Entscheidend bei Steuerreform ist Gegenfinanzierung
Ganz nach dem Geschmack des Kapitals und der G´stopften sind die Pläne der schwarz-blauen Regierung für eine Steuerreform, konstatiert Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB): „Es ist daher auch kein Zufall, dass die Regierung die NEOS-Denkfabrik Agenda Austria mit einem Vorstoß zur vollen Besteuerung des 13./14. Monatsbezuges als neoliberalen Kettenhund vorgeschickt hat“, so Stingl. So bedeutet die Halbierung der Krankenversicherungsbeiträgen für bis zu 2,5 Millionen Niedrigverdiener – was bis zu 300 Euro Ersparnis pro Jahr bringen soll – die Aushöhlung der finanziellen Grundlage des Sozialstaates und geht damit auf Kosten von Leistungen. Die als „Entlastung der Arbeit“ verkaufte Senkung der Lohnsteuer bringt den Niedrigverdiener wenig, entlastet hingegen Großverdiener kräftig um bis zu 1.580 Euro jährlich. Für diese Gruppe ist auch die „Werbepauschale neu“ gedacht.
Richtige „Steuerzuckerl“ für die Wirtschaft sind hingegen die Pauschalierung für KMU, steuerpolitische Anreize für die Standortattraktivität und vor allem die geplante Senkung der Körperschaftssteuer. Auf die lange Bank geschoben wird hingegen die Abschaffung der „kalten Progression“ bei der Lohnsteuer, die man auch in den kommenden Jahren als „Körberlgeld“ für die Staatskasse sprudeln lassen will.
So notwendig und richtig die Absenkung der unteren Steuerstufen ist, dürfte dies nach Meinung des GLB allerdings nur bis etwa 40.000 Euro Jahreseinkommen erfolgen, während bei höheren Einkommen die Steuerstufen gleich bleiben und bei Spitzeneinkommen sogar angehoben werden müssten. Für eine wirkliche Entlastung der kleinen Einkommen wäre allerdings eine allgemeine Steuerpauschale für alle Einkommen sinnvoll, die bei Einkommen für welche keine Lohnsteuer fällig ist als Negativsteuer ausbezahlt wird wie das der Linzer Volkswirtschaftsexperte Friedrich Schneider vorschlägt.
Auch die Befreiung von Mieten, Betriebskosten, Medikamenten oder Öffi-Tarifen von der Mehrwertsteuer wäre eine solche Entlastung. Nach wie vor für sozialpolitisch falsch hält der GLB den hochgejubelten Familienbonus, der hohe Einkommen begünstigt. Die dafür freigemachten Mittel wären für den Ausbau kostenloser Kinderbetreuung und eine jährliche Anhebung der Familienbeihilfe in Höhe des VPI wesentlich treffsicherer eingesetzt.
Strikt abgelehnt wird vom GLB die Senkung der Körperschaftssteuer. Notwendig wäre vielmehr dem EU-weiten Steuerdumping und insbesondere den Steuertricksereien der Internet-Konzerne durch Festlegung eines KöSt-Mindeststeuersatz von 25 Prozent ohne Ausnahmen und Schlupflöcher entgegenzuwirken.
Wenn die Regierung von „ökologischen Akzenten“ der Steuerreform spricht, wäre als Ergänzung zur Umstellung der Kfz-Steuer von Leistung auf Verbrauch eine SUV-Steuer für übergroße Kfz sowie die längst fällige Aufhebung des antiquierten Steuerprivilegs für Diesel und der Steuerfreiheit für Kerosin und Flugtickets sowie für einen offensiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs eine bundesweite Nahverkehrsabgabe der Unternehmen analog der Wiener U-Bahnsteuer notwendig.
„Die entscheidende Frage einer Steuerreform ist allerdings deren Gegenfinanzierung, sonst bedeutet sie nämlich, dass sich die „Entlasteten“ die Reform durch Mehrkosten durch geringere Leistungen etc. selbst finanzieren müssen“, stellt Stingl klar. Fakt ist, dass die Lohnabhängigen mit der Lohnsteuer und Mehrwertsteuer den Löwenanteil der Steuerleistung erbringen, während die dank hoher Produktivität und guter Konjunktur massiv gestiegenen Profite und Millionenvermögen steuerlich nicht entsprechend ihrer Möglichkeiten und fern von sozialer Gerechtigkeit besteuert werden.
Das bedeutet aus der Sicht des GLB die rasche Wiedereinführung einer Vermögenssteuer für alle großen Geld- und Immobilienvermögen – bei welcher eine Abschöpfung übergroßer Vermögen im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit mehr als gerechtfertigt ist – sowie die Umstellung der Dienstgeberbeiträge für die Sozialversicherung und die Kommunalsteuer von der reinen Lohnsumme auf die gesamte Wertschöpfung.
Klar abgelehnt wird vom GLB die von Industrie, konservativen Landesfürsten und NEOS immer wieder geforderte Verländerung bestimmter Steuern, weil dies dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht und den Standortwettbewerb der Länder auf Kosten der Lohnabhängigen verschärfen würde. Stattdessen fordert der GLB eine Reform des Finanzausgleichs, indem die Gemeinden als wichtigste öffentliche Investoren mehr Mittel aus den gemeinschaftlichen Bundesabgaben erhalten und ihre Ausplünderung durch die Länder durch Vorwegabzug, Landesumlage, Spitalskostenfinanzierung und ähnliche Abgaben durch eine klare Kompetenzentflechtung beendet wird.
Der GLB verweist in diesem Zusammenhang auch auf eine OECD-Studie, welcher zufolge mehr als 70 Prozent der Österreicher_innen für eine höhere Besteuerung des Reichtums plädieren um mehr soziale Sicherheit finanzieren zu können: „Kernpunkte einer Steuerreform, die ihren Namen verdient muss die Entlastung der Lohnabhängigen bei Gegenfinanzierung durch entsprechende Steuern auf Vermögen, Profite und Ressourcen sein. Dabei muss auch klargestellt werden, dass der neoliberale Ruf nach Senkung der Abgabenquote letztlich auf die Demontage des Sozialstaates zielt“ so Stingl abschließend.
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