22. November 2024

DKP vor ihrem Parteitag: Zu undeutliches Programm – zu undeutliche Perspektive

Wir dokumentieren nachstehend einen von Frank Braun im Onlinemagazin »Trend« veröffentlichten Artikel im Vorfeld des am übernächsten Wochenende stattfindenden Parteitages der DKP und laden zur Diskussion ein.

Für den 14./15. November ist der 21. Parteitag der DKP geplant. Neben der Neuwahl des Parteivorstands wird es dort wesentlich um die Beschlußfassung eines Leitantrags gehen. Dessen Entwurf zirkuliert seit einigen Monaten in den Parteigliederungen und, wie die Reaktionen zeigen, wird dort auch diskutiert. Vor allem der Führungskader der DKP um Patrik Köbele, Hans-Peter Brenner und Wera Richter müht sich heftig um Mobilisierung im Sinne einer breiten internen Aussprache.

Allerdings, zu sehr hat sich die DKP in den letzten Jahren vor allem mit sich selbst beschäftigt. Außenaktivitäten der Parteigliederungen waren und sind kaum zu vernehmen. Kurz, die Partei erscheint noch immer wie gelähmt, ihre Existenz bleibt gefährdet.

Nach allem, was über die Antragslage zu lesen, was auf den Theoretischen Konferenzen der letzten Monate zu hören war, steht zu befürchten, daß die führenden Genossen der DKP bei ihrem emsigen Engagement auch einem Irrtum aufsitzen. Denn offenbar nehmen sie an, sie könnten die Einheit der Partei und deren kommunistische Erneuerung auf Grundlage alter Programmatik und Herausstellen von bloßen Begriffsensembles als Orientierungslinie herstellen. Bestenfalls wird es daher auf dem Parteitag gelingen, die auf ‚Mosaik-Linke‘ gestimmte sozialdemokratische Strömung innerhalb der DKP um L.Mayer und B. Jürgensen aus dem Parteivorstand zu drängen. Die negative Entwicklung aber, was die Zahl der Mitglieder und vor allem was den öffentlichen Einfluß als KommunistInnen betrifft, wird so erst einmal nicht zu stoppen sein.

Ein Blick auf eine Stellungnahme von Patrik Köbele(1) als Vorsitzendem der DKP zu den erfolgreichen Anti-TTIP-Protesten vom 10.10.2015 in Berlin, als 250.000 TeilnehmerInnen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Zusammenhängen klare Kante gegen das herrschende politisch Establishment zeigten, mag die Problemlage der DKP illustrieren.

Wohl wirkt Köbeles Beschreibung der Protestaktion anschaulich und authentisch und er resümiert zutreffend: „Bunt, kreativ und antikapitalistisch“. Und weiter: „Wir Kommunistinnen und Kommunisten waren gut sichtbar und wir sind unverzichtbarer Teil dieser Bewegung. Wir haben inhaltlich etwas beizutragen. Zentral hier der Antiimperialismus, der für die Bewegung auch deshalb wichtig ist, weil er Fehleinschätzungen – wie hier gäbe es ein alleiniges Nachgeben gegenüber Interessen des US-Kapitals – verhindert. Nein, die Monopole diesseits und jenseits des Atlantiks spekulieren auf Vorteile. Sie wissen auch um die Risiken, dass es beim Konkurrenzkampf mit gelockerten Freihandelsregeln auch Verlierer geben wird.“

Gut und schön, aber von ‚Antikapitalismus‘ und ‚Antiimperialismus‘ ist nun gerade im Entwurf des Leitantrags zum 21. Parteitag der DKP gar nicht die Rede!

Bei seiner Beurteilung der Demo in Berlin vergaß Köbele auch, daß sehr viele Gruppen gerade aus der Umweltschutzbewegung in Berlin waren und den Protest aus ökologischer Sicht mitgetragen haben. Und auch dieser Aspekt der ökologischen Krise, die der Kapitalismus beständig verschärft, ist im besagten Leitantragsentwurf gar nicht erwähnt !

