Tsipras droht mit Neuwahlen
In einem Interview mit »Sto Kokkino«, dem Rundfunksender seiner Partei Syriza, hat Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras mit vorgezogenen Neuwahlen gedroht, wenn die Spaltung seiner Partei nicht überwunden werden kann. »Ich bin der Garant der Einheit in Syriza und werde bis zum Ende darum ringen, sie zu garantieren. Doch erzwungene Einheit gibt es nirgendwo«, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur ANA-MPA den Regierungschef. Er werde es nicht zulassen, dass die Syriza »zu einem Problem für das Land wird«, erklärte er in Richtung auf die Strömungen in seiner Partei, die den Kurswechsel der Regierung kritisieren.
Tsipras deutete an, dass die »Rebellen« schon lange vor den jüngsten Ereignissen entschlossen gewesen seien, die Partei zu spalten. Wenn dies geschehe, bliebe ihm nichts anderes übrig, als Neuwahlen anzusetzen: »Ich wäre der letzte, der Wahlen wollen würde, wenn wir eine sichere Regierungsmehrheit für einen Plan hätten, unsere vierjährige Amtszeit zu vollenden – einen Versuch, in der realen Politik und nicht in der Theorie darum zu kämpfen und beurteilt zu werden, ob wir mit der Macht umgehen können. Wenn ich keine parlamentarische Mehrheit habe, werde ich, werden wir gezwungen sein, Wahlen abzuhalten«, erklärte er.
Auf diese Weise könnte Tsipras die linke Opposition in seiner Partei ausschalten, wie Andreas Wehr in der Tageszeitung »junge Welt« festgestellt hat: »Das griechische Wahlrecht gibt einem Parteiführer die Macht, die Kandidatenliste für Parlamentswahlen weitgehend allein zu bestimmen, findet eine Neuwahl im Zeitraum von 18 Monaten nach dem letzten Urnengang statt. Nutzt Tsipras diese Chance, so könnte er den gegenwärtig noch starken linken Flügel in der Parlamentsfraktion liquidieren. Nicht auszuschließen ist, dass Syriza eines Tages die inzwischen auf eine Partei mit nur noch wenigen Prozenten Wählerzustimmung geschrumpfte sozialdemokratische Pasok ersetzen wird.«
Im Interview mit »Sto Kokkino« verwies Tsipras zudem auf seinen Vorschlag, im September eine außerordentliche Konferenz seiner Partei einzuberufen, die Entscheidungen über die strategischen Fragen treffen solle. Eine vorherige Entscheidung lehnte er ab: »Da zeigt sich nicht einmal mehr ein Minimum kameradschaftlicher Solidarität. Es ist, als wenn wir eine Bombe in der Hand hielten, und sie sagen: ›Nein, wir werden dich zwingen, die Bombe in deiner Hand explodieren zu lassen‹.«
Indirekt forderte er die Abgeordneten der Regierungsfraktion, die mit dem Kürzungskurs nicht einverstanden sind, zum Rücktritt auf. »Wenn eine Entscheidung kollektiv getroffen wurde, dann muss diese kollektive Entscheidung von allen Abgeordneten respektiert werden. Ansonsten sehen die Regeln der Syriza-Fraktion vor, dass diejenigen, die einen anderen Standpunkt haben, ihre Sitze aufgeben müssen.« Das verlange er zwar nicht, aber »in meinen Augen kann man nicht sagen: Ich stimme gegen die Vorschläge der Regierung und gleichzeitig unterstütze ich sie. Das ist zu surreal.«
Quellen: ANA-MPA, junge Welt, Sto Kokkino / RedGlobe