27. Dezember 2024

Capitalism means: I can’t breathe

Land of freedom and democracy?

Der Mord an George Floyd wirft ein Schlaglicht auf rassistische Polizeigewalt. In den USA sterben jedes Jahr hunderte Menschen durch die Polizei, überproportional häufig sind es Schwarze (fatalencounters.org). Der Rassismus und die die staatlichen Strukturen, die ihn fördern und decken haben Proteste von breiten Teilen der Bevölkerung ausgelöst. Zu den Hintergründen der Proteste gehören die sozialen Verwerfungen der kapitalistischen „Fäulnis“ (Lenin) des Imperium: ein rasanter Anstieg der Arbeitslosigkeit auf aktuell ca. 42 Millionen Menschen (t-online.de 04.06.2020) sowie ein immenses Versagen der staatlichen Gesundheitsversorgung im Zuge der Covid-19 Pandemie (mit aktuell ca. 2 Mio. Fällen und ca. 110.000 Toten) bei mangelnder staatlicher Unterstützung zeigen dies deutlich.

Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und Hunger drohen – die Verlierer der Krise sind jung und überproportional oft schwarz. Die Arbeitslosenrate unter der afroamerikanischen Bevölkerung verdoppelte sich auf ca. 17 Prozent, ca. 70 Prozent der Corona Toten waren afroamerikanische Bürger, nur 23 Prozent verfügen über einen Hochschulabschluss, nur 40 Prozent wohnen im Eigenheim, rund 1,5 Prozent der schwarzen Bevölkerung sitzen im Gefängnis und „schwarze“ Haushalt besitzen im Schnitt nur rund 10 Prozent des Vermögen von „weißen“ Haushalten (Tagesspiegel 02.06.2020). Demgegenüber stehen die „Gewinner“ des neoliberal-verfassten Kapitalismus in den USA – alleine in der Covid-19 Pandemie konnten die US-Milliardäre einen Zugewinn an 485 Milliarden Dollar verbuchen (ILO-Bericht). In der Krise wird offenbar, was Lenin diagnostizierte, die zum Himmel schreiende Ungleichheit zwischen Habenichtsen und Yachtbesitzern steigert sich ins Obszöne, ein Ende ist nicht in Sicht – der Protest der Menschen, insbesondere der schwarzen Individuen, ein Kampf für Frieden, Fortschritt und das Leben in einer humaneren Gesellschaft, ist absolut gerechtfertigt.

„Störfeuer“ – Antifa

„Die Vereinigten Staaten von Amerika wird die ANTIFA als terroristische Organisation einstufen“. Sie und die radikale Linke seien Schuld an der Gewalt, die die USA überzieht (Unsere Zeit 05.06.2020). Diese Einschätzung stammt erneut aus dem Hause Trump. Sie sorgte umgehend für emotionsgeladene Diskussionen in den USA sowie weltweit. Auch in Deutschland wird über die bösen Randalierer gerichtet. Jedoch fällt man mit dieser Reaktion auf den Taschenspielertrick von Trump herein – der letztendliche Zweck ist es, die sozialen Proteste in den USA zu diskreditieren und von den wahren Ursachen abzulenken.

Nationalgarde gegen Nation

„Wenn das Plündern anfängt, beginnt das schießen“ mit diesem Satz beendete Donald Trump eine Kurznachricht auf „Twitter“ als Reaktion auf die massiven Unruhen in dutzenden US-Bundesstaaten. Dieser Satz stammt ursprünglich, nach Berichten der Zeitung „Peoples World“ aus dem Mund des Polizeipräsidenten von Miami, Walter Headley – ein strikter Befürworter der Rassentrennung und fanatischer Rassist, welcher schon 1967 mit „Schrotflinten und Hunden“ gegen „schwarze Kriminelle“ vorgehen wollte. Mittlerweile ist aus der Androhung bitterer Ernst geworden, die friedlichen Demonstrationen stehen einer Übermacht an militarisierter Polizei und Nationalgarde gegenüber. Wie „Unsere Zeit“ berichtet, verhängten 40 Städte eine Ausgangssperre, 15 Bundesstaaten mobilisierten die Nationalgarde gegen die zum überwiegenden Teil friedlichen, anti-rassistischen Proteste und Kundgebungen. Laut AFP sind 20.000 Soldaten innerhalb der USA gegen die ‚Unruhen‘ im Einsatz, um den „Anti-Rassismus-Unruhen“ Einhalt zu gebieten. Die Anzahl der eingesetzten Soldaten übersteigt somit die Anzahl der Soldaten im Ausland (Syrien, Irak und Afghanistan). Insgesamt sind rund 11.000 (AlJazeera) Menschen aufgrund der Proteste inhaftiert worden.