Man muß also fragen, welchen Gebrauchswert denn die DKP für die bei der Demo in Berlin repräsentierten Bewegungen haben soll, wenn sie zu diesen Themen keine Orientierung veräußern möchte ? Das zu kritisieren, ist gewiss nicht Begriffshuberei, denn wer als strategischen Fokus heute ‚Antimonopolismus‘ statt ‚Antikapitalismus‘ und ‚Antiimperialismus‘ ausrollt, kann kaum erklären, warum es einen, wie es im Leitantragsentwurf heißt, „Grundwiderspruch zwischen Arbeit und Kapital“ gibt.(2)

Aber der Parteitag hat ja noch nicht stattgefunden und ein Leitantrag mithin noch nicht verabschiedet. Vielleicht gelingen ja noch Korrekturen …

Parteigeschichte mit Ballast

Die DKP geht in ihrem aktuellen Programm davon aus, daß mit erfolgreichem Kampf gegen die Monopole, der Kapitalismus quasi auch gleich miterledigt wäre. Der nämlich präsentiere sich heute ’staatsmonopolistisch‘ und betreibe immer deutlichere Indienststellung von Funktion des liberalen bürgerlichen Staates für die politischen und ökonomischen Zwecke der großen Monopole. So müsse die strategische Bruch- und Bündnislinie eben ‚antimonopolistisch‘ sein und jeglicher Klassenkampf solle der ‚antimonopolistischen Strategie‘ sozusagen auf die Sprünge helfen.(3)

Bei dieser ‚antimonopolistischen‘ Schlußfolgerung verweisen die DKP-Theoretiker auf eine Quelle, die mit solcherart Politologie nun wirklich nichts zu tun hat. Es ist nämlich eher eine Verballhornung dessen, was einst Georgi Dimitroff und die führenden KommunistInnen der Komintern (Kommunistische Internationale) ihren Parteien unter den Krisenbedingungen von Faschismus und Krieg Mitte der 1930er Jahre empfahlen. Dort hieß es nämlich: Bildet Volksfronten gegen Faschismus und Krieg mit allen, auch bürgerlichen Schichten des Volkes, mit den diversen Formen von Einheitsfront der Arbeiterorganisationen im Kern! Sichert damit auch die Existenz der Partei, denn sie steht mit dem Rücken an der Wand! Schafft Möglichkeiten breitester, aktiver gesellschaftlicher Betätigung auch für die Menschen außerhalb der Partei!

Diese Ziele sind, gemessen an jener Zeit vor der Machtergreifung der Nazis, nichts anderes als eine aus der Existenzkrise der KP sowie aller Organisationen der ArbeiterInnenklasse herrührende veränderte strategische Etappenbestimmung. Damit war für eine ganze Weile nicht mehr die soziale Revolution der ArbeiterInnenklasse und der mit ihr verbündeten Schichten strategisches Etappenziel. Freilich blieb die Auflösung des Grundwiderspruchs zwischen Lohnarbeit und Kapital zugunsten der ArbeiterInnenklasse als Fernziel erhalten und in den osteuropäischen Volksdemokratien erhielt diese Zielstellung durch deren sozialistische Umgestaltungen Ende der 1940er / Anfang der 1950er Jahre ja auch einen enormen Schub nach vorne.

Die Theoretiker der DKP erklärten dagegen gelegentlich der Gründung der Partei in 1968 ihr ‚Volksfrontkonzept‘ in Gestalt einer ‚antimonopolistischen Strategie‘ zu ihrer Programmkonstante, die offenbar jenseits ganz unterschiedlicher historischer Gegebenheiten seither als Etappenziel Geltung haben soll.

