26. Dezember 2024

Trotz Lockdown und katastrophaler Sicherheitslage in Afghanistan nächster Sammelcharter nach Kabul geplant

Immer mehr Gerichte halten Abschiebungen für unzumutbar und erteilen Abschiebungsstopps

Der Lockdown in Deutschland wurde verlängert, auch in Afghanistan breitet sich die Pandemie aus. Derweil wüten die Kämpfe im Land weiter. Die Bundesregierung plant davon unberührt den nächsten Sammelabschiebecharter nach Kabul, diesmal laut Flüchtlingsrat Bayern für den 12. Januar, voraussichtlich vom Flughafen Düsseldorf aus. »Dass inmitten der Pandemie und katastrophaler Sicherheitslage weiter Abschiebungen forciert werden, ist ein Skandal und für die Betroffenen lebensgefährlich«, kritisiert Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL und fordert ein Ende der Abschiebungen.

Immer mehr Gerichte halten Abschiebungen nach Afghanistan für unzumutbar und verhängen noch im Eilverfahren Abschiebungsstopps für Betroffene. Doch nicht alle können sich vor Gericht gegen eine drohende Abschiebung in das Kriegsland wehren: Oft entscheidet der Zufall, ob Betroffene einen Rechtsbeistand oder Unterstützer*innen haben. Längst werden auch Menschen abgeschoben, die weder Straftäter, Gefährder noch sogenannte Identitätstäuscher sind, entgegen der Ansage der Bundesländer, nur diese Gruppen abschieben zu wollen.

In zwei Fällen verhinderten Verwaltungsgerichte in Baden-Württemberg noch in letzter Minute die Abschiebung nach Afghanistan am 16. Dezember 2020. Im Fall von Farhad K. (Name geändert) erteilte das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart angesichts aktueller pandemiebedingter Verschlechterungen der Lebensverhältnisse in Afghanistan einen Abschiebungsstopp. Unterstützt wurde der Betroffene unter anderem vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, der Einzelfallberatung und dem Rechtshilfefond von PRO ASYL. In einem zweiten Fall verhängte das VG Sigmaringen einen weiteren Abschiebungsstopp. Ähnlich wie bei Farhad K. waren die verschlechterte Situation aufgrund des Corona-Virus in Afghanistan und der Wegfall eines unterstützenden familiären Netzwerks ausschlaggebend.

Mit Urteil vom 15.12.2020 bestätigte laut Anwalt der VGH Baden-Württemberg die positiven Entscheidungen der Verwaltungsgerichte und entzog der Entscheidungspraxis des BAMF die rechtliche Grundlage. (Das Urteil und die Presseerklärung des VGH Baden-Württemberg liegen noch nicht schriftlich vor.)

Bereits am 24.11.2020 traf das Oberverwaltungsgericht Bremen ebenso die Entscheidung, Abschiebungsverbote zu gewähren (OVG Bremen, U. v. 24.11.2020 – 1 LB 351/20‑, juris). Weitere obergerichtliche Rechtsprechung in anderen Bundesländern könnte folgen. Diese Entscheidungen ebnen den Weg für Wiederaufgreifensanträgevon afghanischen Antragstellern, die zuvor eine Ablehnung erhalten haben. Angesichts dieser Rechtsprechung müssen die Länder einlenken und Abschiebungen nach Afghanistan grundsätzlich einstellen.

PRO ASYL hat immer wieder vor der sich verschlechternden Situation in Afghanistan gewarnt. Trotz Pandemie und Sicherheitslage im Land startete am 16. Dezember 2020 der erste Sammelcharter nach Kabul seit März 2020.

Quelle: Pro Asyl – Trotz Lockdown und katastrophaler Sicherheitslage in Afghanistan nächster Sammelcharter nach Kabul geplant

Menschenrechte