23. November 2024

75 Jahre Weltgewerkschaftsbund

wftu160Vor 75 Jahren, am 3. Oktober 1945, wurde der Weltgewerkschaftsbund (WGB) in Paris gegründet. In den letzten Tagen organisierten Gewerkschaften auf der ganzen Welt Aktion, um an die Gründung des WGB zu erinnern.

Am 3. Oktober 1945 fanden sich Delegierte, die 67 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus 56 nationalen Organisationen aus 55 Ländern und 20 internationalen Organisationen repräsentierten, zur Gründungskonferenz des Weltgewerkschaftsbundes zusammen. Der Pariser Weltgewerkschaftskongress entsprach dem Willen der organisierten Arbeiterinnen und Arbeiter der Welt, die nach zwei Weltkriegen und dem großen antifaschistischen Sieg der Völker im Mai 1945 für eine Welt ohne Krieg und soziale Ungerechtigkeit eintraten.

Für die Werktätigen und die antifaschistischen Kräfte war der Sieg über den deutschen und italienischen Faschismus, das Erstarken der antikolonialen und antiimperialistischen Kräfte ein Zeichen für das Voranschreiten in eine neue Welt des sozialen Fortschritts, des Friedens, der Demokratie, der Freiheit und des Wohlstandes. Jedoch mit dem Bewusstsein, dass verschiedene Staaten und Regierungen, auch in der Anti-Hitler-Koalition und in den Vereinten Nationen, Hitler unterstützt und gestärkt hatten, die jetzt versuchten die antikolonialen und antiimperialistischen Bewegungen zu unterdrücken und nicht auf deren Verlautbarung vertraut werden darf, sondern eine Vereinigung der Arbeiterinnen und Arbeiter der Welt für einen gemeinsamen Kampf für eine solche neue Welt notwendig ist.

Kalter Krieg und Spaltung der Gewerkschaftsbewegung

Ende der vierziger Jahre wurde vonseiten der imperialistischen Staaten immer offener ein Kalter Krieg, eine neue Konfrontation mit der sozialistischen Sowjetunion und den antifaschistisch-demokratischen Staaten im Osten Europas propagiert. Gemeinsam mit dem ehemaligen Gegner – ehemaligen deutschen und italienischen Faschisten – betrieben die westlichen Staaten der Anti-Hitler-Koalition die Spaltung Deutschlands, Europas und der Welt. Eine Konfrontation, die von verschiedenen nationalen Gewerkschaftsverbänden und deren sozialdemokratischen Führern auch in den WGB getragen wurde.

Einer der zentralen Konflikte war die Haltung des WGB zum Marshall Plan. Die Führung des WGB versuchte eine Spaltung zu verhindern, der damalige Generalsekretär des Weltgewerkschaftsbundes, Louis Saillant, schrieb: „Man darf nicht versuchen, die Ansichten eines nationalen Gewerkschaftsdachverbandes einer vereinigten internationalen Gewerkschaftsorganisation aufzudrängen, wie es die amerikanischen Gewerkschaften im Hinblick auf den Marshall-Plan tun wollten. Da wir damals unterschiedliche Standpunkte hatten, schlugen wir vor, einfach die Existenz des Marshallplans zur Kenntnis zu nehmen und den WGB nicht in die Lage zu versetzen, eine Entscheidung für oder gegen den Marshallplan treffen zu müssen. Dieser Versuch wurde trotz allem unternommen, eine Entscheidung durchzusetzen, obwohl es im WGB eine Mehrheit gegen den Marshallplan gab. Wir haben nicht darum gebeten, dass diese Mehrheit genutzt wird. Aber es gab einige Leute, die wollten, dass die Mehrheitsentscheidung genutzt wird, um eine Spaltung zu provozieren“. Die Spaltung wurde schließlich erzwungen mit einem Brief des Arbeiteraristokraten der britischen Gewerkschaft TUC Arthur Deakin, in welchem er „die Aussetzung aller Aktivitäten des WGB für einen Zeitraum von 12 Monaten“ forderte. Die Forderung hatte er dem Exekutivbüro vorgetragen, dieses erklärte sich für nicht zuständig und verwies den Antrag dem Exekutivausschuss und dem Kongress. In der Folge zogen sich US-amerikanische, britische und niederländische Organisationen zurück und finalisierten die Spaltung mit der Gründung des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften in London im Dezember 1949. Die Spaltung der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung wurde einmal mehr von opportunistischen und sozialdemokratischen Bewegungen betrieben, die die Arbeiterklasse in den Dienst des Imperialismus und der Monopolbourgeoisie zu stellen versuchen.