Kein Wunder, daß sich die DKP gleich zu Beginn ihre Tätigkeit als legale Partei von Gliederungen der illegalen KPD aber auch von Teilen der Studentenbewegung darüber belehren lassen mußte, daß sie in puncto Kapitalismuskritik nicht gerade auf der Höhe der Zeit ist.(4) Sie war so offensichtlich in ihrem ‚Antimonopolismus‘ befangen und gleichzeitig so fern von ‚Antikapitalismus‘ und ‚Antiimperialismus‘, daß sie kurz nach ihrer Gründung, als es wieder verstärkt klassenkämpferische Bewegung in der ArbeiterInnenklasse gegen den Widerstand speziell der sozialdemokratisch orientierten Gewerkschaftsspitzen gab, nichts Besseres zu tun hatte, als bei Zuspitzung solcher Konflikte stets das Bündnis mit eben diesen Sozialdemokraten zu suchen. Als Letztgenannte sich Anfang der 1970er Jahre nicht mehr anders zu helfen wußten, als gegen klassenkämpferischen Regungen mit gewerkschaftlichen Unvereinbarkeitsbeschlüssen zu Felde zu ziehen, standen DKP-Repräsentanten noch immer und demonstrativ im Schulterschluß mit den SPD-Vertretern.

Sollte diese ‚antimonopolistische‘ Orientierung auch heute noch beibehalten werden, müßte der kommende Parteitag doch einmal erklären, wer oder was die Partei daran hindert, wenigstens programmatisch für die soziale Revolution unter Führung der ArbeiterInnenklasse Partei zu ergreifen und dies konsequent dann auch als Etappenziel zu propagieren und eben nicht ihren ‚Antimonopolismus‘ ! Die für KommunistInnen seltsame ‚Antimonopolismus‘-Schlußfolgerung der DKP, diese eher esoterisch anmutende Sicht der Dinge ist für eine umfassende Kritik der kapitalistischen Produktionsverhältnisse und eine konkrete Kritik von deren Erscheinungsformen, für den Zusammenschluß der Fortschrittlichsten unter den AntikapitalistInnen in und um eine kommunistische Strömung in der ArbeiterInnenklasse mindestens hinderlich. Damit die ArbeiterInnenklasse wenigstens punktuell nicht nur als Klasse an sich sondern zunehmend als Klasse für sich agieren kann, müssen die gesellschaftlichen Alternativen eben auch deutlich und nicht durch verschwurbelte und ahistorische Volksfrontentwürfe verschüttet sein.(5)

Der DKP sind nahezu alle ihrer Betriebsgruppen abhanden gekommen. Es sieht ganz so aus, als habe ‚antimonopolistische Strategie‘ Wirkung gezeitigt …

Einerseits Aufbruch – andererseits nur Begriffe als Ersatz für ein kommunistisches Programm

Diejenigen, die sich als kommunistische Erneuerer in der DKP sehen, verbinden mit dem Entwurf zum Leitantrag die Hoffnung, daß die Mehrheit der Delegierten sich zu einem revolutionären Begriffsensemble im Leitantrag bekennen und daß die Mosaik-Linke-Minderheit dann sozusagen die Segel streicht.

Diese Bemühungen verdienen Anerkennung und Unterstützung. Insbesondere das Beharren auf eigenständiger Bedeutung der Kommunistischen Partei trifft auf den hartnäckigen Widerstand der Parteirechten v.a. aus der fraktionierenden Gruppe ‚marxistische linke‘. Damit verbunden, weisen die inzwischen lauter werdenden Stimmen gegen einen Verbleib der DKP als Beobachter im organisierten Umfeld der Europäischen Linkspartei in eine positive Richtung. Auch die Tatsache, daß etliche Gliederungen der Partei mit eigenen Ergänzungs- und Korrekturvorschlägen an den Bemühungen um ein kommunistisches Profil der DKP mitwirken, dürfte sich positiv auswirken.

Der Parteivorstand hatte sich bei der Abfassung seines Entwurfs zum Leitantrag entschlossen, genau jene Themen in den Mittelpunkt zu rücken, die im Vorfeld am stärksten einen Dissens unter den Mitgliedern offenbarten: Die Bedeutung von Marxismus-Leninismus, das Verhältnis von Reform und Revolution bzw. revolutionärem Bruch. Man wollte aber ausdrücklich keine Programmdiskussion. Das existierende Programm von 2006 sei gut und bliebe nach wie vor gültig, so Hans-Peter Brenner, stellv. Vorsitzender der DKP, auf der Theoretischen Konferenz in Kassel im September diesen Jahres.

