27. Dezember 2024

Kriegsdienstverweigerung ist Menschenrecht!

Übernommen von Presse | IPPNW.DE:

Mehr als zweieinhalb Jahre nach dem Beginn des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine wird russischen Verweigernden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach wie vor in der Regel kein Asyl gewährt. Es sei nicht „beachtlich wahrscheinlich“, dass sie für den Krieg einberufen werden. Dabei sind es Menschen, die sich gegen eine Teilnahme an dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg entschieden haben. Ihnen droht nun eine Abschiebung nach Russland, ein Skandal. Dort erwartet sie oft Einberufung, Gefängnis und Folter.

Das Gleiche gilt für Menschen aus Belarus, die vor Diktatur und drohendem Kriegseintritt von Belarus geflohen sind. Und auch Geflüchtete aus der Ukraine sind nicht (mehr) sicher: Es gibt Stimmen aus der deutschen Politik, die fordern – wie es Norwegen in Zukunft praktizieren will – männliche Geflüchtete zurückzuschicken, denn schließlich brauche das Land Soldaten. Wir sind tief enttäuscht, dass das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung so mit Füßen getreten wird. Lasst uns lautstark und sichtbar gegen Krieg und Abwehr von Geflüchteten demonstrieren.

Der Umgang mit ihnen ist nur ein Beispiel, wie in Deutschland Geflüchtete mit ihren Anliegen behandelt werden. Wir wollen deshalb aus Anlass des Internationalen Tages für Menschenrechte vor dem Bundesamt für Migration unsere Stimme erheben.

Krieg bedeutet Tod und Zerstörung

Aktuell werden in den verschiedensten Ländern Kriege geführt, mit Zigtausenden von Toten, ungezählten oft schwer Verletzten, weitreichenden Zerstörungen und damit einhergehend transnationalen Fluchten. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat vor mehr als zweieinhalb Jahren begonnen. Nach dem brutalen Überfall der Hamas und der militärischen Eskalation der israelischen Regierung ist die gesamte Region zum Schlachtfeld geworden. Die Türkei setzt immer wieder Militär in den benachbarten Staaten in den kurdischen Gebieten ein. Im Sudan, Jemen und Myanmar herrschen Kriege, die den genannten Kriegen in Bezug auf Zahlen der Opfer und Grausamkeit um nichts nachstehen, die nur weniger öffentliche Beachtung finden. All diese Kriege treiben ungezählte Menschen auf die Flucht, einen Teil auch nach Europa und Deutschland.

Die Antwort der Regierungen

Die Antwort der deutschen und europäischen Regierungen: Sie überbieten sich mit Vorschlägen bei der Abwehr von Geflüchteten. Und sie treiben die Militarisierung voran.

Die Festung Europa wird militärisch gesichert. Asylsuchende werden auf Lager außerhalb der Europäischen Union verwiesen und damit der Zugang zu Asylverfahren faktisch gestoppt. An vielen Außengrenzen der EU werden widerrechtlich Geflüchtete über Pushbacks zurückgewiesen. Grenzkontrollen werden auch innerhalb der EU wieder eingeführt.

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat im Juni 2024 eine größere „Kriegstüchtigkeit“ beschworen und ein Konzept für eine „neue Wehrpflicht“ vorgestellt. Weltweite Waffenexporte, auch in bewaffnete Konflikte, nehmen zu. Die Rüstungsproduktion wird angekurbelt.

Kriegsgegner*innen unterstützen

In all den Ländern, die sich im Krieg befinden, gibt es aber auch Menschen, die sich dem Krieg verweigern, die sich aktiv für Frieden einsetzen, die dort Widerstand gegen Militarisierung und Krieg leisten. Soldat*innen an der Front wollen angesichts des Grauens ihre Waffen niederlegen. Sie wollen keine anderen Menschen töten und auch nicht in einem Krieg sterben. Ihnen allen drohen dafür Repression und Gefängnisstrafen.

Ihnen gilt unsere Unterstützung! Wir sehen die Kriegsdienstverweigerung als einen wichtigen Baustein, um Krieg, Tod und Zerstörung zu überwinden. Wir fordern die uneingeschränkte Einhaltung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung, gerade in einem Krieg. Wir fordern Schutz und Asyl für alle Kriegsflüchtlinge, verfolgte Kriegsdienstverweiger*innen und Kriegsgegner*innen.

Stoppt Militarisierung und Wehrpflicht

Die Pläne des Verteidigungsministeriums zur verstärkten Rekrutierung neuer Soldat*innen zielen in einem ersten Schritt darauf, durch einen Fragebogen mehr Informationen über alle jungen Männer und möglichst viele Frauen durch die Militärbehörden systematisch zu erfassen. Auch wenn damit nach Aussage des Ministeriums noch keine Dienstverpflichtung verbunden ist, machte Boris Pistorius deutlich, dass perspektivisch Zwangsverpflichtungen möglich sein sollen, wenn die gewünschten Zahlen nicht erreicht werden. Andere fordern gar eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen.

Wir wenden uns entschieden gegen jegliche Form der Wehrpflicht und die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht. Es würde einer Militarisierung Vorschub leisten. Stattdessen brauchen wir eine Stärkung des vorhandenen sozialen Engagements und eine stärkere Unterstützung von Ansätzen und Maßnahmen, die sich gegen Spaltung und Ausgrenzung in der Gesellschaft wenden.

Warum in Nürnberg?

Nürnberg wurde vereinnahmt als Stadt der Reichsparteitage und der „Rassengesetze“. Heute möchte die Stadt ein Zeichen gegen Rassismus, Diskriminierung und Intoleranz setzen – unter anderem mit der Straße der Menschenrechte und dem seit 1995 jährlich vergebenen Internationalen Menschenrechtspreis. Und dennoch gehen von Nürnberg auch heute noch Tod und Zurückweisung von Kriegsflüchtlingen aus.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit seinem Hauptsitz in Nürnberg verwehrt Kriegsdienstverweiger*innen in aller Regel Asyl. Nürnberg ist auch der Firmensitz von Diehl, einer der größten Rüstungsproduzenten in Deutschland. Bis heute gilt dort die Devise: Wer zahlt, bekommt Waffen. Dem entsprechend gehören Lieferungen an beide Seiten eines Konfliktes zum Alltagsgeschäft wie z.B. im Nahen Osten. Mit seinen Zündern bringt Diehl weltweit millionenfach den Tod.

Der Aufruf wird unterstützt von:
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF); Bayerischer Flüchtlingsrat; Bund für Soziale Verteidigung (BSV); Connection e.V.; Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen (DFG-VK); DFG-VK Bayern; Ev. Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK); Frauennetzwerk für Frieden e. V.; Friedensmuseum Nürnberg; graswurzelrevolution; Initiative Solidarität für/mit Pazifist*innen aus Osteuropa; Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges – Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW); Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK); Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.; KURVE Wustrow e.V.; Lebenshaus Schwäbische Alb – Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.; NaturFreunde Deutschlands; Nürnberger Evangelisches Forum für den Frieden (NEFF) e.V.; pax christi, Deutschland; pax christi Rottenburg-Stuttgart; Regionalgruppe Nordschwaben der DFG-VK (Stand: 01.11.2024)

Weitere Informationen unter www.objectwarcampaign.org und www.Connection-eV.org/article-4286

Quelle: Presse | IPPNW.DE

FriedensbewegungIPPNW