahren gestorben. Er war ein großer Künstler, der es aus dem Ghetto von Harlem zu Weltruhm brachte. Doch er wusste immer, woher er kommt und wer seine Brüder und Schwestern, ja seine Genossinnen und Genossen sind. Dass man Belafonte getrost als einen antikapitalistischen und antiimperialistischen Befürworter des Sozialismus bezeichnen kann, kommt den Nachrufschreibern der bürgerlichen Presse freilich kaum über die Lippen, geschweige denn über die Tastatur.
Quelle: Zeitung der Arbeit