Portugal nach den Wahlen: Kommunisten bereit zur Tolerierung
Wie bei allen Wahlen seit 1999 gehört das Wahlbündnis der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) mit den Grünen (PEV, Partido Ecológico – os Verdes) zu den Siegern. Das solide Wachstum des Bündnisses (mit dem portugiesischen Kürzel CDU für Coligação Democrática Unitária) hat sich auch bei den Parlamentswahlen vom 4. Oktober bestätigt, und dies sowohl in Anzahl der Stimmen, im relativen Wähleranteil oder in Parlamentsmandaten ausgedrückt.
Die traditionellen Rechtsparteien PSD und CDS haben ihre absolute Regierungsmehrheit verloren und kommen zusammen auf 38 Prozent der Wählerstimmen und 104 Parlamentssitze. Die Sozialisten sind mit 32 Prozent weit unter ihren Erwartungen geblieben und erhalten 85 Mandate. Zusammen mit der kommunistischen PCP (8,3 Prozent, 17 Sitze) und dem Linksblock (10,2 Prozent, 19 Sitze) verfügen sie über 121 Sitze im 230-köpfigen Parlament. Das würde ausreichen, um eine Regierung zu bilden. SP und Linksblock zusammen kommen auf 104 Sitze, also gleichviel wie PSD und CDS. Im Parlament sitzt ferner ein unabhängiger Vertreter der Tierfreunde. Vier Sitze sind noch offen, da die Stimmen der Auslandportugiesen noch nicht ausgezählt sind. Sie werden aber an den möglichen Kombinationen zur Regierungsbildung nicht viel ändern.
Allgemein betrachtet bedeuten die Hauptergebnisse eine weitere Stärkung des Vertrauens im Kampf der Volksschichten gegen die Offensive des Grosskapitals.
Die numerischen Kräfteverhältnisse im neuen Parlament sind so ausgefallen, dass sowohl die bisherige Regierungskoalition (PSD/CDS) von Premier Pedro Passos Coelho wie auch die Sozialistische Partei (SP) von António Costa Minderheitsregierungen bilden könnten, wobei beide auf eine minimale Unterstützung oder Duldung von Seiten der Opposition angewiesen wären. Denkbar wäre eine grosse Koalition der SP mit den Rechtsparteien. Allerdings befürchtet man in der SP-Führung bei diesem Szenario ein ähnliches Schicksal, wie es der griechischen Schwesterpartei PASOK widerfahren ist.
»kommunisten.de«: Die Kommunisten sind schuld!
Die Behauptung der deutschen Internetseite »kommunisten.de«, wonach die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) den Weg zu einer rechnerisch möglichen Linksregierung versperre, entspricht nicht den Tatsachen. Diese verhalten sich gerade umgekehrt: Die PCP garantiert den Sozialisten die Regierung. Sie ist nicht nur bereit, die Sozialisten ans Ruder zu lassen, sondern will die SP dazu zwingen, die Regierungsverantwortung zu übernehmen und setzt eine betont niedrige Schwelle für die Voraussetzungen ihrer Unterstützung an, was den Druck auf die Sozialisten erhöht und ihre parteiinterne Opposition gegen eine Links-Regierung ein Stück weit entwaffnet.
Nach Bekanntwerden des eigenen Misserfolgs beim Griff nach der Mehrheit hatte der Sozialistenführer Costa seine Niederlage eingeräumt und schon am Wahlabend betont, dass der Ball nun bei der Rechtskoalition PSD/CDS liege, was die Regierungsbildung anbelangt. Am Montag kündigte der Fraktionsvorsitzende der PCP, João Oliveira, an, dass sich die PCP jedem Versuch von Seiten des Staatspräsidenten Aníbal Cavaco Silva zur Fortsetzung der von dem Volk abgewählten Koalition und ihrer Politik widersetzen wird. PCP-Generalsekretär Jerónimo de Sousa legte diese Woche nach: »Wenn die SP die Regierung nicht stellt, dann nur, weil sie nicht will.« Es liege an den Sozialisten, die für eine stabile Regierung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Präsident Cavaco bewegt sich derweil am Rande der Verfassung mit Anspielungen, die darauf hinaus laufen, das Recht zur Regierungsbildung auf den sogenannten »regierungsfähigen Bogen«, bestehend aus den drei Parteien PSD, CDS und PS, zu beschränken.
Sondierungen zwischen Kommunisten und Sozialisten
Die Kommunisten und die Sozialisten haben am Donnerstag in einem Gespräch die Möglichkeiten zu einer Regierungsbildung ausgelotet. Im Anschluss an diese erste Gesprächsrunde am Sitz der PCP stellte Jerónimo de Sousa gegenüber der Presse fest, dass sich die Kommunisten jedem Versuch von Seiten des Staatspräsidenten zur Fortsetzung der von dem Volk abgewählten Regierung und ihrer vom Volk verworfenen Politik widersetzen werden. Sie würden jede Regierung unterstützen oder sich daran beteiligen, welche bereit ist, vollständig mit den Politiken der letzten Jahre zu brechen und eine linke, patriotische Politik auf der Grundlage eines gemeinsamen Programms zu betreiben.
Angesichts der weit auseinander liegenden Parteiprogramme hat dieses Szenario keine grossen Erfolgsaussichten. Die PCP erklärt sich dennoch bereit, auch eine Regierung der Sozialisten in den Sattel zu hieven, welche das Programm ihrer eigenen Partei realisiert, und eine solche Minderheitsregierung gegenüber Misstrauensanträgen von rechts zu beschützen. Ausdrücklich keine entsprechende Voraus-Garantie gab die PCP bezüglich Zustimmung für die jährlichen Haushalte, die der parlamentarischen Genehmigung bedürfen.
Damit ist der Ball nun bei Costa. Ein führender Sozialist und Vertrauter von Costa warnte dieser Tage seine Partei öffentlich davor, mit den Rechtsparteien zu paktieren, wobei er ausdrücklich auf das Risiko der »Pasokisierung« hinwies. In den Medien wird derweil spekuliert, ob solche Signale des Liebäugelns mit einer Linksregierung mehr seien als blosses Bluffspiel zum Aufbau von Druck, um die eigene Verhandlungsposition mit den Rechtsparteien zu verbessern. Natürlich fehlt es auch nicht an Warnungen, dass die SP ins Schlepptau der Kommunisten geraten könnte.
Quelle: kommunisten.ch / RedGlobe