George Floyd: Tragischer Einzelfall oder System
Der Mord an George Floyd durch Polizisten in Minneapolis (USA) am 25. Mai 2020 hat weltweit für Entsetzen gesorgt. Fast 9 Minuten lang kniete der Polizist Derek Chauvin auf Floyds Hals, während seine drei Kollegen tatenlos daneben standen. Immer wieder schrie Floyd dabei: „I can‘t breathe!“. Seine letzten Worte. Die Bilder geisterten durch alle Medien und sozialen Netzwerke, Floyds letzte Worte wurden zum Slogan weltweiter Proteste und der Mord wurde in der Öffentlichkeit breit diskutiert.
Während einige von einem tragischen Einzelfall sprachen oder den Mord sogar zu rechtfertigen versuchten, wurde aber auch immer wieder über Rassismus und Polizeigewalt als strukturelles Problem diskutiert. Besonders US-Präsident Trump rückte dabei in den Fokus der Kritik, der seit Jahrzehnten mit rassistischer Rhetorik auftritt, der er seit seiner Amtsübernahme auch Taten folgen lässt. Trumps menschenverachtende Politik ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Jährlich werden in den USA hunderte Schwarze durch Polizisten ermordet. So kam es 2014 in den USA bereits zu massiven Protesten gegen rassistische Polizeigewalt, als Eric Garner von New Yorker Polizisten zu Tode gewürgt wurde. Auch seine letzten Worte waren „I can‘t breathe!“. Die wochenlangen Ferguson-Riots folgten einen Monat später. Präsident damals war jedoch nicht Trump, sondern der „Demokrat“ Barack Obama. Von Einzelfällen kann hier also keine Rede sein, die von Rassismus und Polizeigewalt geprägte US-amerikanische Geschichte – von den Anfängen der Sklaverei über die Bürgerrechtsbewegungen bis hin zu George Floyd – ist Beweis genug.
Nun heben Experten in den Medien nun den Zeigefinger über den großen Teich, um die Ereignisse in den USA anzuprangern, doch dabei sind diese bei weitem kein US-amerikanisches Phänomen. Ein Blick in die EU reicht aus, um die Problematik zu verdeutlichen. So kommt es beispielsweise in Frankreich immer wieder zu massiven Protesten gegen rassistische Polizeigewalt, wie 2005, nach dem die Jugendlichen Zyed und Bouna nach einer Hetzjagd durch die Polizei ums Leben kamen, oder 2016, als Adama Traoré nach einer brutalen Festnahme erstickte. Und auch in der BRD ist rassistisch motivierte Polizeigewalt längst kein Einzelfall. Bereits 15 Jahre ist nun der Mord an Oury Jalloh her, der verbrannt in seiner Zelle „aufgefunden“ wurde. Im selben Jahr wurde Laya-Alama Condé auf einer Polizeiwache ermordet und 2018 starb Amad Ahmad in der JAV Kleve – als es in seiner Zelle brannte. Dies sind nur einige Namen, der seit 1990 über 150 in Polizeigewahrsam ermordeten Migranten in der BRD.
Polizei, Rassismus, Kapitalismus
Schon Lenin wusste, dass die Polizei eines der „Hauptwerkzeuge der Gewaltausübung der Staatsmacht“ ist. Das bedeutet, dass die Polizei die Aufgabe hat, die kapitalistische Herrschaftsordnung, also die Macht der Banken und Konzerne, zu schützen. Kämpfe der Arbeiterbewegung gegen den Kapitalismus wurden in der Geschichte stets mit massiver Repression und Gewalt seitens der Polizei beantwortet. Und das ist heute nicht anders: Nazi-Demos wird immer wieder der Weg freigeknüppelt und antikapitalistische Proteste, wie zum Beispiel die G-20-Proteste in Hamburg, mit massiven Polizeiaufgeboten niedergeschlagen.
Während sich die kapitalistische Krise zuspitzt und der Unmut gegen den Kapitalismus wächst, werden immer mehr Millionen für die Finanzierung der Polizei locker gemacht. Auch der Ausbau der Überwachung und die neuen Polizeigesetze zeigen, dass mit zunehmender Krise der Repressionsapparat verschärft wird. Des Weiteren muss die Polizei auch die herrschenden Gesetze durchsetzen und Kriminalität bekämpfen. Da diese Gesetze ebenso meist zum Schutz der herrschenden Klasse gemacht wurden und Kriminalität meist die Folge von Armut ist, hat die Polizei auch sehr oft mit den unteren Schichten zu tun. Und so werden jährlich 7000 Menschen wegen Fahrens ohne Fahrschein eingesperrt, während millionenschwere Steuerhinterzieher frei herumlaufen.
Um ihr Ausbeutersystem zu legitimieren, versuchen die Herrschenden die Arbeiterklasse so weit wie möglich zu spalten, beispielsweise in Mann und Frau oder Deutsch und Migrant. Dazu braucht sie unter anderem Rassismus als Spaltungsinstrument, um die Menschen gegeneinander auszuspielen. Zum Beispiel wird die geschürte Angst vor dem Islam dazu genutzt, den Überwachungsapparat weiter auszubauen. Durch systematische Benachteiligungen auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt werden Migranten oftmals in die prekärsten Schichten gedrückt, wodurch manchmal Kriminalität der einzige Ausweg ist.
Durch rassistische Hetze, die den systembedingten Zusammenhang zwischen Armut und Kriminalität ausblendet, wird der Mythos vom kriminellen Migranten immer weiter verschärft. So kommt es dann zu pauschalen Vorurteilen, die sich konkret im „racial profiling“ (rassistische Polizeikontrollen und -gewalt) der Polizei ausdrücken. Der Rassismus der Polizei ist also nicht durch einzelne rassistische Polizisten bedingt, die es natürlich gibt, sondern erklärt sich aus deren Funktion. Zum Schutz der herrschenden Ordnung unterdrücken sie die politischen Gegner und verschärfen die Spaltung der Arbeiterklasse durch rassistische Praktiken. Es handelt sich dabei nicht um ein individuelles, sondern um ein strukturelles Problem des Kapitalismus.
Unsere Antwort: Klassenkampf!
Geschützt und gefördert wird die Polizei vom Staat. Zur Aufklärung oder gar Verurteilungen von Polizisten kommt es so gut wie nie, wenn dann nur durch öffentlichen Druck. Die Verbindungen zwischen Polizei und Faschisten (beim NSU 2.0 oder Uniter) sind offensichtlich und zeigen, welche politische Seite hier beschützt wird. In der aktuellen Debatte wird oftmals die Forderung nach einer demokratischen Aufklärungsbehörde laut. Die Aufklärung und Verurteilung von (rassistischer) Polizeigewalt wäre sicherlich ein Fortschritt, allerdings dürfen wir uns nicht der Illusion hingeben, das Problem wäre damit gelöst. Der Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt kann nicht losgelöst vom Kampf gegen den Kapitalismus gesehen werden. Dazu muss sich die Arbeiterklasse über alle Spaltungsgrenzen hinweg organisieren und für ihre gemeinsamen Interessen kämpfen.
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