„junge Welt“ unter Beschuss: Staatliche Repressionen gegen die Pressefreiheit
Übernommen von Zeitung der Arbeit:
Berlin/BRD. Die linke Tageszeitung „junge Welt“ (jW) sieht sich seit Jahren zunehmender staatlicher Repressionen ausgesetzt. Diese juristischen Angriffe zielen darauf ab, die Zeitung als linkes und marxistisches Medium in der Bundesrepublik Deutschland zu diskreditieren und wirtschaftlich zu schwächen. Der Verfassungsschutz und staatliche Institutionen haben die „junge Welt“ wiederholt als „linksextremistisch“ eingestuft und deren Nennung in Verfassungsschutzberichten verteidigt. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Pressefreiheit, sondern auch auf das Grundrecht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland.
Bereits seit 1998 taucht die „junge Welt“ als einzige Tageszeitung im Verfassungsschutzbericht auf. Die Zeitung wird als „bedeutendstes und auflagenstärkstes Medium im Linksextremismus“ bezeichnet, was erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Werbeplätze im öffentlichen Raum und auf Bahnhöfen werden ihr verweigert, und auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk werden bezahlte Werbespots nicht ausgestrahlt. Diese Maßnahmen führen zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen und behindern die redaktionelle Arbeit der Zeitung massiv. Insbesondere wird der Zugang zu Werbeplätzen in öffentlichen Verkehrsmitteln, Bahnhöfen und im Rundfunk eingeschränkt. All diese wirtschaftlichen Sanktionen erschweren es der Zeitung, ihre Reichweite zu vergrößern und neue Abonnenten zu gewinnen.
Die staatlichen Angriffe gegen die „junge Welt“ werden offiziell mit ihrer marxistischen Ausrichtung begründet. Der Verfassungsschutz wirft der Zeitung vor, verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen, und begründet dies unter anderem mit der positiven Berichterstattung über das sozialistische Kuba oder über Venezuela. Auch die Durchführung der Rosa-Luxemburg-Konferenz wird als Beleg für „umstürzlerische Absichten“ gewertet. Diese ideologische Haltung wird von der deutschen Bundesregierung als Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung diffamiert. In offiziellen Stellungnahmen wird betont, dass die „junge Welt“ mehr sei als ein journalistisches Produkt, sondern eine „Struktur“, die einen gesellschaftlichen Umsturz herbeiführen wolle.
Zahlreiche Juristinnen und Juristen wie auch Menschenrechtsorganisationen sehen in den Angriffen auf die „junge Welt“ einen gefährlichen Präzedenzfall für die Einschränkung der Pressefreiheit in Deutschland. Rolf Gössner, Jurist und Publizist, der selbst jahrzehntelang vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, betont die ideologische Gesinnungskontrolle durch den Geheimdienst und warnt vor den weitreichenden Folgen für die demokratische Kultur. Gössner weist darauf hin, dass der Verfassungsschutz eine Definitionsmacht über „extremistische“ Bestrebungen beansprucht, die es ihm erlaubt, politische Gegner zu stigmatisieren und aus dem demokratischen Diskurs auszugrenzen.
Die ökonomischen Auswirkungen der Verfassungsschutzbeobachtung sind gravierend. Wie erwähnt, wird die „junge Welt“ daran gehindert, Werbeflächen zu mieten und bezahlte Werbespots auszustrahlen. Doch nicht nur das: Die redaktionelle Arbeit der Zeitung wird durch die staatliche Repression massiv in Mitleidenschaft gezogen. Autorinnen und Autoren sowie Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner werden abgeschreckt, mit der „jungen Welt“ zusammenzuarbeiten, und Institutionen verweigern Presseauskünfte. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die „Wirkmächtigkeit“ der Zeitung zu beschneiden und ihre ökonomische Grundlage zu untergraben.
Der Verlag 8. Mai GmbH, der die „junge Welt“ herausgibt, hat Klage gegen die BRD eingereicht. Am 18. Juli 2024 wird das Berliner Verwaltungsgericht über die Klage verhandeln. Ziel des Verlags ist es, die Nennung der Zeitung im Verfassungsschutzbericht als verfassungswidrig einstufen zu lassen. So wird argumentiert, dass die Überwachung und Stigmatisierung durch den Verfassungsschutz die Presse‑, Meinungs- und Berufsfreiheit der Betroffenen massiv einschränken. Die rechtlichen Schritte gegen die Bundesrepublik sind jedoch nicht nur kostspielig, sondern auch langwierig. Der Verlag rechnet mit Prozesskosten von über 100.000 Euro und ist auf die Unterstützung seiner Leserinnen und Leser angewiesen, damit der Rechtsstreit durchgestanden werden kann.
Der Kampf der Tageszeitung gegen die staatliche Repression hat bereits mehrere Jahre in Anspruch genommen. So hat der Verlag auch eine einstweilige Verfügung beantragt, um die Nennung der „jungen Welt“ im Verfassungsschutzbericht bis zur endgültigen Entscheidung zu stoppen, was jedoch abgelehnt wurde. Die bisherigen Gerichtsentscheidungen lassen befürchten, dass die juristische Auseinandersetzung noch lange andauern wird. Der Verlag ist aber entschlossen, notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu gehen.
Redaktion, Verlag und Genossenschaft rufen in einer Sonderausgabe der „junge Welt“ zu breiter Unterstützung auf, um die Pressefreiheit zu verteidigen. Sie betonen, dass der Kampf gegen staatliche Repressionen nicht allein im Interesse der „jungen Welt“, sondern im Interesse aller Medien und der gesamten Gesellschaft geführt werden müsse. Die Sonderausgabe, die in hoher Auflage erscheint und anderen Zeitungen beigelegt wird, soll die breite Öffentlichkeit sensibilisieren und zur Mobilisierung für die Pressefreiheit beitragen.
Quelle: junge Welt
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