27. November 2024

Angriff auf Thälmann

Unter dem scheinheiligen Titel „Vom Sockel denken“ wurde am 18. November in Berlin im Wohngebiet Ernst-Thälmann-Park das „Kunstprojekt“ Ernst-Thälmann-Denkmal eingeweiht. Zu sehen sind vorerst lediglich fünf rote, auf dem Platz verteilte Betonklötze mit Schlagworten, wie „Halstuch“, „Kopf, Faust, Fahne“ und „Irmas Teddy“. Zwei Schautafeln mit Texten zur „historischen Einordnung“ sollen folgen. Weder fürs Auge noch von Inhalt und Gefühl erschließt sich der Platz dem Besucher nunmehr als neues „Kunstwerk“. Erst die zu jedem Schlagwort produzierten insgesamt zehn Kurzfilme – im Internet abrufbar – verraten, dass es hier weniger um Kunst als um Politik geht. Ausschnitte aus Dokumentarfilmen, persönliche Erfahrungen und Empfindungen der Künstlerin Betina Kuntzsch und eines Anwohners sowie „klarstellende“ Kommentierungen berichten von der Entstehung des Thälmann-Parks, der Errichtung des Wohngebietes mit mehr als 1.300 Wohnungen und der Einweihung des vom sowjetischen Bildhauer Lew Kerbel geschaffenen Denkmals am 15. April 1986, anlässlich des 100. Geburtstags Thälmanns am 16. April.

Es bedarf keiner besonderen geschichtlichen Vorbildung, um beim Betrachten der Filme zu erkennen, dass die DDR mit diesem „Kunstwerk“ ein weiteres Mal als „SED-Unrechtsregime“ vorgeführt werden soll. Zum „Unrecht“ der DDR gehören der Abriss des ehemaligen Gaswerkes und die Sprengung des letzten Gasometers 1984, die ungenügende Dekontaminierung des Geländes, Irma Thälmanns Buch „Erinnerungen an meinen Vater“ als Schulpflichtlektüre, die Erziehung der Kinder als Thälmann-Pioniere. Und natürlich dürfen Stalin und die „Stasi“ nicht fehlen.

Für die DDR, die Antifaschismus und Freundschaft mit der Sowjetunion untrennbar mit dem Namen Ernst Thälmann verband, war dessen Vermächtnis Staatspolitik. Zu Ehren des von den Faschisten ermordeten Führers der Kommunistischen Partei wurden Straßen und Plätze, Schulen, Betriebe und bewaffnete Einheiten nach ihm benannt und Denkorte errichtet. Zur Erinnerung und Ehrung, vor allem aber zur Verpflichtung, in Thälmanns Sinne zu leben und zu kämpfen für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Krieg.

„Vom Sockel denken“ ist kein Kunstwerk, es ist ein erneuter Versuch, den Thälmannschen Geist aus den Köpfen zu entsorgen. Das Denkmal als sozialistische Erinnerung an die DDR stört die Herrschenden dieses Staates. Was wurde nicht alles versucht, es zu beseitigen:

  • Im vorauseilenden Gehorsam ließ der Rat des Stadtbezirks Prenzlauer Berg im Juli 1990 zwei bronzene Stelen an den Seiten entfernen. Ihre Inschrift: „Mit der Gestaltung des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik setzen wir Ernst Thälmann/dem kühnen Streiter für Freiheit/Menschlichkeit und sozialen Fortschritt unseres Volkes/ein würdiges Denkmal. Erich Honecker“
  • 1993 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Prenzlauer-Berg den Abriss. Er war aber zu teuer. Das 14 Meter hohe und 15 Meter breite Ernst-Thälmann-Denkmal aus Bronze steht auf einem Sockel aus ukrainischem Granit. Es wiegt 50 Tonnen.
  • 2013 entbrannte eine neue Debatte um den Abriss. Eine Jugendorganisation der FDP forderte, das Denkmal „schnellstmöglich abzureißen“. Eine Berliner Gruppe beabsichtigte, das Denkmal zu sprengen. Wenn auch nur symbolisch, es zeigt den Geist dieser „Freiheitshelden“.
  • Seit 2014 steht das gesamte Ensemble „Thälmann-Park“ unter Denkmalschutz. Wenn das Denkmal schon nicht abgerissen werden kann, wird die Pflege vom Bezirksamt weitgehend unterlassen. Zumeist ist es mit Graffiti besprüht.

Mit dem jetzigen „Kunstwerk“ wird nunmehr ein Beschluss zur „historisch-kritischen Auseinandersetzung mit der Person Ernst Thälmanns und dessen symbolischer Bedeutung für die DDR“ realisiert. Verantwortlich für die Umsetzung ist ein Bürgermeister der Partei „Die Linke“.

Fast zeitgleich mit dieser „Kunstinstallation“ wurde das Thälmann-Denkmal in Weimar für drei Tage verhüllt, angeblich zum Nachdenken, und in Ziegenhals die Gedenktafel gestohlen. Selbst wenn kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen diesen Geschehnissen besteht, es ist der herrschende Geist in dieser Gesellschaft, der zu solchen Taten ermuntert. Ursache ist der Antikommunismus in dieser Gesellschaft, sind seine Hassprediger. Für Kommunistinnen und Kommunisten gilt es, allen Versuchen, Thälmann und den sozialistischen Aufbau in der DDR zu diskreditieren, unseren antifaschistischen Widerstand entgegen zu setzen. Wache und kritische Begleitung allein – wie von manchen gefordert – genügt da nicht.

Quelle: UZ – Unsere Zeit – Angriff auf Thälmann

Berlin