5. Dezember 2024

Geständnis Nummer Zwei

Der dritte Prozesstag wegen des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wurden am Dienstag (30.6.) zunächst einige Befangenheitsanträge bearbeitet und abgewiesen und in der Folge ein weiteres auf Video aufgezeichnetes Geständnis von Stefan Ernst vorgeführt.

Die Befangenheitsanträge, unter anderem gegen den Vorsitzenden Richter wurden abgelehnt. In einem YouTube-Video nach dem Verhandlungstag schien es dem Verteidigeranwalt Frank Hannig zu dämmern, dass, sowie solche Anträge abgelehnt werden, es kaum eine höhere Instanz als den Staatsschutzsenat gibt, an den man sich wenden könne. Die UZ nimmt das zum Anlass sich einmal tiefgehender mit der Instanz der Staatsschutzsenate zu befassen.

Das Video zeigte ein zweites Geständnis von Stefan Ernst vor dem Untersuchungsrichter. Dieses zweite Geständnis besteht im wesentlichen darin, dass kein Mord beabsichtigt war, sondern ein körperlicher Anrgiff mit dem vermutlichen Ziel der Einschüchterung. Dazu seien Ernst und Hartmann nach Wolfhagen-Istha zu Lübcke gefahren, hätten diesen bedrängt und im Gedränge hätte sich der Schuss gelöst. Mehrere Zeitungen (unter anderem die HNA, 1.7) bewerten diese als die weniger glaubhafte Variante des Tathergangs. Im Video selbst erklärt der Untersuchungsrichter, der verstehe diese Tatversion schlicht nicht. Im Februar kam es deswegen zu einem neuen Aussagetermin, Ernst wurde im Polizeipräsidium Kassel vernommen, sein Anwalt reißte aus Dresden an und stellte danach ein Berichtsvideo auf seinen Kanal. Es steht also zu vermuten, dass in der nächsten Sitzung das dritte Video mit der dritten Vernehmung vorgeführt werden wird.

In Zusammenahng gebracht wird der (von uns bereits angesprochene) Wechsel der Verteidigungsstrategie mit dem Wechsel des Verteidigers. Der erste Verteidiger Stefan Ernst´s hieß Dirk Waldschmidt und gilt als rechter Szeneanwalt. Unter dessen Ratschlägen legte Ernst das erste, von uns bereits dargestellte Geständnis ab. Danach wechselte er den Anwalt. Sein neuer, Frank Hannig stammt aus Dresden und betreibt einen YouTube-Kanal. Die dort vorgenommenen Kommentare können als „Law-and-Order“-Ideologie eingeordnet werden. Diese Haltung ermöglicht es ihm auch, seine Erkenntnisse bezüglich der Funktion der Staatsschutzsenate nicht als Kritik an diesen zu formulieren. Die offensichtliche Einschränkung von Verteidigerrechten wird dabei nicht kritisiert, sondern schlicht als Frage der juristischen Taktik behandelt. Mit ihm änderte sich die Verteidigerstrategie, und die Geständnisversionen. Ob dazwischen ein kausaler Zusammenhang besteht, kann begründet vermutet, aber letzten Endes nur spekuliert werden.

Es häufen sich Differenzen zwischen dem Hauptangeklagten Ernst und dessen Anwälten auf der einen und Markus Hartmann und dessen Anwälten auf der anderen Seite. Dabei geht es um prozesstaktische Fragen: Hartmann wird bisher nicht die Tötung vorgeworfen, sondern nur die Beihilfe.

Quelle:

blog.unsere-zeit.de

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