Von »neuen Impulsen« und harten Zeiten
In seiner Regierungserklärung kündigte Premierminister Luc Frieden an, die Koalition von CSV und DP wolle »neue Impulse« geben. Wichtig ist natürlich zu wissen, in welche Richtung diese Impulse gehen werden, denn davon hängt weitgehend ab, wie sich die Wirtschaft entwickeln wird, ob und in welchem Maße die Kaufkraft gestärkt oder geschwächt, die Steuerbelastung größer oder kleiner und die Wohnungsnot wachsen oder zurückgehen wird.
Dass zu vielen wichtigen Themenbereichen konkrete Vorgaben fehlen – auch im Bereich der »notwendigen ökologischen und digitalen Transition« – erklärte der Premierminister damit, dass das Regierungsprogramm dazu da sei, eine Perspektive für die nächsten Jahre zu bieten, lässt aber den Verdacht aufkommen, dass man bestimmte neoliberale Rezepte nicht gleich an die große Glocke hängen will.
Wohl wurde erkannt, dass die Wirtschaftslage nicht besonders rosig ist, aber die eigentlichen Gründe dafür werden nicht genannt. Wer aber die Ursachen für die schwierige Wirtschaftslage nicht erkennt oder nicht erkennen oder öffentlich nennen will, wird es schwer haben, gegenzusteuern und seine Entscheidungen zu rechtfertigen.
Da fällt auf, dass die antirussischen Sanktionen der USA und der EU mit keinem Wort erwähnt werden, obwohl sie eine der Hauptgründe für die schwierige wirtschaftliche und energiepolitischen Lage in Luxemburg und in unseren Nachbarländern sind, und sich auch für die weitere Zukunft negativ auf die Betriebe, die Haushalte und alle anderen gesellschaftlichen Bereiche auswirken werden.
Eine zusätzliche Belastung in Zusammenhang mit der antirussischen Konfrontationspolitik ist die Entscheidung, die Rüstungsausgaben weiter zu steigern – mittelfristig sogar bis auf 2 Prozent des Bruttonationalprodukts! Das Geld wird natürlich im Bildungs-, Sozial- und Wohnungsbereich fehlen.
Gerade im Wohnungsbereich sind über lange Zeit umfangreiche Investitionen erfordert, aber konkrete Aussagen dazu gab es keine, und mit vereinfachten Prozeduren und Steuerermäßigungen für »Investoren« wird die angekündigte »Wohnungsbauoffensive« kaum Erfolg haben. Die 50.000 bezahlbaren Mietwohnungen, die eigentlich während der nächsten zehn Jahre gebaut werden müssten, kommen im Regierungsprogramm erst gar nicht vor. Die Tausenden zusätzlichen Bauarbeiter, die notwendig sein werden, wenn im Jahr bis zu 5.000 Wohnungen gebaut werden sollen, auch nicht. Dabei sollte man wissen, dass Bauarbeiter bereits heute Mangelware sind.
Das »Leben in Wohlstand«, von dem der Premierminister sprach, ist offensichtlich nicht mehr als ein Schlagwort, denn es fällt auf, dass weder die Abschaffung der Wohnungsnot, die immer größer wird, noch die Beseitigung der Armut, die kontinuierlich zunimmt, zu den Zielen dieser Regierung gehört. Selbst die Behauptung, man wolle den Index in seiner aktuellen Form beibehalten, klingt hohl, wenn man weiß, dass bei dem erstbesten wirtschaftlichen Einbruch die nächste Manipulation und neue Index-Geschenke an das Kapital fällig sein werden.
Vieles deutet zudem darauf hin, dass sich die Regierung auch im Arbeitsrecht wie der Elefant im Porzellanladen verhalten will. Dazu passt, dass die Kapitalsteuern in Etappen weiter gesenkt, alle möglichen Subventionen für das Kapital geschaffen oder erhöht werden sollen, und im Interesse der Reichen und Bessergestellten weder eine Vermögenssteuer noch eine Erbschaftssteuer in direkter Linie eingeführt wird.
Es sind harte Zeiten, die auf die Schaffenden zukommen. Die Lohnabhängigen und ihre gewerkschaftlichen und politischen Organisationen werden eine Antwort darauf finden müssen.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek