FEDIL hält Tripartite für entbehrlich
Während die drei national repräsentativen Gewerkschaften OGBL, LCGB und CGFP der Regierung seit Monaten mit der Forderung nach Einberufung einer nationalen Tripartite in den Ohren liegen und die Salariatskammer CSL zuletzt auf ihrem virtuellen Neujahrsempfang beklagt hat, es werde in der Coronaviruskrise immer schwerer, bei der Regierung Gehör zu finden, hat das Industriepatronat offenbar keine Probleme, sich bei der Dreierkoalition Gehör zu verschaffen. Die Industriellenföderation FEDIL hält es jedenfalls nicht für angebracht, ein Dreiertreffen zur Bewältigung der Pandemie einzuberufen. Das habe »keine Priorität«, sagte am Freitag ihre Präsidentin Michèle Detaille gegenüber RTL Radio Lëtzebuerg, wo sie gestern »Invité vun der Redaktioun« war.Gewer
Die hiesigen Industriebetriebe seien bislang verhältnismäßig gut durch die Coronakrise gekommen, sagte die FEDIL-Präsidentin im RTL-Interview weiter, es gebe zwar auch Branchen wie zum Beispiel die Autozulieferindustrie, die Probleme hätten, die Regierung habe »gut geholfen«. Bei »Sozialplänen« zum »sozialverträglichen« Arbeitsplatzabbau wünsche sich das Patronat, daß mehr auf Weiterbildung »statt einfach nur auf Entschädigungen (für die betroffenen Schaffenden) gesetzt wird«, sagte Detaille.
Mehr als sieben Krisenmonate ist es her, daß Vertreter der Regierung, des Patronatsdachverbandes UEL und der drei national repräsentativen Gewerkschaften im Senninger Schloß zusammenkamen, um über die Pandemie und ihre wirtschaftlichen und sozialen Folgen – insbesondere die im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 dramatisch gestiegene Arbeitslosigkeit – zu beraten. Nach dem ebenfalls von den Salariatsvertretern eingeforderten Dreiertreffen erklärte Premierminister Xavier Bettel, man habe den ganzen Vormittag ausschließlich über Arbeitslosigkeit diskutiert. Und genau das reicht den Gewerkschaften nicht, wie vergangene Woche Präsidentin Nora Back nach der Tagung des OGBL-Nationalvorstands erklärte. Bislang habe sich der Premier lediglich zu Gesprächen über die nationale Impfstrategie bereiterklärt, klagte Back.
Noch vor der neuerlichen Verschärfung der Coronaauflagen im November hatte der LCGB die Regierung aufgefordert, noch im alten Jahr eine Tripartite einzuberufen, um eine Pleitewelle und einen damit einhergehenden »Jobkahlschlag« insbesondere in der besonders gebeutelten Gastronomie und Veranstaltungsbranche zu verhindern. Und die Staatsbeamtengewerkschaft hatte unmittelbar nach dem Dreiertreffen Anfang Juni beklagt, das Patronat habe nur zwei Vertreter ins Senninger Schloß geschickt. Deshalb, so CGFP-Präsident Romain Wolff, frage man sich, ob das Patronat die Tripartitesitzungen überhaupt ernstnehme. Auch seitens der Regierung habe der »Sozialdialog« »noch längst nicht den erwünschten Stellenwert wiedererlangt«.
Das Motto des OGBL im zweiten Coronajahr lautet: »Unser Weg aus der Krise kann nur über den Kampf gegen Ungleichheiten führen«. Die sind nämlich in der Pandemie weiter gewachsen. Auf einer Tripartite gelte es unter anderem zu klären, wie für die Tausenden Kurzarbeiter, die größtenteils mit einem Fünftel weniger Lohn abgespeist werden, eine Rückkehr zur Normalität möglich werden kann. Es gelte, »möglichst alle Arbeitsplätze zu erhalten und Lohnverluste abzufangen«, fordert der OGBL. Doch für die FEDIL haben solche Fragen »keine Priorität«.
oe
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – FEDIL hält Tripartite für entbehrlich