30. November 2024

Aufklärer brauchen langen Atem

Die Frage, wie eine Eskalation insbesondere des Ukraine-Kriegs zu einem wohl auch mit Atomwaffen geführten dritten Weltkrieg verhindert werden kann, stand am Sonntagnachmittag im Mittelpunkt des traditionellen Rundtischgesprächs auf dem »Wisefest«. Kurzfristig erweitert um unseren langjährigen Autor Rainer Rupp diskutierten Georges Hallermayer von der Internationalen Kommission der DKP, der bei allen Fraktionen der bürgerlichen Einheitspartei in Ungnade gefallene Publizist Armand Clesse und KPL-Präsident Ali Ruckert, KPL-Vizepräsident Alain Herman moderierte die Veranstaltung.

Während Ali Ruckert die erst von Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen und nun von der Regierung aus CSV und DP betriebene Rekordaufrüstung kritisierte, die in Luxemburg erstmals mit einer von der Regierung gewollten und geförderten Militarisierung großer Teile der Wirtschaft einhergehe, betonte Georges Hallermayer, nach der von SPD-Kanzler Scholz verkündeten »Zeitenwende« und dem 100 Milliarden Euro schweren »Sondervermögen« für die Bundeswehr befinde sich Deutschland nun endgültig in der »Schuldenfalle«. Nach der weitgehenden Privatisierung des Volksvermögens gebe es auch keine Reserven mehr.

Rainer Rupp erinnerte daran, daß Aufrüstung zwar den Aktionären der großen Waffenschmieden in den USA, aber auch in der BRD und Frankreich Superprofite beschert, aus volkswirtschaftlicher Sicht jedoch »einer gigantischen Geldvernichtung gleichkommt«. Wie schon in den 80er Jahren werde es wohl nicht zum Aufbau einer EU-Armee kommen. Der Meinung ist auch Armand Clesse, der sagte, eine »strategische Autonomie« sei für die EU nur zu haben, wenn die nach wie vor von den USA kontrollierte NATO aufgelöst werde. Seitdem ihr mit der Selbstauflösung der Sowjetunion 1991 der gleichwertige Gegner abhandengekommen sei, brauche die NATO einen neuen »äußeren Feind«, um ihre Existenz zu rechtfertigen.

Wie Rainer Rupp warnt auch Armand Clesse vor einem reaktionären Umbau von Staat und Gesellschaft und einem zunehmend enger werdenden »Meinungskorridor« in allen Ländern, deren Regierungen sich dem »Wertewesten« zugehörig fühlen. Doch während der ehemalige Direktor des Luxemburger Instituts für Europäische und Internationale Studien LIEIS sagte, wir bewegten uns auf eine »totalitäre Gesellschaft« zu, erklärte Rainer Rupp, die Hysterie sei kein Zeichen der Stärke, sondern der Schwäche. »Sonst würden abweichende Meinungen – wie früher auch – zugelassen«.

Aus dem EU-Wahlkampf, in dem sich die KPL an sechs Informationsveranstaltungen in Lyzeen beteiligt hatte, berichtete Ali Ruckert, das Wissen um die Vorgeschichten der Kriege in der Ukraine und im palästinensischen Gazastreifen seien besonders unter jungen Menschen gering. Hinzu komme, daß leider auch die hiesige Mainstreampresse verschweige, daß sich die KPL seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine für die sofortige Beendigung des Krieges auf Grundlage einer Verhandlungslösung einsetze.

Einhelligkeit herrschte in der Einschätzung, daß Kommunisten und andere Friedensfreunde sich gegen Krieg und Militarismus, aber auch gegen den von Sozialdemokraten schon am Vorabend des Ersten Weltkriegs propagierten »Burgfrieden« stellen müssen. Doch dazu, so Ali Ruckert, brauchten Aufklärer einen langen Atem.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

ZLV