Gott oder Gesetz: Neues Deutschland zur Entscheidung des Obersten Gerichts in Israel zum Siedlungsbau im Westjordanland
Das Völkerrecht spielt in Entscheidungsfragen der israelischen Regierung schon längst keine Rolle mehr. Trotzdem bleibt die eigene Justiz eine Instanz, die durch ihre Entscheidungen immer wieder zeigt: Israel ist vieles, aber keine Diktatur. So auch in dieser Woche, als das Oberste Gericht ein Gesetz des Parlaments von 2017 kippte, das illegal gebaute Siedlungen unter anderem durch Entschädigungszahlungen an betroffene Palästinenser legalisieren sollte. Doch so richtig und auch hoffnungsvoll die Entscheidung des Obersten Gerichts sein mag, die traurige Wahrheit ist: Sie wird folgenlos bleiben.
Die Regierung selbst sieht in dem Urteil eine Kriegserklärung. Vor allem dem wegen Korruption angeklagten Premier Benjamin Netanjahu sind die Gerichte schon lange ein Dorn im Auge; er tut alles dafür, die Justiz auszuhebeln. Laut Siedlungsministerin Zipi Hotoveli ist der Landraub ein von Gott gegebenes Recht; die bevorstehende Annexion von etwa 30 Prozent des Westjordanlandes bezeichnet sie folglich als „die einzig richtige Antwort“.
All das heißt nichts Gutes. Durch das schamlose Übergehen der eigenen Justiz stellt die Regierung den Frieden im Landesinneren und -äußeren aufs Spiel, indem sie auch die eigene Bevölkerung gegen sich aufwiegelt. Und Israel, zeitweilig eine eher hoffnungsvolle Demokratie im Nahen Osten, nimmt sich offensichtlich immer mehr ein Beispiel an der Politik jener Nachbarländer, die man gerne als von Religion geleitete Diktaturen verteufelt.
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