Über die Qualität dieses Programms der DKP von 2006 ist weiter oben schon einiges geschrieben. Der angesprochene Beharrungswillen ist die eine Seite. Die andere: Die genannten Themen werden im Leitantragsentwurf nur unzureichend behandelt und sind damit für sich gesehen eher ungeeignet, eine vorwärtstreibende innerparteiliche Polarisation zu bewirken.

Dem Leitantragsentwurf merkt man zudem an, daß er ausschließlich nach innen gerichtet ist, er entbehrt jeglicher Werbewirksamkeit nach außen. Er bleibt den Beweis schuldig, daß eine kommunistische Partei auch praktisch, gemessen an der Klassenwirklichkeit von heute, unverzichtbar ist und daß diese den ‚Marxismus-Leninismus‘ als ideologische und theoretische Leitschnur haben muß. Was würden wohl die beiden Cheftheoretiker des ‚Marxismus-Leninismus‘ dazu sagen ? Es steht zu vermuten, daß sie über Religion, über revolutionäre Phrase und über Pferde, denen das Zaumzeug von hinten aufgezogen wird, referieren würden und mit dieser vom DKP-Parteivorstand favorisierten Methode gar nicht einverstanden wären.

Es dürfte auch unter den Delegierten des Parteitags ganz unterschiedliche Auffassungen darüber geben, was ‚Marxismus-Leninismus‘ darstellt, was ihn ausmacht. Warum also will der Parteivorstand den Begriff ‚Marxismus-Leninismus‘ partout als Polarisationsinstrument ?

Andererseits wäre gar nichts dagegen einzuwenden, es sollte sogar selbstverständlich sein, wenn die Delegierten darauf bestehen, ‚Marxismus-Leninismus‘ als bisher mindestens historisch bewährte ideologische und politische Leitlinie zu bezeichnen und das im Leitantrag auch so zu vermerken.

Ähnlich verhält es sich mit der Behandlung des Verhältnisses von Reform und Revolution bzw. mit dem Begriff ‚revolutionärer Bruch‘. Hier merkt man der DKP an, daß sie lange Zeit zu wenig theoretische Arbeit geleistet hat und andererseits viel zu viel Energie in die Apologetik der gescheiterten real-existierenden Sozialismen. Keineswegs reicht es aus, in Anlehnung an Rosa Luxemburg, die notwendige Verzahnung vom „Kampf ums Teewasser“ mit der revolutionären Überwindung des Kapitalismus zu betonen. Auch nach fast 200 Jahren kommunistischer Bewegung ist damit nicht alles gesagt, was ‚Dialektik von Reform und Revolution‘ bedeutet. Wenn das programmatisch aber bei einer bloßen Deklaration stehen bleibt, wird der Begriff für eine um kommunistische Erneuerung bemühte Partei unbrauchbar.

Das beste Mittel, um jegliche Variante des Reformismus in die Schranken zu weisen, ist die Aktivierung der Massen v.a. der ArbeiterInnenklasse. Die Menschen müssen ihre eigenen Erfahrungen vor allem mit dem Reformismus machen und sie müssen auch schon zu Zeiten, da der Kapitalismus noch die Szenerie beherrscht, politische Gegenmacht aufbauen. Das sind dann Gewerkschaften und andere Formen der Einheitsfront, die wie Milieulieferanten und kulturelle Zonen für die Sache der ArbeiterInnenklasse wirken können.

Es wäre in diesem Zusammenhang an der Zeit, daß die DKP die bereits weiter oben angemerkte Haltung gegenüber der Gewerkschaftsspitzen überprüft und einer Korrektur unterzieht. Niemandem nützen Gewerkschaftsführungen und ihre Repräsentanten, wenn sie sich dem neoliberalen Machtkartell unterwerfen und solche Dinge wie die Hartz-Gesetze mit auf den Weg bringen. Geradezu überflüssig sind auch jene, die mit den Kapitalisten und ihrem politischen Ausschuß in Gestalt der Merkel-Regierung an solchen Gesetzestexten wie dem ‚Einheitstarifvertrag‘ mit stricken. Die DKP muß zu denen gehören, die in den Gewerkschaften die Standortlogik als oberste Prämisse von Interessensvertretung abhängig Beschäftigter sowie die Leiharbeit konsequent bekämpfen und – das wäre für die DKP neu – nicht den inzwischen ja längst neoliberal gewendeten SozialdemokratInnen auf den Leim gehen. Das gehört heute in einen Leitantrag der DKP zum Thema ‚Dialektik von Reform und Revolution‘. Sonst wirkt die Sache mit der Verzahnung von ‚Teewasser…‘ und sozialer Revolution sehr abstrakt – politologisch eben.

