Kuba auf Sparflamme – wie ist die Lage vor Ort?
Knapp zwei Wochen nachdem Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel für die zweite Septemberhälfte ein Energiesparprogramm angekündigt hat, ist die Lage auf der Insel weniger dramatisch als viele erwartet haben. Größere Stromabschaltungen konnten bisher vermieden werden, doch Transport und Wirtschaft der Insel arbeiten derzeit auf Sparflamme.
Aufgrund nicht zustande kommender Öllieferungen muss Kuba derzeit seinen Strom- und Treibstoffverbrauch stark drosseln. Hintergrund sind neue Sanktionen von Seiten der US-Administration, welche sich gezielt gegen Reedereien richten, die Treibstoffe an das sozialistische Land liefern. Die Trump-Regierung will damit Druck auf Havanna ausüben, was jedoch politisch eher nach hinten losging: statt gegen die eigene Regierung richtet sich der Wut vieler Kubaner derzeit eher gegen den Nachbarn im Norden.
Trotzdem ist die Stimmung angespannt auf Kuba. Der Stadtbusverkehr in Havanna liegt weitgehend lahm, vergleichbare Einschränkungen gibt es auch in den Provinzen. Wer kann, arbeitet von zu Hause. Die „Telearbeit“ aus den eigenen vier Wänden wird derzeit von der Parteizeitung „Granma“ als gute Möglichkeit gepriesen, wie auch in Zeiten der Energiekrise noch Büroarbeit bewältigt werden kann. Aufgrund der Einsparungen sind dieser Tage viele Werktore geschlossen während Geschäfte mit eingeschränkten Öffnungszeiten arbeiten.
Die Verfügbarkeit von Benzin und Diesel bereitet ebenfalls Probleme. An den Tankstellen bilden sich oft lange Schlangen. WhatsApp-Gruppen tauschen sich darüber aus, wo es gerade den begehrten Treibstoff mit möglichst geringer Wartezeit gibt, während andere einfach zu Hause bleiben. Der Ticketverkauf für Fernbus- und Zugfahrten ist derzeit eingeschränkt, was zur Verschiebung des Fahrtantritts für 11.000 Personen geführt hat. Díaz-Canel hat indes in einer Reise durch alle Provinzen des Landes die Situation vor Ort erörtert und sich über die Umsetzung der Sparmaßnahmen erkundigt. Diese läuft soweit offenbar zufriedenstellend.
Das würde auch erklären, warum größere Stromausfälle oder geplante Abschaltungen in den Wohngebieten bisher vermieden werden konnten – obwohl sie im Rahmen des ausführlichen Briefings der Bevölkerung am 11. September angekündigt wurden. Auch die schon vorher angespannte Versorgung in den Geschäften hat sich in Folge der Energiekrise nicht weiter verschlechtert. Also alles halb so schlimm?
Kubas Regierung scheint die aktuelle Situation gut im Griff zu haben, während die Bevölkerung auf schlimmeres vorbereitet wurde und mit Zeichen großer Solidarität reagiert. Zwar ist das Transportangebot erwartungsgemäß bescheiden, die Versorgung vieler Krankenhäuser unzureichend, doch nicht selten sieht man wie staatliche Fahrzeuge Fußgänger mitnehmen und sich ganze Nachbarschaften in Solidarität üben. Die Stromeinsparungen in Zeiten der Spitzenlast, welche vom Pizzaofen bis zur Uni vorgenommen werden, scheinen auszureichen, um schlimmeres zu verhindern. Auch für Touristen bedeutet dies gute Neuigkeiten: derzeit besteht kein Anlass, geplante Reisen zu verschieben oder zu stornieren.
Bis Anfang Oktober soll sich die Energiesituation auf Kuba wieder normalisieren. Laut Díaz-Canel seien „alle Lieferungen für Oktober garantiert“.
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