Wahlprogramm richtig lesen
Der Kommunismus ist »das Einfache, was schwer zu machen ist«, schrieb einst Bertold Brecht. Und er schrieb auch: »Du bist kein Dummkopf, Du kannst ihn begreifen«. Der Augsburger sollte öfter gelesen werden, denn die Lektüre des kommunistischen Dichters und Dramatikers regt so herrlich zum Denken an. Denn es gibt zuweilen recht einfache Wahrheiten, die man nur erkennen muß, will man unsere Welt begreifen, und erst recht, wenn man sie verändern oder zumindest verbessern will.
Da ist zum Beispiel die Tatsache, daß es zu den Grundgesetzen der kapitalistischen Gesellschaft gehört, daß ein Kapitalist niemals etwas unternimmt, wenn er sich davon nicht einen Profit versprechen kann. Nach diesem Prinzip, nicht etwa nach den Bedürfnissen der Menschen, ist die heutige Gesellschaft in unserem Land – und nicht nur in diesem – aufgebaut, nach ihm funktioniert der Staat mitsamt der Politik, der Wirtschaft und der Juristerei. Ermöglicht wird das durch die Besitzverhältnisse: Es gibt die Wenigen, die viel besitzen, und die Vielen, die mit ihrer Arbeit dafür sorgen, daß die Wenigen immer mehr Reichtum anhäufen können.
Die Kommunisten sind dafür angetreten, das zu ändern. Die Kommunisten treten aber zum Beispiel bei der vor uns liegenden Chamberwahl auch dafür an, innerhalb der bestehenden Gesellschaft für ein besseres Leben der Vielen zu sorgen. Nachzulesen ist das im Wahlprogramm der KPL, das am Freitag der Presse vorgelegt und erläutert wurde. Gewisse Scheuklappen sorgen allerdings dafür, daß die Erläuterungen entweder nicht ankommen, oder auch dafür, daß sie nicht gern weitervermittelt werden.
Von der schwindenden Kaufkraft über die grassierende Wohnungsnot, die Leiden der Umwelt und des Klimas, die wachsende Armut, das kranke Gesundheitssystem, die Lücken im Bildungswesen und Probleme beim öffentlichen Verkehr – die Kommunisten bieten Lösungen an. Wer sie liest, wird erkennen, daß es um viele Verbesserungen geht, die sogar ohne die Vergesellschaftung von Großbetrieben, Banken und größeren Unternehmen umsetzbar sind.
Die übliche Frage nach der Finanzierung wird von der KPL an mehreren Stellen beantwortet. Da wäre zunächst die Steuergerechtigkeit, denn anders als noch vor Jahren tragen die Lohnabhängigen und sogar die Rentner einen größeren Anteil am Steueraufkommen des Staates als die Unternehmen. Das ließe sich ändern, schon mit der eigentlich von den Regierenden vor Jahren versprochenen Steuerreform. Aber auch zum Beispiel dadurch, daß sogenannte Investitionsfonds hierzulande statt nur 0,01 Prozent auch ruhig 0,02 oder 0,03 Prozent Steuern zahlen könnten. Sie würden nicht verarmen, aber der Staat wäre so gut wie alle finanziellen Sorgen los.
Ein staatlicher Beteiligungsfonds, in dem die Erlöse des staatlichen Eigentums und aus den Beteiligungen des Staates gebündelt und gezielt eingesetzt werden, könnte eine Menge Probleme lösen halfen, vor allem beim Wohnungsbau, dem man auch dadurch auf die Sprünge helfen könnte, daß Leerstand und ungenutztes Bauland ordentlich besteuert würden. Nicht zu reden von den ungeheuren Summen aus unseren Steuermitteln, die für das Luxemburger Militär und für das Anheizen des Krieges in der Ukraine verpulvert werden – und die zudem auch noch äußerst schädlich für Umwelt und Klima sind.
All das und noch mehr steht im Wahlprogramm der Kommunisten – man sollte es einfach richtig lesen, und zuvor die Scheuklappen abnehmen und uralte Vorurteile entsorgen.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek