Die Kommunisten und die Zukunft
Das »Problem« werde sich wohl »biologisch lösen«, meinte am Sonntag ein Teilnehmer im »Presseclub« bei RTL Radio Luxemburg. Es ging um die Frage, ob es vertretbar sei, daß Regierung entschieden hat, die Kommunisten nicht an den offiziellen Debatten im Rundfunk und Fernsehen in Vorbereitung der Gemeindewahlen am 8. Oktober teilnehmen zu lassen. Nun wollen wir dem wackeren Redakteur nicht unterstellen, daß er gleich allen Kommunisten den Tod wünscht, aber ein wenig von seinem eigenartigen Optimismus sollte ihm doch genommen werden.
Auf eine »biologische Lösung« haben in den letzten mehr als 150 Jahren schon viele Leute gehofft, die sich mit Haut und Haar der Gesellschaftsordnung des Kapitalismus – in allen seinen bisher bekannten Spielarten – verschrieben hatten. Schon sehr oft wurde versucht, eine »biologische Lösung« mit Gewalt herbeizuführen. Allerdings ist es trotz faschistischen Terrors, der sich besonders in Deutschland, in Italien und in Spanien, später zum Beispiel auch in Chile vor allem gegen die Kommunisten richtete, nicht gelungen, die kommunistische Idee zu vernichten.
Anläßlich des 150. Jahrestages der Herausgabe des 1. Bandes von Karl Marx’ Hauptwerk »Das Kapital« hat man sich in den Redaktionen verschiedener Medien darüber Gedanken gemacht, wie es denn möglich sein kann, daß dieses Werk, zumal es keine leichte Lektüre ist, heute immer noch existiert und sogar gelesen wird. Die Antwort darauf ist recht einfach: In diesem Buch. und in den folgenden Bänden 2 und 3 erläutert Karl Marx die Funktionsweise des Kapitalismus. Er weist zum Beispiel nach, daß die Grundlage dieser Gesellschaftsordnung auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruht, und er erklärt, daß der Profit, ohne den ein Kapitalist absolut nichts unternimmt, nicht durch den Verkauf einer Ware, sondern eben dadurch entsteht, daß sich der Eigentümer der Produktionsmittel, also der Kapitalist, den Teil der Arbeit aneignet, der vom Arbeiter geleistet, für den er jedoch nicht bezahlt wird.
Das war vor 150 Jahren nicht wesentlich anders als heute, nur haben sich heute die Methoden der Ausbeutung sehr stark verfeinert, ebenso wie die Methoden ihrer Verschleierung. Wurde zu Marx’ und Engels’ Zeiten eine besondere Schärfe der Ausbeutung vor allem durch lange Arbeitszeiten und durch Kinderarbeit gekennzeichnet, so ist es heute zum Beispiel die Tatsache, daß selbst solche grundlegenden Dienstleistungen wie die Gesundheitsfürsorge und die Bildung auch Gewinn abwerfen sollen.
Im Kapitalismus ist buchstäblich alles eine Ware, mit der ein privater Kapitalist Profit machen kann. Pervers im Vergleich zu den Zeiten des entstehenden Kapitalismus ist allerdings, daß auch sogenannte »Produkte«, die niemand produziert und die ihrerseits nichts produzieren, schier unendlichen Profit einbringen, wie zum Beispiel »Finanzprodukte«. Noch perverser ist, daß durch die rücksichtslose kapitalistische Produktion Schritt für Schritt unsere gesamte Umwelt zerstört wird. Aber es wird nichts unternommen, um diese Zerstörung aufzuhalten – weil das keinen Profit bringt.
Es gibt nur ein Konzept gegen diese unheilvolle Entwicklung: Den Besitzenden der wichtigsten Produktionsmittel muß dieser Besitz genommen werden, damit der Gewinn aus jeglicher sinnvoller Arbeit nicht privaten Kapitalisten, sondern den Produzierenden und allen Menschen zugute kommt und der Profit nicht mehr das Maß aller Dinge ist. Dafür stehen die Kommunisten, und weil es bei Strafe des Untergangs der Menschheit keinen anderen Ausweg gibt, werden wir auch in Zukunft unsere Ideen vertreten – auch wenn man uns heute aus den TV- und Radio-Debatten ausschließt.
Uli Brockmeyer
Leitartikel der Dienstag-Ausgabe der „Zeitung vum Letzebuerger Vollek“