Lernen von Falludscha

Die Tageszeitung „junge Welt“ berichtet, dass auch kampferprobte Einheiten der US-Armee zum Einsatz kommen. Eingesetzt werden „Hunderte Fallschirmjäger der 82nd Airborne Division“ (jW vom 04.06.2020), diese erlernte und erprobte die Niederschlagung von Protesten im irakischen Falludscha im Jahr 2003. Wir, als SDAJ, kritisieren das Vorgehen der amerikanischen Regierung scharf. Wir verurteilen den Einsatz der Armee im Inneren (wie in den dutzenden Auslandseinsätzen), der Nationalgarde sowie der Polizei. Die staatlich-organisierte Gewalt muss sofort beendet werden, die Verantwortlichen für Polizeigewalt und staatlich-organisierten Terror müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Interessant ist, dass sich kritische Stimmen aus dem Lager der herrschenden Klasse mehren: 4-Sterne General James Mattis griff offen Trump an und beschuldigte ihn das Land „zu spalten“ (Offenbach Post, 05.06.2020), Barack Obama fand unterstützende Worte für die Demonstranten und der greise Jimmy Carter forderte ein „Ende der Rassendiskriminierung“ sowie appellierte an beide Seiten „Gewalt zu meiden“ (AFP). Nach der Androhung des Einsatzes weiterer Soldaten, distanzierte sich der US-Verteidigungsminister Mark Esper von den Plänen. Hiermit wird deutlich, dass ein Teil der herrschenden Klasse der USA, der sich vor den anstehenden Wahlen um die demokratische Partei gruppiert, versucht die Proteste durch scheinbare Unterstützung und einen heuchlerischen Anfall an Menschlichkeit zu vereinnahmen.

„Mister Trump please liberate Hong Kong“ (Slogan der Proteste in Hong Kong)

Während in den imperialistischen USA die Menschenrechte mit Knien am Hals niedergedrückt werden, ist man sich jedoch, im Kampf gegen den eigenen Abstieg nicht zu schade, mantraartig deren Einhaltung von anderen Staaten einzufordern. Somit soll erfolgreich verschleiert werden, um was es den USA in Wahrheit geht: Macht, Einfluss, Rohstoffe und Profit. Insbesondere zynisch und entlarvend wirken die erfolglosen Unterstützungen der US-Regierung im Hinblick auf die angebliche „Demokratie-Bewegung“ im chinesischen Hong Kong. In der südchinesischen Metropole war es seit gut einem Jahr wiederholt zu gewalttätigen Protesten gekommen, indessen Folge Geschäfte zerstört, Ordnungskräfte angegriffen und 2 Menschen getötet worden sind. Der Sprecher des chinesischen Außenministerium, Zhao Lijian, brachte es auf den Punkt: „Warum bezeichnen die USA diese schwarzgekleideten Aufrührer in Hong Kong als „Helden und Vorkämpfer“, aber denunzieren die eigenen Leute, die gegen Rassendiskriminierung vorgehen, als „Schläger“?“.

Solidarität heisst Widerstand! 

In Deutschland ist die Solidarität mit den Protesten in den USA groß. Bis in die Kreise der Herrschenden reichen kritische Worte zu Rassismus und staatlicher Gewalt. Wenn es um ähnliche Fälle in Deutschland geht ist von dort nur Stille zu hören. Oury Jalloh wurde in einer Polizeizelle ermordet und in Brand gesteckt. Trotz eindeutiger Beweise wird an einer unglaubwürdigen Selbstmordtheorie festgehalten, Spuren verwischt und gefälscht und die Täter gedeckt (POSITION #01/2019). Das geschah nicht in den USA sondern in Deutschland. Rechtsextreme Strukturen in Polizei und Bundeswehr, rassistische Polizeigewalt bis hin zu Mord sind auch hierzulande vorhanden. Sie sind kein Einzelfall – sie dürfen nicht verschwiegen werden. Die Solidarität in Deutschland mit den Protesten in den USA muss sich auch gegen Rassismus und Polizeigewalt in Deutschland wenden. Auf die Herrschenden und ihren Staat können wir dabei nicht bauen.

Wir erneuern hiermit unsere Solidarität mit den Protesten in den USA und rufen zur Beteiligung an den Protesten in Deutschland auf! Black lives matter!

Internationale AG der SDAJ, 05.06.2020

Quelle:

SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend

USA