ver.di Hamburg: Das ‚Ja‘ der Bürgerschaft zum MSC-Deal ist schlecht für Hamburg
Nach der heute in zweiter Lesung erfolgten Zustimmung der Hamburgischen Bürgerschaft zum MSC-Deal äußert sich Sandra Goldschmidt, Landesbezirksleiterin in Hamburg, für ver.di:
„Trotz der vielfältigen Kritik von Expert*innen, Bürger*innen und Beschäftigten sowie aus den eigenen Reihen folgen die rot-grünen Bürgerschaftsabgeordneten fast geschlossen den inzwischen mehrfach widerlegten Argumenten von Peter Tschentscher, Andreas Dressel und Melanie Leonhard. Das ist ein schwarzer Tag für Hamburg.
Dieser Deal ist das Ergebnis einer kurzsichtigen, der Idee des Standortwettbewerbs und anderer rückwärtsgewandter Konzepte folgenden Logik. Antworten auf die wirklichen Zukunftsfragen, zum Beispiel, welche Rolle der Hamburger Hafen in der sozial-ökologischen Transformation unter den Vorzeichen von Globalisierung und Klimakrise spielen soll, bleibt der Senat schuldig. Stattdessen leistet er Beihilfe zur Monopolbildung der weltgrößten Reederei MSC, die durch die Missachtung von Beschäftigten- und Umweltrechten auffällt. Gerade erst im April 2024 hat die US-amerikanische Schifffahrtsbehörde eine Forderung von 63,3 Millionen US-Dollar wegen Verletzung des US-Schifffahrtsgesetzes aufgrund zu hoher Preisforderungen erhoben.“
Zukünftig sollen 49,9 Prozent der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) der im Familienbesitz befindlichen Mediterranean Shipping Company (MSC) gehören.
ver.di protestiert seit Bekanntwerden des Deals gegen das Vorhaben des Senates und kritisiert unter anderem die aus ihrer Sicht viel zu geringe Absicherung von in Jahrzehnten erkämpften guten Arbeitsbedingungen der Hafenbeschäftigten sowie die Tatsache, dass alle HHLA-Anteile ohne Not in eine europäische Aktiengesellschaft überführt werden, in der es keine Mitbestimmung durch einen Aufsichtsrat geben wird.
ver.di wirft dem Senat zudem vor, die politische Kontrolle über öffentliches Eigentum und zugleich kritische Infrastruktur abzugeben, denn, obwohl Minderheitsaktionärin, erhält die MSC in wichtigen Fragen ein Vetorecht.
Große Sorgen bereitet der Gewerkschaft nicht zuletzt, dass die MSC keine besondere Nähe zur Idee der Sozialpartnerschaft zeigt. Zuletzt gab es in Hamburg bei einer MSC-Tochter sogar den – erfolglosen – Versuch, einem Betriebsrat zu kündigen.
André Kretschmar, zuständiger Fachbereichsleiter für maritime Wirtschaft bei ver.di Hamburg, kommentiert: „Hier wird systematisch die Stadtgesellschaft von der Möglichkeit der politischen Gestaltung und die Arbeitnehmer*innen von der Mitbestimmung ausgeschlossen, natürlich lehnen wir das ab. Hinzu kommt, dass wir nicht nur die HHLA, sondern auch die Beschäftigten anderer Hafenunternehmen im Blick haben, die Befürchtungen dieser Beschäftigten ignoriert der Senat konsequent.“
Sandra Goldschmidt ergänzt: „Auch wenn wir den Deal nicht verhindern konnten, ist es dennoch unseren vielen Gesprächen und Protesten geschuldet, dass die Bürgerschaft den Senat dazu aufgefordert hat, sich zukünftig als Mehrheitsgesellschafter in der HHLA dafür einzusetzen, die Arbeitsbedingungen aller Hafenbeschäftigten langfristig abzusichern. Wie er dies angesichts der zukünftigen Veto-Rechte von MSC praktisch umsetzen soll, bleibt offen. Für uns gilt: Morgen ist ‚Tag eins‘ der MSC-Zeitrechnung und selbstverständlich werden wir mit unserem guten Organisationsgrad im Hafen weiter für jeden Arbeitsplatz in den Ring steigen! Im Grunde zeigt sich hier erneut, dass wir der Macht der Konzerne, hier besonders der Reedereien, nur in gemeinsamer, auch internationaler, Solidarität etwas entgegensetzen können. Genau das ist die Idee von Gewerkschaften und dafür stehen wir ein.“
Quelle: ver.di Hamburg