Der Weltgewerkschaftsbund hielt seinen zweiten Kongress vom 29. Juni bis zum 9. Juli 1949 in Mailand ab. Am Kongress nahmen Delegationen aus 61 Ländern teil, die rund 71 Millionen Mitglieder vertraten, teil. Der Antrag der TUC die Aktivitäten des WGB einzustellen wurde mit großer Mehrheit zurückgewiesen und die Delegierten beschlossen einen Offenen Brief an die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in den USA, Großbritannien und anderen Ländern, in welchem sie diese aufforderten, Wege zur Einheit der Gewerkschaftsbewegung zu finden.

Der Weltgewerkschaftsbund heute

Seit dem zweiten Kongress in Mailand 1949 hat der WGB eine Vielzahl von Weltkongressen abgehalten und bis heute durch verschiedene Gewerkschaften in vielen Ländern der Welt vertreten. Trotz aller Schwierigkeiten hat der WGB sich immer um eine Einheit im Kampf um die Interessen der Arbeiterklasse bemüht. In den am Weltkongress des WGB 1994 in Damaskus verabschiedeten Zielen heißt es:

„Der WGB verkündet daher sein vorrangiges Ziel, zur Emanzipation der Werktätigen durch den Kampf beizutragen: Gegen alle Formen der Ausbeutung der Menschen und für die Erlangung und Gewährleistung von Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmer, die es ihnen ermöglichen, aus den Früchten ihrer Arbeit den größtmöglichen Nutzen zu ziehen, um für sie und ihre Familien die Zeit und die Mittel zu erlangen, unter Bedingungen zu leben, die unserer Epoche entsprechen, die durch den rasanten Fortschritt von Wissenschaft und Technik gekennzeichnet ist: Gegen Kolonialismus, Imperialismus, Herrschaft und Expansionismus auf wirtschaftlichem, sozialem, politischem und kulturellem Gebiet;

Für die Beseitigung von Rassismus und Unterentwicklung; zur Gewährleistung der Souveränität, Freiheit und Sicherheit der Nationen, der Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten, der Achtung ihrer politischen, wirtschaftlichen und sozialen Unabhängigkeit und der Errichtung einer neuen und gerechten internationalen Wirtschaftsordnung; für das Recht auf Vollbeschäftigung und die Garantie dieses Rechts;

Für eine vollständige und angemessene Sozialversicherungsgesetzgebung zum Schutz der Arbeitnehmer und ihrer Familien im Krankheitsfall und im Alter sowie für jede andere Art von Unterstützung und sozialer Sicherheit; für Ausbildung, Bildung und Kultur für alle Arbeitnehmer, um ihnen so den Zugang zu jeder Verantwortung oder Position im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu ermöglichen; für den Schutz der Arbeitsumwelt, wirksame Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Förderung ökologischer Standards und einer nachhaltigen Entwicklung;

Für die Verwirklichung der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Demokratie, die Verteidigung und Entwicklung der Rechte und Freiheiten der Arbeitnehmer und Gewerkschaften, die Achtung der Menschenrechte und die Umsetzung der Allgemeinen Erklärung der Gewerkschaftsrechte;

Für die Verhinderung eines Atomkrieges und die Auflösung aller Militärbündnisse und ‑blöcke; gegen Aggression und Krieg und zur Förderung der internationalen Entspannung, der Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens, der friedlichen Koexistenz und der für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit zwischen allen Völkern und zwischen den Staaten;

Zur Beendigung des Wettrüstens, insbesondere im Bereich der Kernwaffen und des vollständigen Verbots und der Beseitigung von Kernwaffen; und zur schrittweisen Rüstungsreduzierung, die zu einer allgemeinen und vollständigen Abrüstung führt.“

Quelle: WGB

Quelle:

Zeitung der Arbeit

International