4. Dezember 2024

Mahnung und Verpflichtung

Übernommen von Unsere Zeit:

Am 30. November haben über 70 Menschen den Mitgliedern der Stuttgarter antifaschistischen, kommunistischen Widerstandsgruppe Schlotterbeck gedacht, die vor 80 Jahren von der Gestapo im KZ Dachau ermordet wurden. Ein Bündnis aus VVN-BdA Stuttgart, IG Metall Stuttgart, DGB Baden-Württemberg, NaturFreunde Untertürkheim-Luginsland sowie der DKP Stuttgart hatte zu der Gedenkveranstaltung am Mahnmal für die Widerstandsgruppe auf dem Friedhof in Untertürkheim eingeladen. Wir dokumentieren die Gedenkrede der DKP Stuttgart:

Wir gedenken heute der vor 80 Jahren von der Gestapo ermordeten Stuttgarter Widerstandsgruppe Schlotterbeck, deren Mitglieder zwischen Ende November 1944 und Mai 1945 hingerichtet wurden. Wir gedenken ihrem Kampf für eine Welt der Freiheit und sozialen Gerechtigkeit, gegen Faschismus und Krieg. Diese Ziele sind auch unsere Ziele. Ihre Kämpfe sind auch unsere Kämpfe – heute genauso aktuell, dringlich und notwendig wie damals.

Kommunisten waren es, die im Kampf gegen den Hitler-Faschismus die meisten Opfer brachten. Heute ist vom kommunistischen Widerstand kaum noch die Rede. Die Warnungen der KPD vor Faschismus und Krieg und der unmittelbar nach der Machtübertragung an die Faschisten einsetzende Kampf der illegalen KPD werden leider oft totgeschwiegen oder kleingeredet. In den Medien wird öfters Graf von Stauffenberg, Oberst im Militär des Nazi-Regimes, als den Schlotterbecks gedacht. Da ist der Sterne- und Fernsehkoch Vincent Klink eine Ausnahme. In seinem neu erschienenen Buch „Leben und Speisen im Ländle des Eigensinns“ nennt er Else Himmelheber, ein Mitglied der Schlotterbeck-Gruppe, eine ganz besondere Heldin Stuttgarts.

Das Totschweigen des kommunistischen Widerstands hat natürlich seine Gründe: Dieselbe Klasse, die 1933 den Faschismus an die Macht brachte, herrscht hier auch heute noch. Es geht der Kapitalistenklasse damals wie heute um die Schwächung der Arbeiterbewegung, um ihre Zerschlagung. Gut ist deshalb, dass wir heute hier gemeinsam stehen – Gewerkschafter, Antifaschisten, Naturfreunde und Kommunisten. Denn nur gemeinsam können wir Faschismus und Krieg verhindern.

Die Hintermänner und Nutznießer des Hitler-Faschismus krochen in der BRD nach 1945 rasch wieder aus den Löchern und gelangten zurück in ihre alten Machtpositionen. Sie erhielten sogar Auszeichnungen. So wie Alfred Hagenlocher, verantwortlich für die Folterungen im Hotel Silber und für die Ermordung der Schlotterbeck-Gruppe. Ihm wurde das Bundesverdienstkreuz verliehen, und 1994 die Staufermedaille – die höchste Auszeichnung des Landes –, und zwar höchstpersönlich vom damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel.

Und während wir so wie heute und in den nächsten Tagen und Wochen im Rahmen von Mahnveranstaltungen und Gedenkfeiern das Haupt neigen vor dem Heldenmut dieser antifaschistischen, kommunistischen Widerstandskämpfer, musste die VVN-BdA eineinhalb Jahre, von November 2019 bis April 2021, gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit kämpfen.

Ausgerechnet die Organisation, die von Überlebenden des faschistischen Terrorregimes wie Friedrich Schlotterbeck gegründet wurde, die seit ihrer Gründung konsequent den Kampf gegen den alten und neuen Faschismus, gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit, gegen den Abbau demokratischer Rechte führte und führt. Was kann gemeinnütziger sein, als diesen Kampf zu führen? Solches Vorgehen zeigt deutlich, auf wessen Seite dieser Staat steht, wessen Interessen er vertritt.
Auch heute kämpfen wir wieder wie die Schlotterbeck-Gruppe gegen die von Woche zu Woche wachsende Kriegsgefahr, gegen Aufrüstung, gegen „Taurus“-Lieferungen, gegen die ab 2026 geplante Stationierung neuer US-Raketen in unserem Land, gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht, gegen Kriegstüchtigkeit, gegen die Kriegstreiber im Bundestag.

Gut, dass es die Friedensbewegung, die Gewerkschaften, die VVN-BdA und die antifaschistische Bewegung gibt.

Gut, dass es den Aufruf „Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg“ gibt.

Gut, dass es den Berliner Appell gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland gibt.

Gut, dass es das Bündnis verschiedener Jugendorganisationen „Nein zur Wehrpflicht!“ gibt und die Petition gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht.

Das Wirken unserer Genossinnen und Genossen, die im Widerstand gegen den Faschismus, im Widerstand gegen den 2. Weltkrieg ihr Leben gaben, ist uns heute Mahnung und Verpflichtung zugleich. Angesichts der zunehmenden Rechtsentwicklung, der Angriffe auf demokratische Rechte, auch auf das Streikrecht, der täglich eskalierende Kriegsgefahr versprechen wir Euch, nicht nachzulassen im Kampf gegen Faschismus, gegen imperialistische Kriegsvorbereitungen, für den Frieden und für den Sozialismus.

Nichts ist vergeben – nichts ist vergessen!

Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!

Quelle: Unsere Zeit

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