Argentiniens Justiz lässt Folterer frei
Trotz wütender Proteste von Opfern der bis 1983 herrschenden Militärdiktatur ist in Argentinien ein erster wegen Misshandlungen und dem Raub von Kindern sowie anderer Verbrechen verurteilter Folterer aus dem Hausarrest entlassen worden. Norberto Bianco wurde auf freien Fuß gesetzt, nachdem er zwei Drittel seiner 13-jährigen Haftstrafe verbüßt hatte. Er war unter anderem deshalb verurteilt worden, weil er in der Haftanstalt Campo de Mayo an Geburten teilgenommen hatte und den inhaftierten Müttern ihre Neugeborenen weggenommen hatte. Die Babys wurde dann Soldaten und Offizieren übergeben und wuchsen auf, ohne ihre wahre Herkunft zu kennen. Die Mütter wurden oftmals ohne Gerichtsurteil ermordet. Tausende Menschen gelten in Argentinien bis heute als »verschwunden«.
Norberto Blanco hatte seine Strafe im Hausarrest verbüßt, seit er aus Paraguay an Argentinien ausgeliefert worden war. Nun darf er sich jedoch frei bewegen. Bei der Menschenrechtsorganisation Großmütter der Plaza de Mayo stößt das auf Empörung. Ian Lud, Rechtsanwalt der Vereinigung von Angehörigen der in der Haft »verschwundenen« Mütter, erklärte gegenüber dem Fernsehsender TeleSur, dass für die Haftentlassung nach zwei Dritteln der Strafe bestimmte Bedingungen einzuhalten seien. Das Gericht habe das jedoch nicht überprüft.
Der Oberste Gerichtshof Argentiniens hatte vor wenigen Tagen entschieden, dass ein nur zwischen 1994 und 2001 geltendes Gesetz, das die Haftentlassung nach zwei Dritteln auch für schwere Straftaten der Schergen der Diktatur vorsah, auf die inhaftierten Folterer angewendet werden muss. Beobachter befürchten, dass 750 verurteilte Folterer und Mörder davon profitieren können, die zu geringeren Haftstrafen als 25 Jahren verurteilt wurden.
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen haben für den kommenden Mittwoch zu einer Protestdemonstration in Buenos Aires gegen das Urteil des Obersten Gerichtshofs aufgerufen. Zudem wollen sie ihre Ablehnung auch am Rande der nach Informationen von TeleSur bevorstehenden Besuche der Präsidenten Schwedens, Italiens und Deutschlands sichtbar machen.
Quelle: TeleSur / RedGlobe