Die Klimakrise macht keine Pause
Es ist wohl keine Einbildung: Die Luft schien in den letzten Wochen frischer. Selbst mitten in der Großstadt war es auch wochentags viel stiller als sonst, waren die Straßen leerer. Am Himmel über Berlin sah man, so wie im ganzen Land, immer weniger Flugzeuge. Die wenigen Wochen, in denen auch viele Betriebe stillstanden, werden für die Jahresklimabilanz weltweit, in Europa und in Deutschland wahrscheinlich deutliche Auswirkungen haben: Die Bundesrepublik könnte – anders als noch vor zwei Monaten erwartet – nun doch die angestrebten Klimaziele für 2020 erreichen. Die „Agora Energiewende“ geht zum Beispiel inzwischen davon aus, dass die Treibhausgasemissionen in Deutschland 2020 um 40 bis 45 Prozent unter das Niveau von 1990 sinken. Doch das wird nur ein kurzzeitiger Effekt sein.
Denn, wie Patrick Graichen, der Direktor der „Agora“, bereits am 20. März feststellte, sind neben dem milden Winter vor allem die Folgen des „Shutdown“ in den letzten Wochen für das Sinken der Emissionen verantwortlich. „Dies ist aber per se keine gute Nachricht für den Klimaschutz. Denn zum einen werden die Emissionen nach der Krise wieder hochschnellen, zum anderen dürfte es nun zu Zurückhaltung bei klimaschutzrelevanten Investitionen kommen, etwa im Bereich der Erneuerbaren Energien, bei der Gebäudesanierung oder in der Industrie.“ Die „Agora Energiewende“ ist eine „Denkfabrik“ mit engen Verbindungen in die Bundespolitik, zu Unternehmen aus dem Erneuerbare-Energien-Bereich, zu deren Rat auch Vertreter von Gewerkschaften, Umweltverbänden und aus der Wissenschaft gehören. Niklas Höhne vom Kölner New Climate Institute erklärte in der vorigen Woche bei einem Briefing, die “schlechteste aller Möglichkeiten” sei, künftig Maßnahmen für den Klimaschutz zurückzufahren, so dass es letztlich mehr Emissionen gebe. Solche Befürchtungen sind nicht unbegründet. Schon jetzt gibt es Forderungen aus der Industrie, aber auch aus der Politik, das Klimapaket der GroKo „abzuschwächen“, „Konsumverhalten“ vor allem im Zusammenhang mit dem Autokauf zu fördern und – „im Interesse der Wirtschaft“ – angestrebte CO2-Einsparungen zurückzustellen. Die Profite sind „in Gefahr“. Hierzulande werden, wie auch Bernd Riexinger, der Vorsitzende der Partei „Die Linke“ und der umweltpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Partei, Lorenz Gösta Beutin, in einem in der vorigen Woche vorgestellten Positionspapier feststellten, in dem sie aber auch darauf aufmerksam machen, dass sowohl die gegenwärtige Pandemie wie auch der Klimawandel gravierende soziale Auswirkungen haben, Stimmen laut, bei Klima und Umwelt nach der Corona-Krise noch weniger zu regulieren.
Umso wichtiger ist es, in der gegenwärtigen Situation den Widerstand dagegen weiter zu entwickeln. Auch die Bewegung „Fridays For Future“ setzt ihre Proteste fort: Am 24. April findet der fünfte globale Klimastreik von „FfF“ statt. Anders als an anderen Aktionstagen wird es aber an diesem Tag keine weltweiten großen Demonstrationen auf der Straße geben können, sondern ein Online-Demo ab 12 Uhr auf YouTube. Seit März wird zu einem #NetzstreikFürsKlima aufgerufen, der hauptsächlich auf den Social-Media Plattformen Instagram und Twitter stattfindet, Am 24. April sollen zudem in vielen Städten des Landes Plakate an und öffentlichen Plätzen aufgestellt werden, um einen Protest ohne Menschenmassen zu ermöglichen: “Sowohl die Klimakrise als auch die Coronakrise lassen sich nicht national lösen. Wir brauchen bei beidem internationale Maßnahmen“, erklärte Pauline Daemgen aus Berlin.von „Fridays For Future“ aus Berlin. Und Jakob Springfeld als Zwickau fordert unter anderem: „“Menschenleben müssen endlich über Profite gestellt werden.“
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