Kurdischer Aktivist in Nürnberg im Hungerstreik
Die Rote Hilfe Ortsgruppe Nürnberg – Fürth – Erlangen ist empört über die Inhaftierung des kurdischen Aktivisten Murat Akgül und fordert seine sofortige Freilassung. Er sitzt in Nürnberg in Untersuchungshaft, und führt seit dem 28.10.2019 einen Hungerstreik durch, weil er „unerlaubt nach Deutschland“ eingereist sein soll und gegen ihn eine Einreisesperre besteht.
Dabei lebt er bereits seit über 30 Jahren in Deutschland, hat eine Familie mit vier Kindern, eine feste Arbeitsstelle und Wohneigentum in Nürnberg. Dennoch wurde er Ende Mai 2019 von der Polizei aus seiner Wohnung gezerrt und direkt in ein Flugzeug nach Istanbul gesetzt. Der Hintergrund dieser ungeheuerlichen Abschiebung in die Türkei: Er soll auf einer Demonstration eine Fahne der YPG getragen haben (Volksverteidigungseinheiten, bewaffnete kurdische Miliz in Syrien, die den IS erfolgreich bekämpfte). Zudem besuchte er öfter den kurdischen Verein Medya Volkshaus und engagierte sich für die Rechte der Kurd*innen.
Das genügte, um ihn zum „Staatsfeind“ zu erklären. Die Folgen waren heftig. Murat Akgül erhielt eine Ausweisungsverfügung, ein Wiedereinreiseverbot nach Deutschland von zehn Jahren, Meldeauflagen und eine Aufenthaltsbeschränkung auf das Stadtgebiet Nürnberg. Der Staatsschutz wollte ihn loswerden. Schließlich gar die Abschiebung in die Türkei – nur weil er sich für Frieden und Freiheit in Kurdistan einsetzt.
Doch Murat Akgül hatte Glück im Unglück: Er wurde zwar sofort in Istanbul verhört, aber er kam nicht direkt in den Knast, weil den türkischen Behörden noch keine Akten vorlagen. So konnte er untertauchen, um nicht lange Jahre eingesperrt zu werden. Es gelang ihm, mit Hilfe von Schleppern nach Deutschland zurückzukehren. Unter lebensgefährlichen Umständen reiste er über die „Balkanroute“ im Juli 2019 wieder in die Bundesrepublik und beantragte hier Asyl. Wegen der Einreisesperre landete er in Abschiebehaft. Dann kam er in ein Ankerzentrum nach Donauwörth, schließlich nach Augsburg.
Am 28.10.2019 wurde Murat Akgül in der Gemeinschaftsunterkunft Augsburg verhaftet und in Handschellen zur Eröffnung des Haftbefehls ins Amtsgericht Fürth gebracht. Der Vorwurf: Unerlaubte Einreise trotz Aufenthaltsverbot nach Ausweisung. Als Grund für die Untersuchungshaft wurde „Fluchtgefahr“ genannt, weil ihm wegen unerlaubtem Aufenthalt eine Freiheitsstrafe drohe.
Konkretisiert wurde der Vorwurf mit angeblicher „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“. Im Kern geht es also darum, dass er angeblich die PKK unterstütze. Nach der Anhörung kam Murat Akgül in die JVA Nürnberg, wo er seither in Untersuchungshaft sitzt und hungerstreikt. Es wurde Haftbeschwerde eingelegt.
Leyla Berger, Sprecherin der Roten Hilfe stellt fest: „Es ist absolut lächerlich, hier von einer Fluchtgefahr zu sprechen, gerade weil er Familie und Job hier hat.“ Sie betont, dass er diesen Repressionen nur ausgesetzt ist, weil er sich für die Sache der Kurd*innen engagiert – obwohl er das stets friedlich und auf demokratische Weise getan hat.
„Die Rote Hilfe hat schon oft beobachten müssen, wie politisch aktive Kurd*innen hier in Deutschland kriminalisiert und zu >Terroristen< erklärt wurden. Wir protestieren entschieden dagegen. Sie haben jedes Recht und jeden Grund, gegen die Zustände in der Türkei zu kämpfen“, so Leyla Berger. „Wir werden es nicht zulassen, dass einer von ihnen in die Türkei abgeschoben wird, wo ihm schwere Folter droht, wie alle Welt weiß. Es darf nicht sein, dass Menschen derart kriminalisiert werden, die gegen das Erdogan-Regime Position beziehen. Und nichts anderes hat Murat Akgül getan. Er hat gegen türkische Kriegsverbrechen demonstriert und seine Meinung frei geäußert.“ Die Rote Hilfe steht solidarisch an seiner Seite und fordert die sofortige Freilassung von Murat Akgül.
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