15. November 2024

Europäischer Pakt für Solidarität

Übernommen von: DIE LINKE.

Für soziale Sicherheit und Zukunftsinvestitionen

Die kommenden Europawahlen werden eine Schicksalswahl für die EU. Die Frage ist: Rutscht unser Europa weiter in Krise und Zerfall, während weltweit Kriege und Konflikte eskalieren, auch im Innern die extreme Rechte wächst und die globale Klimakatastrophe voranschreitet? Oder gelingt es eine Kehrtwende einzuleiten, die gesellschaftlichen Zusammenhalt und Frieden, Demokratie und Klima schützt?

Klar ist: Die Möglichkeiten dazu sind da. Noch nie gab es so viel Reichtum, die Vermögen und Gewinne von Reichen und Konzernen gehen durch die Decke. Klar ist aber auch: Keine »Trollfabrik« hat so viel zur Destabilisierung von Demokratie und Zusammenhalt in Europa beigetragen wie die jahrelange Kürzungspolitik. Dagegen braucht es jetzt einen sozialen Politikwechsel, der Schluss macht mit der Kürzungspolitik von EU-Kommission und Ampel-Regierung. Der in ernst zunehmenden Maßstab Reichtum von den Wenigen zur Allgemeinheit umverteilt und die als »Schuldenbremse« verharmloste Zukunftsbremse löst. Das legt endlich ein stabiles Fundament für eine demokratische und soziale EU, die sich strategisch unabhängig von der Blockkonfrontation und gefährlichem Rüstungswettlauf macht und weltweit für Deeskalation, Sicherheit und Entwicklung eintritt.

Dafür braucht es jetzt die Bereitschaft, sich mit Konzernen und Lobbyisten anzulegen und massiv in Soziale Sicherheit und die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft zu investieren. Wenn Superreiche immer reicher und Arme immer ärmer werden, muss etwas geändert werden. Der soziale Frieden steht längst auf dem Spiel. Wer ein stabiles Europa will, muss den Reichen ihren Luxus nehmen, den Markt regeln und Armut aktiv bekämpfen. Nur dann schaffen wir Verlässlichkeit im nötigen Umbau, nur dann gewinnen wir eine gute Zukunft.

Es ist Zeit, etwas zu wagen. Es ist Zeit, einen sozialen Politikwechsel zu beginnen. Gegen die perspektivlose Krisenverwaltung von Konservativen und Ampelparteien und die reaktionäre Hetze der extremen Rechten setzen wir daher einen Europäischen Pakt für Solidarität. Der Markt regelt es nicht, also müssen wir den Markt regeln.

Forderungen:

1. In den Umbau investieren! Die EU muss mithilfe der EZB eine historische Investitionsoffensive starten, die Europa zukunftsfähig macht, den Alltag für die Menschen in strukturschwachen und benachteiligten Regionen verbessert, den notwendigen Umbau der Industrie schafft und unsere Kommunen stärkt. Bisher sind die Investitionsprogramme der EU vor allem darauf ausgerichtet, die Wettbewerbsfähigkeit von Konzernen zu erhöhen und ihre Gewinne zu maximieren. Die Industriehilfen der EU sind nicht an arbeitsrechtliche und soziale Kriterien geknüpft – das ist sogar in den USA anders. Aber gute Arbeitsplätze der Zukunft und Klimaschutz können in Europa Hand in Hand gehen. Durch eine Änderung von Wettbewerbs- und Beihilferegelungen für die gezielte Förderung von Firmen, die soziale und ökologische Kriterien miteinander verbinden. Für mehr und verlässlichen Bus- und Schienenverkehr, ticketfreien ÖPNV,  soziale Klimaanpassungsmaßnahmen und eine europäische Bildungs- und Qualifizierungsinitiative. Durch mehr öffentliche Kontrolle mittels einer europäischen Industriestiftung, die – finanziert durch die Europäische Investitionsbank – gezielt Anteile an Unternehmen erwirbt, die eine Schlüsselrolle im klimaneutralen Umbau einnehmen.

2. Mehr Gleichheit wagen: Umsteuern! Allein Deutschland verliert jedes Jahr 60 Mrd. Euro an Steuereinnahmen, weil Konzerne und Reiche ihr Geld in dubiose Steueroasen verschiffen. Geld, das dringend gebraucht wird und das wir einfordern müssen. Steueroasen müssen  in ganz Europa geschlossen werden. Multinationale Unternehmen sollen mit einer Mindeststeuer von 25 % endlich anständig besteuert werden. Für große Erbschaften und hohe Vermögen gilt das ebenso. Die EU muss endlich privaten Reichtum zu öffentlichem Vermögen machen: Obszöne Vermögen und Übergewinne müssen abgeschöpft werden und stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Konzerne müssen mittels einer Quellensteuer stärker am Ort ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten und der Umsätze besteuert werden. Gesundheit, Energie, Bildung, Wohnraum und gesunde Ernährung müssen für alle Menschen gesichert sein. Statt immer die einfachen Leute von der Straße, müssen endlich die großen Verursacher und Profiteure, also multinationale Konzerne und Vermögende zu Bewältigung der Krisen beitragen.

