Hüter der Menschenrechte
Sie sind wieder einmal besorgt, die Wortführer der Europäischen Union. Wohin man auch blickt, überall sind Freiheit, Demokratie und Menschenrechte bedroht – naja, fast überall. Und entgegen der üblich gewordenen Lesart ist man sich hier auch wieder weitgehend einig mit den Regierenden in den USA.
Da ist immer wieder dieses Venezuela, mit dem schrecklichen sozialistischen Diktator Maduro. Der hat es doch tatsächlich gewagt, sich im vergangenen Jahr noch einmal mit 67,8 Prozent zum Präsidenten wählen zu lassen, obwohl die EU, die USA und so etliche Regierende in Lateinamerika strikt dagegen waren. Die Demokratie wurde völlig ausgehebelt, vor allem hatten nicht alle politischen Kräfte gleichen Zugang zu den Medien, wie es bekanntlich in allen EU-Ländern liebgewordene Praxis ist. Die Opposition konnte sich nur auf sich selbst stützen – mal abgesehen vom Sacharow-Preis des EU-Parlaments und dem vollen propagandistischen Beistand im freien Westen.
So war der Katzenjammer wieder einmal groß, als Maduro mit seiner Sozialistischen Partei diese Wahl eindeutig gewonnen hat. Und noch größer die Lügen, die dann verbreitet wurden. Die Opposition habe nicht teilnehmen können, hieß es. In Wirklichkeit hatten die hartgesottenen Maduro-Gegner auf eigene Kandidaten verzichtet. Unabhängige Wahlbeobachter seien nicht zugelassen worden, hieß es. In Wirklichkeit hat die EU die Einladung zur Entsendung von Beobachtern ausgeschlagen. Die Wahlen seien illegitim, heißt es – seit wann sind eigentlich Wahlen in einer bürgerlich-demokratischen Ordnung nicht legitim?
Aber inzwischen gibt es Lichtblicke. Der von der Opposition gekürte Vorsitzende der Nationalversammlung hat offen zum Putsch gegen die Regierung und den Präsidenten aufgerufen, und die Vertreter der »Lima-Gruppe« fordern dazu auf, Maduro nicht als Präsident anzuerkennen. Zur »Lima-Gruppe« gehören 14 Staaten Lateinamerikas, darunter Brasilien, wo erst kürzlich ein Präsident nur deshalb gewählt werden konnte, weil der aussichtsreichste Bewerber um das Amt aufgrund von erfundenen Anschuldigungen ins Gefängnis gesteckt worden war. Darunter auch Mexiko, wo erst kürzlich ein neuer Präsident gewählt wurde, der nicht bedingungslos nach der Pfeife Washingtons tanzt und bereits eigene Töne anschlägt. Er ließ wissen, daß er sich nicht an der Einmischung in die Angelegenheiten eines anderen Staates beteiligen werde.
Die »Lima-Gruppe« wird übrigens auch von den USA unterstützt, wo man sich wohl kaum daran erinnern kann, ob überhaupt jemals ein Präsident mit 67,8 Prozent der abgegebenen Stimmen eine Wahl gewonnen hat.
In der Führung der EU macht man sich übrigens Sorgen über die bevorstehenden Wahlen zum EU-Parlament. So warnte der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, eindringlich davor, daß Populisten und Nationalisten bei diesen Wahlen eine größere Rolle spielen könnten. Herr Weber ist Präsident des EU-Parlaments, in dem zum Beispiel Vertreter des – zurückhaltend-freundlich formuliert: nationalistischen – Regimes der Ukraine immer gern gesehen sind, und das Vertreter von Oppositionsgruppen besonders gern mit Preisen und Redezeit huldigt – wenn sie aus Rußland, China, Venezuela oder Kuba kommen. Herr Weber kann froh sein, daß seine Anhänger nicht über den Inhalt der Begriffe »Populismus« und »Nationalismus« nachdenken, sonst könnte noch jemand auf die Idee kommen, vor Herrn Weber zu warnen…
Uli Brockmeyer
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