Bunter Protest gegen Polizeigewerkschaft
Am Montag jährt sich das Referendum über eine Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien zum ersten Mal. Die Bilder von dieser Volksabstimmung, die vom Zentralstaat verboten worden war, gingen um die Welt. Es waren nicht nur die Bilder von Menschen, die Wahllokale besetzten und bewachten, um möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zur Teilnahme zu eröffnen. Für Entsetzen sorgten vor allem die Aufnahmen von Beamten der spanischen Nationalpolizei und der paramilitärischen Guardia Civil, die gewaltsam in Wahllokale eindrangen, auf wählende Bürger einschlugen und Wahlurnen beschlagnahmten.
Eine Vielzahl nationaler und internationaler Organisationen kritisierte anschließend das Vorgehen des spanischen Zentralstaats und seiner Polizei als Verstoß gegen demokratische Grundrechte. Dieses Bild wollen die Polizei und die diversen Standesorganisationen der Einsatzkräfte – die sich als Gewerkschaften bezeichnen – unbedingt korrigieren. Für Samstag hatte eine dieser Organisationen deshalb zu einer »Mahnwache« auf der Plaça Sant Jaume, dem Platz zwischen dem Rathaus von Barcelona und dem Sitz der Generalitat de Catalunya, aufgerufen. Man wollte gegen die angebliche Gewalt der Unabhängigkeitsbewegung demonstrieren, die sich am 1. Oktober 2017 gegen die Einsatzkräfte gerichtet habe.
Die Unabhängigkeitsbewegung musste das als Provokation auffassen. Bereits im Morgengrauen versammelten sich Hunderte Gegner der Polizeikundgebung auf dem Platz in der Altstadt und blockierten ihn so erfolgreich. Auch auf der Via Laeitana standen sich Demonstranten und Beamte der Regionalpolizei Mossos d‘Esquadra gegenüber. Die Polizeigewerkschaften mussten ihre Kundgebung auf die Plaça Catalunya am oberen Ende des Boulevards Les Rambles verlagern. Deshalb bewegten sich Zehntausende Menschen schließlich durch die kleinen Altstadtgassen und über die bei Touristen so beliebte Rambles auf den großen Platz zu, um in Hörweite der Rechten ihren Protest kundzutun. Begleitet wurden die Demonstrationen der Independentistas von Sprechchören wie »Die Straße / das Viertel gehören uns« sowie »Kein Vergeben für den 1. Oktober«.
Die sonst so belebte Plaça Catalunya war von Einsatzkräften abgeriegelt. Als sich Tausende Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung auf den Rambles formierten, schlossen einige Ladenbesitzer ihre Geschäfte lieber. Schließlich standen sich im Zentrum der katalanischen Metropole Tausende Demonstranten und einigen hundert Polizisten gegenüber. Die Independentistes sangen die katalanische Nationalhymne »Els Segadors«, und auch ihre Sprechchöre waren unüberhörbar. Es kam zu kleineren Reibereien und Buh-Rufen seitens der Demonstrationen. Wie schon bei den Aktivitäten im vergangenen Jahr stellten sich erneut Feuerwehrleute in die erste Reihe und beschützten so die Protestierenden vor der Polizei. Im Hintergrund waren neben dem ständig über Barcelonas Zentrum kreisenden Polizeihubschrauber mehrfach auch Knallgeräusche zu hören. Zunächst war nicht klar, ob die Einsatzkräfte erneut in Katalonien verbotene Gummigeschosse gegen die Demonstranten einsetzte oder ob einfach Böller explodierten. Die Protestierenden reagierten mit Farbstaubbeuteln, die Postenketten der Polizei boten kurz darauf ein buntes Bild.
Für Montag rufen Studierendenorganisationen zu Streiks an den Universitäten auf. Zudem ist für 18.30 Uhr eine Großdemonstration der Unabhängigkeitsbewegung angekündigt.