90 Jahre „Moorsoldaten“
Das Lied der „Moorsoldaten“ gehört zu den bekanntesten Musiknummern, die in deutsch-faschistischen Konzentrationslagern entstanden. Es entstand vor 90 Jahren.
Am 27. August 1933 fand im deutsch-faschistischen Konzentrationslager Börgermoor bei Papenburg im niedersächsischen Emsland eine Unterhaltungsrevue der Lagerinsassen statt – der „Zirkus Konzentrazioni“. Es gab verschiedene Darbietungen, auch die SS-Wachmannschaft war im Publikum anwesend. Eine der Nummern sollte weltberühmt werden, nämlich das Lied „Die Moorsoldaten“.
Im Vorfeld hatten der Bergmann und Gewerkschafter Johann Esser (1886–1971) und der Schauspieler, Regisseur und spätere Leiter des Deutschen Theaters Wolfgang Langhoff (1901–1966) den Text verfasst, das KPD- und RGO-Mitglied Rudi Goguel (1908–1976), eigentlich ein kaufmännischer Angestellter, hatte die Melodie komponiert. Goguel erinnerte sich später an den Auftritt folgendermaßen:
„Die sechzehn Sänger, vorwiegend Mitglieder des Solinger Arbeitergesangsvereins, marschierten in ihren grünen Polizeiuniformen (unsere damalige Häftlingskleidung) mit geschulterten Spaten in die Arena, ich selbst an der Spitze in blauem Trainingsanzug mit einem abgebrochenen Spatenstiel als Taktstock. Wir sangen, und bereits bei der zweiten Strophe begannen die fast 1.000 Gefangenen den Refrain mitzusummen. […] Von Strophe zu Strophe steigerte sich der Refrain, und bei der letzten Strophe sangen auch die SS-Leute, die mit ihren Kommandanten erschienen waren, einträchtig mit uns mit, offenbar, weil sie sich selbst als ‚Moorsoldaten‘ angesprochen fühlten. […] Bei den Worten ‚Dann ziehn die Moorsoldaten nicht mehr mit den Spaten ins Moor‘ stießen die sechzehn Sänger die Spaten in den Sand und marschierten aus der Arena, die Spaten zurücklassend, die nun, in der Moorerde steckend, als Grabkreuze wirkten.“
Das Lied hinterließ Eindruck und brachte die Trostlosigkeit im Börgermoorlager, in dem vornehmlich politische Häftlinge mit einfachen Werkzeugen das Moor kultivieren mussten, auf den Punkt – und der kämpferische Schluss markierte den Ruf nach Freiheit. Die Lagerleitung sah sich veranlasst, das Lied zwei Tage nach der Uraufführung zu verbieten. Ironischer Weise war es jedoch das SS-Wachpersonal, das von den Häftlingen auf dem Weg zur Arbeit immer wieder verlangte, „Die Moorsoldaten“ zu singen. Doch nicht nur deswegen wurde das Lied weithin bekannt und zu einem internationalen Symbol des Antifaschismus. Im September 1933 wurde der Text hinausgeschmuggelt, aber auch verlegte oder entlassende Häftlinge aus dem KZ Börgermoor verbreiteten das Lied.
1935 wurde es Hanns Eisler bekannt, der die Melodie für Ernst Busch ein wenig überarbeitete. Busch hatte es bereits im Spanischen Bürgerkrieg bei den Internationalen Brigaden in seinem Repertoire, was die Verbreitung weit über den deutschen Sprachraum hinaus forcierte: Es entstanden Versionen in anderen Sprachen, darunter in Englisch („Peat Bog Soldiers“), Französisch („Chant des Marais“) und Spanisch („Los soldados del pantano“). Uns so gehören zu den bekannten Interpreten der „Moorsoldaten“ nicht nur Busch oder Hannes Wader, sondern auch Paul Robeson, Pete Seeger und „The Dubliners“. Sogar die „Toten Hosen“ nahmen ihre eigene Version auf.
Und 1999 fand sich das Lied natürlich auch auf Chris Peterkas Album „Weil der Mensch ein Mensch ist… – Rote Lieder 1“ – man kann seine Version auf Chris Peterkas YouTube-Kanal anhören.
Die Moorsoldaten
Wohin auch das Auge blicket
Moor und Heide nur ringsum
Vogelsang uns nicht erquicket
Eichen stehen kahl und krumm
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor
Hier in dieser öden Heide
Ist das Lager aufgebaut
Wo wir fern von jeder Freude
Hinter Stacheldraht verstaut
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor
Morgens ziehen die Kolonnen
Durch das Moor zur Arbeit hin
Graben bei dem Brand der Sonne
Doch zur Heimat steht der Sinn
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor
Auf und nieder geh’n die Posten
Keiner, keiner kann hindurch
Flucht wird nur das Leben kosten
Vierfach ist umzäunt die Burg
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor
Doch für uns gibt es kein Klagen
Ewig kann nicht Winter sein!
Einmal werden froh wir sagen
Heimat du bist wieder mein!
Dann zieh’n die Moorsoldaten
Nicht mehr mit dem Spaten
Ins Moor
Dann zieh’n die Moorsoldaten
Nicht mehr mit dem Spaten
Ins Moor
Quelle: Zeitung der Arbeit