Brasilien und die Regierungen des Kapitals
Am 1. September hat das Oberste Wahlgericht von Brasilien, begleitet durch Proteste von Anhängern Lulas, festgestellt, dass Luiz Inácio Lula da Silva bei den Wahlen am 7. Oktober als Präsidentschaftskandidat, aufgrund einer Verurteilung wegen Korruption, nicht teilnehmen darf. Insgesamt liefen und laufen 7 Verfahren gegen Lula, im ersten wurde er zu 12 Jahren und einem Monat Gefängnis verurteilt, die er seit April in einem Bundesgefängnis in Curitiba absitzt. Im Juli wurde der im zweiten Prozess freigesprochen, in dem er wegen Behinderung der Justiz angeklagt war, trotzdem laufen immer noch fünf anhängige Fälle im Zusammenhang mit Korruption gegen ihn.
Worum geht es?
In dem Fall, für den er seine Strafe in Curitiba verbüßt, wird ihm vorgeworfen, während seiner Präsidentschaft eine Wohnung in São Paulo als Bestechungsgeschenk von der Baufirma OAS erhalten zu haben, um der Baufirma bei Verträgen mit der staatlichen Ölgesellschaft Petrobas zu helfen. Der Prozess erscheint jedoch verdächtig, es gibt keinen dokumentierten Beweis dafür, dass Lula diese Wohnung besitzt. Der Verdacht liegt nahe, dass die herrschende Klasse diesen Prozess als Vorwand genutzt hat, um ihn an einem erneuten Wahlantritt zu hindern, denn in den letzten Umfragen lag Lula klar vorne. In ähnlicher Weise leitete der brasilianische Senat einen politischen Prozess gegen Präsidentin Dilma Rousseff ein, wieder wegen Korruptionsvorwürfen und wieder ohne Beweise, der mit ihrer „Amtsenthebung“ und dem kalten Putsch des derzeitigen neoliberalen Michel Temer Präsidenten endete.
Wie es nun weiter geht
Während der Regierungszeit von Lula (2003-2010) und Dilma Rousseff (2011-2016), beide der von der Arbeiterpartei (PT), wurden mehr als 50 Millionen brasilianische ArbeiterInnen aus der Armut gehoben, wurde der Mindestlohn erhöht und umfassende Sozialprogramme eingeführt. Seit Temer als Interimspräsident und später als nicht gewählter Präsident ins Amt kam, wurde fleißig privatisiert und große Zugeständnisse an den privaten Sektor gemacht sowie große Arbeitsmarktliberalisierungen durchgeführt, die den Schutz der Arbeiter vor den Eskapaden des Kapitals schwächen. Kein Wunder, schließlich besteht die Regierung nun aus korrupten Kapitalisten. Lula hat bereits entschieden, wer statt ihm Präsidentschaftskandidat der Arbeiterpartei sein wird: Fernando Haddad. Und für die Vizepräsidentschaft wird die Kandidatin Manuela D’Ávila von der Kommunistischen Partei Brasiliens (PCdoB) kandidieren. Haddad hat schon erklärt, dass sein Regierungsplan wirtschaftlich und sozial dem von Lula vorgelebten Regierungsstil entspricht. Andererseits steht der rechtsextreme Kandidat Jair Bolsonaro von der Sozialliberalen Partei (PSL), ein offen rassistischer, Macho und homophober Mann, an zweiter Stelle in den Umfragen.
[Max, Siegen]
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