Am 27. August hebt der 27. Abschiebeflieger nach Kabul ab
PRO ASYL fordert, Abschiebungen in das Kriegs- und Krisengebiet Afghanistan endlich zu stoppen
Heute soll die 27. Sammelabschiebung nach Afghanistan stattfinden, obwohl sich die katastrophale Sicherheitssituation am Hindukusch nicht verändert hat. Die Konflikte in Afghanistan haben seit 2018 über 41.000 Opfer gefordert – das sind 30 Prozent aller Kriegsopfer weltweit und damit steht Afghanistan auf dem Spitzenplatz tödlicher Kriegsgebiete. 2018 gab es über 1 Million neuregistrierte, kriegsbedingte Binnenvertriebene. Afghanistan-Experte Thomas Ruttig spricht von täglich (!) landesweit mehr als zehn zivilen Todesopfern und circa 20 Verletzten. Laut Präsident Ghani sind darüber hinaus in den letzten 5 Jahren um die 45.000 Soldaten und Polizisten getötet worden.
Diese exorbitanten Zahlen machen deutlich, wie lebensgefährlich die Situation in Afghanistan ist. »Auch die Reichweite der Taleban-Schattenregierung macht den Begriff ‚sichere Gebiete‘ obsolet, da sie über Bedrohungen und Besteuerung auch in formal regierungskontrollierte Gebiete eingreift«, konstatiert Ruttig auf seinem Afghanistan-Blog. Außerdem bestimmen die Akteure neben den Taliban, die örtlichen Warlords, im Rahmen lokaler ethno-politischer Verfolgung über Leben und Tod. Die unterschiedlichen Kriegsformen – Verfolgung, Terroranschläge, asymmetrische und urbane Kriegsführung ohne Frontverlauf – resultieren in einer so volatilen Sicherheitslage in Afghanistan, dass von »sicheren Gebieten« in keinem Fall die Rede sein kann.
Abgeschobene sind darüber hinaus von erschwerten Bedingungen und Bedrohungen von allen Seiten – auch aus dem sozialen Umfeld – betroffen. Die Afghanistan-Wissenschaftlerin Friederike Stahlmann legt nahe, dass Rückkehrer und ihre Familien häufig Opfer von Verelendung durch sozialen Ausschluss werden oder riskieren, Ziel gewaltsamer Übergriffe zu werden. Das Entführungsrisiko ist aufgrund von unterstelltem Reichtum besonders hoch. Abgeschobenen Afghanen wird daher häufig die Wiederaufnahme in die Familie verweigert, sie müssen sich verstecken, können keine feste Wohnung finden oder Arbeit suchen. Wurde die Flucht durch Kredite finanziert, droht bei Rückkehr die Schuldsklaverei.
Vor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan endlich stoppen. Illusionen über die Lage macht sich keiner mehr, außer denen, die die Abschiebungen betreiben.
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