21. Dezember 2024

Vonovia-Horror in Berlin

Im Spätherbst gehen in der Regel die Heiz- und Betriebskostenabrechnungen für das Vorjahr an die Mieter raus. Hat man 2022 beispielsweise mehr Heizenergie verbraucht als durch die vereinbarten monatlichen Abschlagszahlungen gedeckt, kommt es zu Nachzahlungsforderungen der Vermieter. Für zahlreiche Mieter des Wohnungskonzerns Vonovia, die in den Westberliner Bezirken Tempelhof und Schöneberg leben, beinhaltete das diesjährige Schreiben Nachforderungen von mehreren hundert, in einigen Fällen mehreren tausend Euro. Eine 90-jährige Rentnerin soll sogar 6.000 Euro Heizkosten nachzahlen.

Vonovia ist bundesweit die größte private Immobilien AG. Ihr gehören allein in Berlin rund 140.000 Wohnungen. Die Geldschneiderei des Konzerns hat besonders krasse Züge angenommen und wird verstärkt bei den Nebenkosten betrieben. Mittlerweile werden fast alle Dienstleistungen rund ums Wohnen durch Unterfirmen der Vonovia ausgeführt, die Rechnungen für angeblich oder tatsächlich erbrachte Leistungen wie zum Beispiel Grünanlagenpflege oder Sperrmüllbeseitigung stellt sich der Konzern also selbst aus. Das öffnet ganz neue Spielräume, denn kontrollieren lassen sich diese selbst ausgestellten Abrechnungen kaum noch. In den meisten Fällen zahlt der einzelne Mieter zähneknirschend, denn wer möchte sich angesichts der Wohnungsknappheit schon mit seinem Vermieter streiten und schlimmstenfalls den Wohnungsverlust riskieren?

Bei den Heizkosten sieht das nicht anders aus. Nur dass hier die Energiekosten – noch unabhängig von allen Begehrlichkeiten der Immobilien-Heuschrecken – zusätzlich gestiegen sind. Dafür verantwortlich ist in erster Linie die Bundesregierung mit ihrer Politik der Abkopplung von günstigen russischen Energielieferungen sowie der als „grüne Energiewende“ beschönigten US-hörigen Wirtschaftspolitik. Die undurchsichtigen oder falschen Kostenabrechnungen der Vermieter kommen noch dazu. Es ist der Versuch, noch mehr Profit auf Kosten der Mieter einzusacken.

Doch die Nachforderungen für das Jahr 2022 sind so hoch, dass viele Mieter nicht mehr in der Lage sind, diese zu zahlen. Weil die Energiekosten dank der Bundespolitik drastisch weiter steigen ist klar, dass sich derartige Fälle in Zukunft häufen werden. Es bleibt kein anderes Mittel als die gemeinsame Gegenwehr.

Wie in vielen anderen Städten haben sich nun auch in Berlin Mieter in einer gemeinsamen Initiative zusammengeschlossen. Inspiriert und unterstützt werden sie dabei von langjährigen Aktivisten wie Knut Unger aus dem Ruhrgebiet. Dort demonstrierten Vonovia-Mieter nicht nur vor der Zentrale des Unternehmens in Bochum, sondern sie fochten gemeinsam die Heiz- und Betriebskostenabrechnungen an. Mieter haben nämlich bei Nachforderungen so lange ein Zurückbehaltungsrecht, bis das Unternehmen alle zugrundeliegenden Abrechnungen und Verträge zur Einsichtnahme vorgelegt hat. Denn Mieter müssen das Zustandekommen der Kosten lückenlos nachvollziehen können. Werden die nötigen Belege und Abrechnungen nicht vorgelegt, dann verjähren solche Nachforderungen nach drei Jahren.

Dazu ist die Vonovia in vielen Fällen gar nicht in der Lage. Unger berichtet, dass die Vonovia deshalb ihre Forderungen nach Heizkosten-Nachzahlungen in Bottrop-Wellheim für das gesamte Stadtviertel zurücknehmen musste. Nun machen auch die Mieter aus Tempelhof-Schöneberg von ihrem Zurückhaltungsrecht Gebrauch. Sie haben je nach Heizkostenverteilern Prüfgemeinschaften gebildet, um der Sache auf die Spur zu kommen. Die entsprechenden Einzelbelege sind angefordert.

Die Betroffenen an Spree und Ruhr sind nicht allein. Unter der Kampagne „voNO!via“ haben sich weitere Vonovia-Mieter organisiert und wagen den gemeinsamen Kampf gegen überzogene Nachforderungen. Ein Zusammenschluss und die Ausweitung der Aktionen sind bitter nötig, denn die Teuerung vor allem bei den Energiekosten schreitet weiter voran. Und bei der nächsten Heizkostenabrechnung werden bei weitem nicht nur die Mieter der Vonovia von horrenden Nachforderungen betroffen sein. Der Kampf um Heizung, Brot und Frieden wird allen zur Miete Wohnenden aufgezwungen.

Quelle: Unsere Zeit

BerlinUZ - Unsere Zeit