Drohnenbewaffnung vorerst auf Eis
Bis der Bundeswehr eine Eurodrohne (MALE RPAS) zu Diensten sein soll, wurden als „Brückenlösung“ fünf Heron-TP-Drohnen für Gesamtkosten von 1.024 Millionen Euro bis 2029 gemietet. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag legten CDU/CSU und SPD fest, dass über deren Bewaffnung nach einer ausführlichen Debatte befunden werde. Orchestriert wurde diese Debatte dann ab Mai 2020 in verschiedenen Formaten vor allem vom Verteidigungsministerium, das keine Zweifel an der „Notwendigkeit“ bewaffneter Drohnen aufkommen ließ.
Eine letzte Sachverständigenanhörung im Verteidigungsausschuss fand am 5. Oktober 2020 statt. Danach hatte es ganz den Anschein, als würde die SPD in dieser Frage endgültig einknicken. Ende November 2020 hieß es noch in einer Antwort auf eine Anfrage der Partei „Die Linke“, die Bundesregierung beabsichtige noch in diesem Jahr die Mittel für eine Bewaffnung der Heron-TP zu beantragen. Die Weichen schienen gestellt, doch am 8. Dezember ließ SPD-Chef Norbert Walter-Borjans die sprichwörtliche Bombe platzen: „Zusammen mit großen Teilen der SPD-Mitgliedschaft und vielen anderen friedenspolitisch engagierten Gruppen in unserer Gesellschaft halte ich die bisherige Debatte über bewaffnete Bundeswehr-Drohnen nicht für ausreichend.“
Augenscheinlich hatte auch der Druck aus der Friedensbewegung eine Rolle für diese Positionierung gespielt. Das ist ein großer Erfolg für die Drohnenkampagne (www.drohnen-kampagne.de). Unmittelbar hagelte es Kritik von allen möglichen Seiten. So sollte Stimmung für die SPD-Fraktionssitzung am 15. Dezember gemacht werden, auf der die endgültige Entscheidung fiel. Doch auch dort konnten sich die Gegner einer sofortigen Bewaffnung der Drohnen durchsetzen. Damit dürfte das Thema für den Rest dieser Legislaturperiode vom Tisch sein. Noch am selben Tag trat Fritz Felgentreu, der eifrigste SPD-Bewaffnungsbefürworter, als Verteidigungspolitischer Sprecher seiner Fraktion zurück.
So erfreulich das alles ist, gilt es kritisch anzumerken, dass die Entwicklung der waffenfähigen Eurodrohne ungebremst weitergeht – den 232 Millionen Euro, die im Verteidigungshaushalt 2021 dafür vorgesehen sind, hat auch die SPD zugestimmt. Außerdem ist mit einiger Sicherheit davon auszugehen, dass die Bewaffnung der Heron TP von der nächsten Bundesregierung erneut aufgerufen werden dürfte – man darf gespannt sein, wie die Grünen versuchen werden, sich hier herauszuwinden, sollten sie sich nach den Wahlen in einer Koalition mit der CDU wiederfinden.
Dennoch handelt es sich hier um einen großen Erfolg, da es sich bei der Bewaffnung der Heron-TP um eine Richtungsentscheidung gehandelt hätte. Die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ betonte zum Beispiel in einer Studie im September 2020: „Sollte die Heron TP bewaffnet werden, wäre dies der erste Schritt zur Beschaffung weiterer deutscher Kampfdrohnen. Dazu gehören die oben erwähnte Eurodrohne wie auch das Future Combat Air System (FCAS). Langfristig wird das System auch imstande sein, in komplexen Lagen dynamische Ziele auszuwählen und zu bekämpfen. Zu erwarten ist eine inkrementelle (schrittweise, die Red.) Entwicklung in Richtung Autonomie. Dabei lassen sich Effektivität und Effizienz steigern, indem einzelne Funktionen von der Bodenstation auf die Drohne verlagert werden. Mit der maschinellen Autonomie geht jedoch ein Verlust menschlicher Kontrolle über den Gewalteinsatz einher, der aus ethischer und rechtlicher Sicht unakzeptabel ist.“
Quelle: UZ – Unsere Zeit – Drohnenbewaffnung vorerst auf Eis