Die AutorInnen des Leitantragentwurfs haben es sich auch mit dem Einbringen des Begriffs ‚revolutionärer Bruch‘ als Polarisationslinie gegenüber den Rechten in der Partei zu leicht gemacht. Sie verzichteten nämlich weitgehend auf dessen Erläuterung. Lediglich „Die Erringung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse und die Vergesellschaftung der wichtigen Produktionsmittel“ wird als Essential dieses revolutionären Bruchs und als Voraussetzung für den Aufbau des Sozialismus dargestellt.

Einmal abgesehen davon, daß für einen neuen Sozialismusversuch angesichts der Erfahrungen mit den gescheiterten Versuchen ‚Vergesellschaftung‘ ganz gewiß nicht reichen wird (6), bleibt eines sicher: Es muß sich um die bewußte Aneignung der produktiven Kräfte durch die Produzenten handeln! So etwas ist nur mit dem Bruch mit den alten Gewohnheiten und dem Bruch mit der Trennung von Hand- und Kopfarbeit, nur mit Beseitigung der bürgerlichen Bildungsprivilegien, mit Kritik von männlichem Chauvinismus und Sexismus, mit Kritik des Rassismus zu machen. Diese geradezu kulturrevolutionären Anstrengungen müssen aber für die Massen außerhalb einer kommunistischen Partei bei dieser schon ablesbar sein – heute, schon vor dem revolutionären Bruch und im Vollzug desselben erst recht!

Der Leitantragsentwurf weiß davon leider nichts, deswegen ist die bloß begriffliche Betonung von ‚revolutionärer Bruch‘ vielleicht geeignet, die Parteirechte zu erschrecken, aber nicht, um einen tragfähigen und dynamischen programmatischen Beschluss im Sinne kommunistischer Erneuerung der DKP zu gestalten.

Noch nicht einmal mit einem Begriffsensemble ist dagegen das Thema ‚DDR und gescheiterter Sozialismus‘ angesprochen. Dabei wären Einlassungen zu genau diesem Thema etwas, was gerade von der DKP erwartet werden kann. Kommunistische Erneuerung ist nur zu haben, wenn dazu eine qualifizierte Aufarbeitung angeboten wird. Das wissen offenbar einige aus dem Parteivorstand der DKP, aber wohl nicht alle. Bereits im März diesen Jahres bei der Veröffentlichung des Entwurfs zum Leitantrag wurde der Partei und den Interessierten außerhalb seitens des Parteivorstands mitgeteilt, man wolle mit diesem intern auch sehr kontrovers diskutierten Thema die gegenwärtig vorhandenen Widersprüche zu anderen Themen nicht überfrachten. Der Parteivorstand kann das sicher besser beurteilen als einer von außen.

Gleichwohl hätte eine entsprechende Passage im Leitantragsentwurf dies auch so sagen können und die Delegierten sowie die gesamte Partei zu einer Anstrengung in diese Richtung auffordern können. Es hätte z.B. ein Beschluß zur Schaffung einer öffentlich arbeitenden bundesweiten Arbeitsgemeinschaft vorbereitet werden können. Dies hätte den Willen zu einer kommunistischen Erneuerung unterstrichen. Hätte!

Warum ist der Parteitag für die gesamte revolutionären Linke von Bedeutung?

Die antikapitalistische Linke in diesem Land durchquert eine Talsohle. Auch jenem Teil dieser Linken, der sich darüberhinaus als revolutionär sieht, geht es nicht anders. Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, wenn der DKP-Parteitag einen Parteivorstand wählen und einen Leitantrag mit gescheiter Handlungsorientierung beschließen würde, der kommunistische Erneuerung über die Reihen der Partei hinaus kühn ins Visier nimmt.

