27. November 2024

Blühende Landschaften für den Osten?

WAS DIE POLITIK WESTDEUTSCHLANDS NACH DER WENDE MIT DEN „RECHTEN OSSIS“ VON HEUTE ZU TUN HAT

Wenn man auf die aktuellen Ereignisse in Chemnitz blickt, bietet sich ein groteskes Bild: Nazis, die vor dem Karl-Marx-Denkmal demonstrieren. Ein Symbol dafür, wie sich das politische Klima in Ostdeutschland gewandelt hat: von einem Staat der versucht hat, den Faschismus auszurotten und ein sozialistisches Deutschland aufzubauen hinzu einem „braunen Hinterland“ voll mit „dummen Nazis“.

DUMME OSSIS UND GUTE WESSIS?
Doch obwohl die wenigsten Ostdeutschen ungebildet oder rechts sind, ist das Image der Menschen „2. Klasse“ beim Kapital gern sehen. Denn während sich einige im Rest von Deutschland über den Osten lustig machen, baut das deutsche Kapital dort einen Niedriglohnsektor auf. 2017 arbeitete der Osten durchschnittlich 67 Stunden mehr und verdiente rund 4.900 € weniger. Als ein Hauptgrund für diesen Unterschied wird die geringe Produktivität der neuen Bundesländer genannt. Doch sollte es in einem so reichen Land wie Deutschland nicht innerhalb von 25 Jahren möglich sein, solche Unterschiede aufzuheben? Sicherlich, doch im Kapitalismus ticken die Uhren etwas anders: Politik und Wirtschaft sind an dieser „Sonderwirtschaftszone“ interessiert, weil so die Profite der Banken und Konzerne steigen.

AUSVERKAUF DER REPUBLIK
Während der damalige CDU-Kanzler Helmut Kohl zur „Wende“ 1990 „blühende Landschaften“ versprach, wurde die ehemalige DDR kaputt gespart. In der Schule lernen wir, dass die DDR hochverschuldet und unproduktiv war, dass bereits vor neunzig marode Zustände herrschten. Doch die Realität sieht anders aus. Ein Beispiel des wirtschaftlichen Wandels ist z.B. das Kühlschrankwerk DKK. Der erfolgreiche Betrieb beschäftigte mehr als 5.500 MitarbeiterInnen und exportierte in die BRD und an die ganze Welt. Innerhalb kurzer Zeit verwandeltet sich dieser in eine leerstehende Ruine. Die Ursache dessen war die von den neuen kapitalistischen Machthabern zu schnell eingeführte Währungsunion. Durch den Wechselkurs stiegen die Produktionskosten um das vierfache und machten zahlreiche Firmen unrentabel. Viele ehemals volkseigenen Betriebe mussten so schließen.

PERSPEKTIVLOSIGKEIT BIS HEUTE
Die große Wirtschaftskrise des Osten kam also erst danach. Der BIP schrumpfte um 30 bis 40% und führte zu massiver Erwerbslosigkeit. Aus ideologischen Gründen wurden auch im öffentlichen Dienst Personen entlassen, z.B. 90% der ProfessorInnen an der Uni Berlin. Die Treuhandanstalt verscherbelte schließlich die runter gewirtschaftete Firmen. 25.000 Klein-, 10.000 Großbetriebe und 50.000 Immobilien wurden verkauft. So ging das ehemalige Volksvermögen großteils an die westliche Bourgeoise. Die Folge dieser Privatisierung: 3 Mio. vernichtete Arbeitsplätze und eine Verschuldung des Osten von umgerechnet 135 Mrd. €. Die dadurch geschaffene Perspektivlosigkeit hält bis heute an und leider suchen sich einige Betroffenen lieber ein einfaches Feindbild – z.B. Flüchtlinge -, um ihre Lage zu erklären, anstatt sich mit einem komplexeren Thema auseinanderzusetzen.

Julia, Nürnberg
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Quelle:

SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend

Antifa