Protest gegen Unterdrückung türkischer Medien
Mit Entsetzen hat die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di auf die erneute Verhaftungswelle in türkischen Medien reagiert: »Auch wenn keine Kursänderung von Präsident Erdogan absehbar war, macht es doch jedes Mal erneut fassungslos, wenn wieder kritische Medien mundtot gemacht werden. Die Schäden, die daraus für das Land und seine Gesellschaft entstehen, sind nachhaltig. Es ist vollkommen unverständlich, dass die EU und die Bundesregierung diesem Entkernen einer Demokratie keinen stärkeren Widerstand entgegen setzen«, sagte die Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di, Cornelia Haß.
Mit der Verhaftung des Chefredakteurs der Tageszeitung Cumhuriyet sowie der Schließung weiterer kurdischsprachiger Medien entledige sich die türkische Regierung erneut kritischer Stimmen: »Zu bewundern ist der Mut, mit dem sich kritische Kolleginnen und Kollegen auch weiterhin über Blogs und ausländische Medien Stimme und Gehör in der Türkei verschaffen. Sie zu unterstützen ist derzeit unsere wichtigste Aufgabe«, kündigte Haß an.
Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte die Bundesregierung auf, sich öffentlich klar gegen die Festnahme des aktuellen Chefredakteurs von Cumhuriyet und seiner Mitarbeiter in der Türkei zu positionieren und für ihre Freilassung einzusetzen. »Die erneuten Festnahmen von Journalisten sind ein weiterer Schritt zur Austrocknung der spärlichen Reste von Pressefreiheit in der Türkei, da kann die Politik nicht einfach zuschauen«, betonte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.
Seit dem Putschversuch im Sommer haben tausende Journalisten ihren Job verloren, etliche wurden inhaftiert. Über 160 Medien wurden bereits lahmgelegt. Für Frank Überall ist klar: »Nachdem der Versuch gescheitert ist, Cumhuriyet als Gülen-nahes Medium einzustufen, versucht man jetzt offenbar, die Zeitung so auszuschalten.«
Auch der ehemalige Chefredakteur der Cumhuriyet Can Dündar war gemeinsam mit seinem Kollegen Erdem Gül bereits im Februar verhaftet worden ‒ weil die Staatsanwaltschaft Istanbul in ihrer Berichterstattung über Waffenlieferungen der Türkei an den IS Spionage sah. Er kam nach einem Urteil der Staatsanwaltschaft vorerst frei und lebt mittlerweile in Deutschland.