3. Lebensmittel müssen wieder bezahlbar werden! Die Lebensmittel in der EU haben sich um durchschnittlich 34 % verteuert, seit Ursula von der Leyen Kommissionspräsidentin geworden ist. Dahinter steht größtenteils eine Gewinn-Preis-Spirale, verursacht durch hemmungslose Spekulation auf den Lebensmittelmärkten und die Preistreiberei der großen Lebensmittel- und Handels-Konzerne. Die Löhne und Einkommen der meisten Menschen sind nicht annähernd so gestiegen. Das Einkommen der Vielen ist zur Dividende der Wenigen geworden. Wir fordern dagegen ein Verbot von Spekulationen mit Nahrungsmitteln und die Zerschlagung der monopolistischen Nahrungsmittelkonzerne. Ein Preisdeckel für Grundnahrungsmitteln kann von einer Expertenkommission festgelegt und auf die dominanten Supermarktketten begrenzt werde. Die großen Nahrungsmittelkonzerne sollten höher besteuert und kleine Betriebe entsprechend subventioniert werden.

4. Gesundheit vor Profite! Gerade die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass wir in der EU grenzüberschreitende Regelungen im Gesundheitsbereich benötigen und uns unabhängig von Pharma- und Krankenhauskonzernen und ihren Lieferketten machen müssen. Das beinhaltet eine Abkehr von der unsinnigen und inzwischen oft lebensgefährlichen Privatisierung und Profitorientierung von Krankenhäusern, die die EU-Kommission den Mitgliedstaaten in der EU immer wieder abverlangt. Diese Einmischung in die öffentliche Daseinsvorsorge muss ein Ende haben. Krankenhäuser und Pflegeheime gehören zurück in die öffentliche Hand. Non-Profit-Gesundheitsversorgung muss von der EU gefördert werden. Höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal in Pflege und Gesundheit sind schon lange überfällig. Aus Gründen der Gerechtigkeit – und damit sich überhaupt noch jemand um uns kümmert, wenn wir krank werden oder pflegebedürftig sind.

5. Ein Zuhause für alle!  Die EU spielt eine unrühmliche Rolle bei der Wohnungspolitik in den Mitgliedsstaaten. Statt Mietern zu helfen, begünstigt der Binnenmarkt Privatisierungen und Mietenexplosion. Die öffentliche Kontrolle über den Wohnungsmarkt muss wiedererlangt werden. Wir wollen die Kommunen finanziell dabei unterstützen, Wohnraum zu erwerben und gemeinnützig zu bewirtschaften. Hierfür wollen wir einen europäischen Kommunalisierungsfonds schaffen. Zudem braucht es deutlich mehr sozialen Wohnungsbau, damit Wohnen wieder bezahlbar wird. Das Recht auf bezahlbaren Wohnraum sollte Bestandteil der EU-Verträge werden, wir fordern ein EU-weites Verbot von Zwangsräumungen. Wohnraum darf nicht weiter der Spekulation zugeführt werden. Wir wollen Immobilienfonds und -konzernen den Boden entziehen. Deswegen wollen wir den Konzernen ihre Geschäftsgrundlage, Fonds ihre Börsenzulassung nehmen. Steuervorteile für Immobilieninvestor*innen und -unternehmen, wie zum Beispiel Share Deals, müssen flächendeckend abgeschafft werden. So verliert niemand mehr sein Zuhause.

6. Energiearmut überwinden!   Im letzten Jahr waren über 41 Millionen Europäer:innen von Energiearmut betroffen. Die EU muss mit einer Reform des Strommarktes das Merit-Order-Prinzip abschaffen, dauerhaft Strom- und Gassperren verbieten und erneuerbare Energie fördern. Für den durchschnittlichen Verbrauch von elektrischem Strom und Heizenergie wollen wir preisgünstige Sockeltarife schaffen. Die Strompreise müssen stärker überwacht, kontrolliert und sozial gerechter gestaltet werden. Es braucht zudem mehr Geld für den Klimasozialfonds. In Deutschland fordern wir einen Energie-Soli für Reiche zur Finanzierung sozial gerechter Preise und ein Klimageld als monatliche Direktzahlung zur Unterstützung für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen. Energie ist kein Luxus oder eine Ware, die Profite einbringen und wettbewerbsfähig sein muss. Energie muss öffentliches Gut sein, das öffentlich kontrolliert und für alle unabhängig vom Einkommen verfügbar ist und klimagerecht produziert wird.

7. Menschenrechte verteidigen! Wir lassen uns nicht spalten. Europa erlebt keine Flüchtlings-, sondern vor allem eine Gerechtigkeitskrise.  Menschenrechte müssen überall und auch an den EU-Außengrenzen gelten. Wenn alle anderen nach rechts gehen, beziehen wir klar Position für universelles Menschenrecht und das individuelle Recht auf Asyl. Wir lassen nicht zu, dass aus wahlkampftaktischen Gründen die Menschlichkeit geopfert wird. Die EU muss Menschen auf der Flucht sicheren Schutz bieten, keine Deals mit Diktator*innen machen und verhindern, dass Zehntausende im Mittelmeer ertrinken. Wir wollen Fluchtursachen bekämpfen – nicht Geflüchtete. Es braucht eine europäische Fluchtumlage und einen EU-Fonds für Willkommens-Kommunen, der aufnahmebereiten Kommunen und solidarischen Städten hilft. Kommunen können damit Mittel für die Integration beantragen. Diese Investitionsmittel können von ihnen allgemein für die öffentliche Daseinsvorsorge genutzt werden – so gewinnt Solidarität.

Quelle: DIE LINKE.

Die Linke