Ich habe nicht den Eindruck gewonnen, als wären meine Artikel zum Thema ‚Aktuelle Entwicklung der DKP‘ außerhalb der Partei auf ein heftiges Echo gestoßen – ein intensiveres Interesse habe ich jedoch hier und da gespürt und auch Skepsis: Man nimmt der DKP bisher ‚kommunistische Erneuerung‘ im Großen und Ganzen einfach (noch) nicht ab.

Andererseits ist es gesellschaftlich so, daß das Interesse, sich selber gegen Kapitalismus, Krieg, Faschismus und Vernichtung der Umweltressourcen organisiert einzubringen, sichtbar gewachsen ist. Den Delegierten der DKP ist zu raten, dieses gewachsene Interesse als Maßstab eigener Beschlüsse ernst zu nehmen.

Als Nicht-Mitglied werbe ich andererseits dafür, daß vor allem aus den Reihen der revolutionären Linken heraus Erwartungen an die Adresse der DKP formuliert werden. Es kann niemanden egal sein, wenn eine wichtige Strömung wie die DKP noch weiter in politische und organisatorische Existenznöte gerät, weil es ihr nurmehr gelingt, um sich selbst zu kreisen.

Frank Braun, Hannover/Köln, im Oktober 2015

Anmerkungen

1) vgl. dazu unter http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2015/10/dkp-250-000-gegen-ttip-ceta-und-tisa-das-war-ein-riesenerfolg/

2) ‚Arbeit und Kapital‘ ist eine fragwürdige Unschärfe. Denn es geht ja um ‚Lohnarbeit‘ als Antipode des Kapitals.

3) Wen es interessiert, vgl. dazu meine Beiträge in trend-online 5/6-2015 ‚“Antimonopolistische Strategie“ ist eine Kopfgeburt‘ unter http://www.trend.infopartisan.net/trd5615/t085615.html sowie in trend-online 03/2015 ‚Mosaik-Linke oder plurale Linke – für KommunistInnen nicht ausreichend! ‚ unter http://www.trend.infopartisan.net/trd0315/t220315.html

4) Seinerzeit propagierte die DKP auch so etwas wie ‚antimonopolistische Demokratie‘. Diese sollte dann im Resultat eine Zwischenetappe im Sinne von ‚Heranführen an den Sozialismus‘ sein und paßt eigentlich wegen ihrer eher klassenneutralen Anmutung konsequent zur ‚antimonopolistischen Strategie‘, wird derzeit aber kaum noch thematisiert.

5) Wie einer sich enorm anstrengt, ‚Antimonopolismus‘ von Transformationskonzepten aus der Partei Die Linke (PDL) positiv abzuheben, kann in dem vor Kurzem erschienenen Beitrag von Pablo Graubner, Bildungsbeauftragter der DKP in Hessen, unter der Überschrift „Isolierung der Monopolbourgeosie“ nachgelesen werden. Graubner versucht darin reichlich hilflos, den klassenneutralen und ahistorischen Charakter von ‚Antimonopolismus‘ zu rechtfertigen und greift dabei auf die selbst in der DKP inzwischen in Verruf geratene ‚antimonopolistische Demokratie‘ als strategischer Zielstellung zurück. Er, Graubner, schreibt sogar schon von dem ‚antimonopolistischen Lager‘. Habe ich da etwas verpaßt ? Gibt es dieses Lager, gab es das jemals ? Siehe Graubners Aufsatz unter http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2015/10/isolierung-der-monopolbourgeoisie/.

6) …denn wenn die ArbeiterInnenklasse nicht ganz konkret und faßbar auch die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel und die erzeugten Güter besitzt, eben ganz im Sinne bewußter Aneignung, wird es so enden wie 1989. D.h. auch, Formen von qualifizierter, kollektiver und direkter Demokratie und Kontrolle sind dabei unverzichtbar.

Quelle: Trend / RedGlobe

21. Parteitag der DKP