25. November 2024

Ein Gesetz, damit alles bleibt, wie es ist

Es hatte anhand verschiedener Anlässe etliche Aufregung über die Zentrale Datenverarbeitung der Polizei und die »Justice Chaîne Pénale«-Datenverarbeitung (abgekürzt JUCHA) gegeben, vor allem weil dabei herauskam, daß etwas, was einmal da hineinkommt, nie wieder verschwindet.

Gestern stellten gemeinsam Polizeiminister Henri Kox und Justizministerin Sam Tanson ein Gesetzesprojekt »Fichiers« vor, das beiden Datenbanken zunächst einmal eine gesetzliche Basis bringt, sie aber auch enger verbindet. Geregelt wird die Datenübertragung von der einen zur anderen, wobei aber peinlichst aufgepaßt wird, daß alle Daten überall erhalten bleiben.

So werden jene, die sich über das Prinzip »einmal eingetragen, immer eingetragen« aufgeregt hatten, nicht zufriedengestellt. Denn mit Ausnahme der bezahlten gebührenpflichtigen Verwarnungen, die nicht in die zentrale Polizeidatenbank aufgenommen werden, gibt es nur Regeln fürs Verschieben aus dem »aktiven« in den »passiven« Teil – und diese Teile gibt es fürderhin in beiden Datenbanken. Sichergestellt ist nur, daß Daten in beiden, im einen oder anderen Teil stehen.

Protokolle und Berichte zu Gesetzesübertretungen wandern nach 5 Jahren aus dem aktiven in den passiven Bereich. Informationen verschwinden spätestens nach 10 Jahren aus dem aktiven in den passiven Teil. Bei Informationen über Minderjährige, die sich aus dem Staub gemacht haben, geschieht das am 18. Geburtstag.

Um im sogenannten passiven Teil nachzusehen braucht es zwar dann eine Erlaubnis der Staatsanwaltschaft oder eines Untersuchungsrichters, aber die wird sicher zu kriegen sein. Das umso mehr als das nicht nur im Rahmen von Nachforschungen zu Verbrechen, sondern auch zu Vergehen hoch offiziell zu erteilen erlaubt ist. Informationen müssen nämlich erst nach 30 Jahren gelöscht werden, und das ist eine verdammt lange Zeit.

Dabei gibt es noch eine lustige Übergangsbestimmung. Der Inhalt der bisherigen Zentraldatei der Polizei soll im Laufe der Zeit in die neue Zentraldatei überführt werden, für die es genauere Zugangsregelungen für die jeweils tätig werdenden Beamtenkategorien geben wird. Je nach Tätigkeit wird es Zugangsrechte geben und es wird jeder Zugang in einer Datei gespeichert.

Erst fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes, das nun auf dem Instanzenweg ist, wird die alte Zentraldatei gelöscht. Andere Dateien – und im Verlauf der Zeit waren schließlich ein ganzer Haufen davon aufgetaucht – sollen spätestens 2023 konform sein, außer – hoppela – das würde einen überproportionalen Aufwand verursachen. Jeder Bürokrat wird fähig sein, einen solchen ausfindig zu machen, weil dann hat er bis 2026 noch den alten Zustand, für den es oft genug keinerlei Zugriffsregeln gibt.
Was die JUCHA-Datei anlangt, so wird es ebenfalls einen aktiven und einen passiven Teil geben. Wenn eine Verurteilung aus dem Strafregister verschwindet durch Zeitablauf, marschiert der Vorgang in den passiven Teil – bleibt dort aber erhalten. Nach Zeugen und Opfern kann im aktiven Teil auch nicht gesucht werden. Im Falle eines Freispruchs marschiert das Ganze in den passiven Teil, außer der Staatsanwalt befiehlt das Gegenteil. Ist ja toll!

Aber gut, es geht auch umgekehrt. Der Staatsanwalt kann jederzeit die Überführung von Daten in den passiven Teil anordnen oder daß eine betroffene Person nicht mehr mit personenbezogenen Daten im aktiven Teil gefunden werden kann.
Es ist aber auch möglich für den Staatsanwalt Daten aus dem passiven Teil wieder in den aktiven Bereich der JUCHA-Datenbank hinüberzuführen, was sie dann auch wieder in den aktiven Teil der Polizeidatenbank bringt.

Es wäre ja auch fast ein Wunder gewesen, wenn Polizei und Justiz bereit gewesen wären, auf einmal gesammelte Daten durch Löschung bereitwilligst zu verzichten. Bei dem der Regierung gegenüber überaus folgsamen Parlament dürfen sie sich jetzt beruhigt zurücklehnen. Alles kann mit wenigen Ausnahmen (nämlich die Löschung von Informationen nach 30 Jahren) bleiben, wie es ist. Und niemand kann danach behaupten, es gäbe keine gesetzliche Basis dafür.

Strafbestimmungen

Wirklich neu sind Strafbestimmungen für jene, die unberechtigt in die beiden Datenbanken eindringen oder über ihr Zugangsrecht hinausgehen beziehungsweise rechtmäßig oder unrechtmäßig erworbene Kenntnisse zu persönlichen Umständen an Dritte weitergeben. Das ist in der Vergangenheit regelmäßig vorgekommen und war allenfalls ein Kavaliersdelikt, ganz besonders dann, wenn ein Höhergestellter um eine Information hintenherum bat.

Darauf steht künftig eine Gefängnisstrafe von zwei Monaten bis zwei Jahre und/oder eine Geldstrafe von 500 bis 25.000 Euro.

Wer Daten löscht (das muß offensichtlich unter allen Umständen verhindert werden) oder abändert bzw. das Funktionieren des Systems stört (was leichter zu verstehen ist) wird mit Gefängnis zwischen vier Monaten und zwei Jahren und einer Geldstrafe zwischen 1.250 und 25.000 Euro bedroht.

jmj

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – Ein Gesetz, damit alles bleibt,» wie es ist

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